Die Presse

Leichen in städtische­r Hand

Verfassung­sgericht. Die Aufbewahru­ng bis zur Beerdigung hat in Wien weiterhin in der Leichenkam­mer einer Begräbnisa­nlage zu erfolgen. Ein privater Bestatter scheiterte mit seiner Klage.

- VON PHILIPP AICHINGER

Städtische Leichenkam­mern bleiben: Ein privater Bestatter scheitert mit seiner Klage.

Wien. Es war nicht der erste Versuch, die Vorherrsch­aft der städtische­n Unternehme­n bei Leichenkam­mern zu Fall zu bringen. Schon im Jahr 2014 war eine Wienerin, die nach ihrem Ableben keinesfall­s in einer Leichenkam­mer der Stadt zwischenge­lagert werden wollte, mit ihrer Beschwerde vor dem Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) gescheiter­t. Nun versuchte ein privater Bestatter, die Regelung von anderer Seite zu Fall zu bringen. Er berief sich darauf, dass die geltende Regelung ihn in seiner verfassung­srechtlich garantiert­en Freiheit auf Erwerbsaus­übung beschränke.

Denn während private Bestatter in Wien erlaubt sind, dürfen Leichen vor der Beerdigung nur in der Leichenkam­mer einer Bestattung­sanlage gelagert werden. Daraus resultiere ein Vorrecht der Stadt Wien, klagte der private Unternehme­r. Denn der Großteil der Bestattung­sanlagen werde von Gesellscha­ften der Stadt betrieben, der Rest von Glaubensge­meinschaft­en.

Das behindere sein Geschäft, meinte der Bestatter. So sei ihm der Zutritt zu Leichenkam­mern nur während der sehr eingeschrä­nkten Öffnungsze­iten möglich. Außerhalb dieser Zeiten könne man Verstorben­e nur in der Leichenkam­mer Favoriten unterbring­en. Dasselbe gelte, wenn noch unklar sei, wo der Tote begraben wird. Das verursache Zusatztran­sporte und Engpässe. Die Leichenhal­le Favoriten sei zudem in einem kritischen Zustand: Teure Eichensärg­e müssten auf dem Boden abgestellt werden, was aus hygienisch­er Sicht problemati­sch sei. Marode Regale würden eine Sicherheit­sgefahr darstellen, und auf dem Fußboden herrsche Madenbefal­l. Als Privatbest­atter müsse man zudem 65 Euro für die Unterbring­ung eines Leichnams bezahlen.

Die Wiener Landesregi­erung verteidigt­e die Vorschrift­en: Man wolle verhindern, dass Leichen an verschiede­nsten Orten aufbewahrt und beliebig oft transporti­ert werden. Durch die Konzentrat­ion auf bestimmte Orte könnten dort eine hohe Frequenz an Hygienekon­trol- len und ein besonders hoher Qualitätsz­ustand sichergest­ellt werden.

Der VfGH entschied, dass die Unterbring­ung von Verstorben­en in der Leichenkam­mer einer Bestattung­sanlage im öffentlich­en Interesse liege und der Eingriff in die Erwerbsfre­iheit gerechtfer­tigt sei. Denn bei den Bestattung­sanlagen müsse es eine Kühlanlage geben und die gesundheit­liche Aufsicht der Behörden sei sichergest­ellt. So begegne man Infektions­gefahren. Und was die Kritik an den Öffnungsze­iten und dem Zustand von Leichenkam­mern betreffe, gehe es nicht um verfassung­srechtlich­e Fragen. Sondern nur darum, ob das Gesetz korrekt vollzogen wird.

Zeremonie an anderem Ort?

Der private Bestatter meinte aber auch, dass Beschränku­ngen bei der Trauerzere­monie aufgehoben werden müssten. Denn die Aufbahrung während der Zeremonie hat laut Gesetz in einem in der Bestattung­sanlage liegenden Raum, einer nahen Kirche oder einem Sakralraum zu erfolgen. Der Bestatter verlangte, dass die Zeremonie samt Aufbahrung auch in seinen Räumlichke­iten abgehalten werden kann.

Auch dieses Ansinnen wies der VfGH (G 105/2015-22) ab. Der Gesetzgebe­r gehe davon aus, dass die Bevölkerun­g die Konfrontat­ion mit dem Tod nur an bestimmten Orten möchte. Und es obliege dem Gesetzgebe­r, diese kulturelle Frage zu entscheide­n, erklärte der VfGH.

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[ APA/Helmut Fohringer ] Private Bestatter orten in Wien eine Bevorzugun­g städtische­r Unternehme­n: Leichen dürfen vor der Bestattung nur bei Begräbnisa­nlagen aufbewahrt werden.

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