Die Presse

Fort, fort, ihr Wahrheiten! Dithyrambe­n für Trump!

Bei der Inaugurati­on des neuen US-Präsidente­n treten kaum große Dichter auf. Vielleicht könnten ihn ein paar Zeilen von Nietzsche trösten.

- VON THOMAS KRAMAR E-Mails an: thomas.kramar@diepresse.com

Leider kommt Trump doch nicht von Triumph, sondern von Trommel oder Trompete.

Im Jahr 1891 übernahm Friedrich Trump, geboren 1869 in Kallstadt (Rheinland-Pfalz) ein kleines Restaurant im Rotlichtbe­zirk von Seattle (Washington), legte den pfälzische­n Dialekt ab und änderte seinen Vornamen auf Frederick. Im Jahr darauf schrieb er sich zur ersten Präsidents­chaftswahl ein, die im 1889 in die USA aufgenomme­nen Bundesstaa­t Washington stattfand.

Ebenfalls 1891 veröffentl­ichte Friedrich Wilhelm Nietzsche, geboren 1844 in Röcken (Sachsen-Anhalt), sein letztes Werk, den Zyklus Dionysos-Dithyrambe­n. Aus diesen darf ich anlässlich der Inaugurati­on von Frederick Trumps Enkel, bei der leider, abgesehen von Soulsänger Sam Moore, keine großen Dichter und/ oder Philosophe­n auftreten, zitieren: Vor allen Tugendhaft­en will ich

schuldig sein, schuldig heißen mit jeder großen Schuld! Vor allen Ruhms-Schalltric­htern wird mein Ehrgeiz zum Wurm –, unter Solchen gelüstet’s mich, der Niedrigste zu sein ... Diese Münze, mit der alle Welt bezahlt, Ruhm –, mit Handschuhe­n fasse ich diese Münze

an, mit E keltre teich sie unter mich. Wie kommt man von Dithyrambe­n auf Trump? Relativ einfach: Thriamben oder Dithyrambe­n (wahrschein­lich aus einem Kultschrei entstanden, später von Tyrannen geschätzt) sang man zu Ehren des Gottes Dionysos, der u. v. a. die Beinamen Thriambos und Dithyrambo­s trug, man sang sie etwa nach militärisc­hen Siegen. Davon leitet sich das bei den Römern sehr beliebte Wort Triumph ab, das deutsche Wort Trumpf ist eine volkstümli­che Vereinfach­ung davon.

So weit, so gut. Leider verweigert mir die Etymologie im letzten Schritt den Dienst. Denn der deutsche Name Trump, den schon der Urgroßvate­r Friedrich Trumps, Johannes Paul Trump (1727–1792, sesshaft in Bobenheim am Berg) trug, kommt angeblich nicht von Trumpf, sondern von einem alten bayrischen Wort für Trommel oder vom englischen Trumpet. Was irgendwie auch passt, aber leider keine dionysisch­en Assoziatio­nen vorschreib­t. Aber was soll’s. Wie Nietzsche in seinen Dithyrambe­n schrieb: Fort, fort, ihr Wahrheiten, die ihr düster blickt! Nicht will ich auf meinen Bergen herbe ungeduldig­e Wahrheiten sehn. Ohne volksetymo­logische Hilfskonst­ruktionen spricht jedenfalls der Vorname des neuen Präsidente­n: Donald heißt Weltherrsc­her. Das passt gut (oder schlecht?) zum Vornamen seines russischen Amtskolleg­en: Wladimir heißt Großmächti­ger.

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