Leichen in städtischer Hand
Verfassungsgericht. Die Aufbewahrung bis zur Beerdigung hat in Wien weiterhin in der Leichenkammer einer Begräbnisanlage zu erfolgen. Ein privater Bestatter scheiterte mit seiner Klage.
Städtische Leichenkammern bleiben: Ein privater Bestatter scheitert mit seiner Klage.
Wien. Es war nicht der erste Versuch, die Vorherrschaft der städtischen Unternehmen bei Leichenkammern zu Fall zu bringen. Schon im Jahr 2014 war eine Wienerin, die nach ihrem Ableben keinesfalls in einer Leichenkammer der Stadt zwischengelagert werden wollte, mit ihrer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) gescheitert. Nun versuchte ein privater Bestatter, die Regelung von anderer Seite zu Fall zu bringen. Er berief sich darauf, dass die geltende Regelung ihn in seiner verfassungsrechtlich garantierten Freiheit auf Erwerbsausübung beschränke.
Denn während private Bestatter in Wien erlaubt sind, dürfen Leichen vor der Beerdigung nur in der Leichenkammer einer Bestattungsanlage gelagert werden. Daraus resultiere ein Vorrecht der Stadt Wien, klagte der private Unternehmer. Denn der Großteil der Bestattungsanlagen werde von Gesellschaften der Stadt betrieben, der Rest von Glaubensgemeinschaften.
Das behindere sein Geschäft, meinte der Bestatter. So sei ihm der Zutritt zu Leichenkammern nur während der sehr eingeschränkten Öffnungszeiten möglich. Außerhalb dieser Zeiten könne man Verstorbene nur in der Leichenkammer Favoriten unterbringen. Dasselbe gelte, wenn noch unklar sei, wo der Tote begraben wird. Das verursache Zusatztransporte und Engpässe. Die Leichenhalle Favoriten sei zudem in einem kritischen Zustand: Teure Eichensärge müssten auf dem Boden abgestellt werden, was aus hygienischer Sicht problematisch sei. Marode Regale würden eine Sicherheitsgefahr darstellen, und auf dem Fußboden herrsche Madenbefall. Als Privatbestatter müsse man zudem 65 Euro für die Unterbringung eines Leichnams bezahlen.
Die Wiener Landesregierung verteidigte die Vorschriften: Man wolle verhindern, dass Leichen an verschiedensten Orten aufbewahrt und beliebig oft transportiert werden. Durch die Konzentration auf bestimmte Orte könnten dort eine hohe Frequenz an Hygienekontrol- len und ein besonders hoher Qualitätszustand sichergestellt werden.
Der VfGH entschied, dass die Unterbringung von Verstorbenen in der Leichenkammer einer Bestattungsanlage im öffentlichen Interesse liege und der Eingriff in die Erwerbsfreiheit gerechtfertigt sei. Denn bei den Bestattungsanlagen müsse es eine Kühlanlage geben und die gesundheitliche Aufsicht der Behörden sei sichergestellt. So begegne man Infektionsgefahren. Und was die Kritik an den Öffnungszeiten und dem Zustand von Leichenkammern betreffe, gehe es nicht um verfassungsrechtliche Fragen. Sondern nur darum, ob das Gesetz korrekt vollzogen wird.
Zeremonie an anderem Ort?
Der private Bestatter meinte aber auch, dass Beschränkungen bei der Trauerzeremonie aufgehoben werden müssten. Denn die Aufbahrung während der Zeremonie hat laut Gesetz in einem in der Bestattungsanlage liegenden Raum, einer nahen Kirche oder einem Sakralraum zu erfolgen. Der Bestatter verlangte, dass die Zeremonie samt Aufbahrung auch in seinen Räumlichkeiten abgehalten werden kann.
Auch dieses Ansinnen wies der VfGH (G 105/2015-22) ab. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass die Bevölkerung die Konfrontation mit dem Tod nur an bestimmten Orten möchte. Und es obliege dem Gesetzgeber, diese kulturelle Frage zu entscheiden, erklärte der VfGH.