Das Tennisjahr beginnt mit einem Paukenschlag
Australian Open. Novak Djokovi´c scheitert in Melbourne in Runde zwei, es ist eine der größten Sensationen in der Turniergeschichte. „Ein Erdrutsch“, meint Excoach Boris Becker. Dominic Thiem spielt so gut wie „lang nicht mehr“.
Melbourne. Nach 15 Minuten und sechs abgewehrten Breakbällen brachte Novak Djokovic´ sein erstes Aufschlagspiel durch und ließ sich dafür wie ein Sieger feiern. Viereinhalb Stunden später aber jubelte die Nummer 117 der Welt. Der Usbeke Denis Istomin, 30, hat in Runde zwei den Titelverteidiger und sechsfachen Champion verabschiedet (7:6, 5:7, 2:6, 7:6, 6:4), es ist die größte Sensation der jüngeren Australian-Open-Geschichte.
So früh wie in der Rod-LaverArena ist Djokovic´ bei einem Grand-Slam-Turnier seit einer Zweitrundenniederlage in Wimbledon 2008 gegen Marat Safin nicht mehr gescheitert. „Ich bin es nicht gewohnt, hier in Runde zwei zu verlieren“, meinte der Serbe. Seit 2010 hatte er in Melbourne in der ersten Turnierwoche keinen einzigen Satz abgegeben, gegen einen Spieler außerhalb der Top 100 hatte er im selben Zeitraum überhaupt nur ein Mal verloren (gegen Juan Mart´ın Del Potro bei Olympia 2016 in Rio).
Das Ende der „Big Four“?
Gegen Istomin hatte Djokovic´ vor dem Paukenschlag in Melbourne in fünf Duellen erst einen Satz abgegeben. „Es ist einer dieser Tage, an denen du dich nicht besonders gut fühlst, keinen Rhythmus hast und dein Gegner den Ball sehr gut trifft“, erklärte der 29-Jährige. Sein Excoach Boris Becker hingegen war fassungslos. „Novak hat viel zu defensiv, zu passiv gespielt. Das ist ein Erdrutsch.“Djokovic´ steht nun eine Saison voller Ungewissheit bevor. Der Triumph beim ersten Highlight der Saison sei stets „der Baustein des Jahres“gewesen, meinte Becker.
In Melbourne ist die untere Tabellenhälfte nach dem Aus der Nummer zwei offener denn je, auch für Dominic Thiem. Der Weltranglistenachte besiegte Jordan Thompson (AUS, ATP-76.) 6:2, 6:1, 6:7, 6:4, so gut wie in den ersten beiden Sätzen habe er „wirklich lang nicht mehr gespielt“, erklärte Thiem. Am Samstag spielt er gegen Benoˆıt Paire (FRA, ATP-46.) um den Einzug ins Achtelfinale, über einen möglichen Viertelfinalgegner Djokovic´ muss er sich keine Gedanken machen.
Mit dem frühen Aus des Serben sind auch die „Big Four“weiter am Zerbröckeln. Mehr als ein Jahrzehnt haben Roger Federer, Rafael Nadal, Djokovic´ und Andy Murray die Tenniswelt beherrscht. Federer ist inzwischen 35 Jahre alt, Nadal gibt gerade eines seiner zahllosen Comebacks, und Djokovic,´ der im Juni des Vorjahres noch alle vier Grand-Slam-Titel gehalten hat, ist heuer nur noch bei den French Open in Paris Titelverteidiger. Ob der Rest der Welt im vergangenen halben Jahr gemerkt habe, dass er nicht mehr unantastbar sei? „Bestimmt“, meinte Djokovic.´ (joe)