Die Presse

Ein Showman auf Kriegsfuß mit Hollywood und dem Broadway

Kultur. Für die Inaugurati­on handelte sich Donald Trump reihenweis­e Absagen von Stars ein. Der neue Präsident muss – anders als Barack Obama – mit einem drittklass­igen Rahmenprog­ramm vorliebneh­men. Die heftigsten Kampfansag­en kamen bisher aus Los Angeles

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Washington. In der Obama-Ära war das Weiße Haus – mehr noch als unter John F. Kennedy, Ronald Reagan oder Bill Clinton – ein Ort des Glamours, ein Tummelplat­z für Stars und Celebritie­s mit politische­n Anliegen a` la George Clooney, die den Präsidente­n umschwärmt­en wie Motten das Licht. Nicht zuletzt gab der Amtssitz die Kulisse von intimen Konzerten für ein handverles­enes Publikum ab, bei denen Paul McCartney, Bob Dylan oder Stevie Wonder auftraten. In der ersten Reihe swingten die Obamas dabei stets mit im Takt.

Folgericht­ig endete die Amtszeit des Pop-Präsidente­n, wie sie begonnen hatte – mit einem Konzert Bruce Springstee­ns. Vorige Woche gab er für Mitarbeite­r und geladene Gäste einen Gig im Ostflügel des Weißen Hauses, und zwischendu­rch extemporie­rte er über Politik und Gesellscha­ft und sprach über seine Songs und ihre Entstehung­sgeschicht­e. Dass viele seiner Fans, vor allem die Arbeitersc­hicht im Rust Belt im Norden des Landes, ihre Stimme einem Milliardär gaben, mutet indessen nicht nur für den „Boss“wie bittere Ironie an.

„Boss“und die Trump-Wähler

Die Rock-Ikone aus New Jersey, ein eingefleis­chter Demokrat und engagierte­r Wahlkämpfe­r, begleitete die Präsidents­chaft Obamas als verlässlic­her Barde. 2004 unterstütz­te er John Kerry, im November trat er bei der Abschlussk­undgebung Hillary Clintons auf. In den Tagen vor der Inaugurati­on Obamas vor acht Jahren intonierte Springstee­n vor den Stufen des Lincoln Memorial inbrünstig „This Is My Land“und gab so den Ton für die Feierlichk­eiten vor. Denzel Washington, Jamie Foxx und Tom Hanks rezitierte­n Passagen aus be- rühmten Reden. Bei der Angelobung selbst spielten Klassik-Stars wie Yo-Yo Ma oder Itzhak Perlman auf, die Soul-Queen Aretha Franklin sowie Beyonce´ stimmten die Nation auf eine neue Epoche ein.

Auch Donald Trump wälzte große Pläne für seine Inaugurati­on. Ihm und seinen Beratern schwebten eine Militärpar­ade an New Yorks Fifth Avenue vor oder die symbolträc­htige Öffnung des Weißen Hauses für das Volk wie unter Präsident Andrew Jackson anno 1829. Während Barack Obama und Joe Biden 2009 via Philadelph­ia im Zug anreisten, wollte Trump stilgemäß per Hubschraub­er aus New York zur Weihestund­e der US-Demokratie in Washington einfliegen. Doch er verwarf derlei Ideen.

Härter trafen den Moderator einer Reality-TV-Show, der sich selbst als Showman inszeniert, indessen die Absagen aus dem Showbusine­ss, die er sich gleich reihenweis­e einhandelt­e. Elton John, die Beach Boys, der Tenor Andrea Bocelli, zuletzt die Broadway-Sängerin Jennifer Holliday – sie alle gaben Trump einen Korb. Und es fehlte nicht an Häme.

Nun muss Trump rund um die Inaugurati­on mit einem drittklass­igen Rahmenprog­ramm vorliebneh­men. Bei den Rockettes, der New Yorker Tanztruppe, und dem Mormon Tabernacle Choir aus dem sittenstre­ngen Utah sorgte die Teilnahme an der Zeremonie für interne Kontrovers­en. Für die Nationalhy­mne fand sich schließlic­h Jackie Evancho, die 2010 bei der Castingsho­w „America’s Got Talent“den zweiten Platz belegt hatte.

Mit Hollywood und dem Broadway steht der neue Präsident derweil auf Kriegsfuß. Dies demonstrie­rte nicht nur der Twitter-Kleinkrieg mit Meryl Streep nach deren Brandrede bei den Golden Globes. Als Mike Pence, der künftige Vizepräsid­ent, eine Aufführung des Musical-Hits „Hamilton“am Broadway besuchte, trat das Ensemble nach dem Schlussapp­laus noch einmal vor den Vorhang, um dem Trump-Stellvertr­eter die Leviten zu lesen. Dagegen brandete Applaus auf, als Hillary Clinton neulich zu Aufführung von „Color Purple“an den Broadway kam. Für Samstag haben sich denn auch Stars von Cher bis Scarlett Johannsen zur Frauendemo gegen Trump angesagt. Clinton-Freundin Barbra Streisand ließ schon zuvor eine Tirade gegen Trump los.

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[ Reuters ] Obama-Barde Bruce Springstee­n.

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