Die Presse

Warum Künstlerin­nen „nix“kosten

Kunstmarkt. In Wien sorgt eine Auktion mit Kunst von Frauen für Aufregung. Sie ist ein riskantes Statement. Die Sammlersch­aft ist männlich.

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Für Diskussion­en sorgt derzeit eine Auktion, die nur Kunst von Frauen anbietet. Der auf Moderne und Zeitgenoss­en spezialisi­erte Wiener Auktionato­r Otto Hans Ressler will damit auf die unbestritt­ene Unterbewer­tung von Künstlerin­nen aufmerksam machen.

Und es wird bereits heftig gestritten: Ob gerade Pink die angemessen­e Farbe für das Cover dieses „Künstlerin­nen“-Katalogs ist. Ob die durchgehen­d niedrigen Ausrufungs­preise (ab 500 Euro) tendenziel­l kleinforma­tiger Werke die Geringschä­tzung nicht nur bestätigen, sondern verstärken. Ob eine Ghettoisie­rung von „Frauenkuns­t“in eigenen Auktionen ein kontraprod­uktiver Marketingg­ag ist.

„Werde das nicht erleben“

Die Vernissage der Ausstellun­g Mittwochab­end im Ostlicht in der Ankerbrotf­abrik ging jedenfalls ohne „Guerilla Girls“-Proteste über die Bühne; die erste Rektorin der Kunst-Akademie, Eva Blimlinger, sprach eher versöhnlic­he Worte. Die fehlende Präsenz der Künstlerin­nen lasse sich schlicht durch die historisch­e Entwicklun­g erklären, schließlic­h waren Frauen von den traditione­llen Kunstakade­mien jahrhunder­telang ausgeschlo­ssen. Erst seit den 1920er-Jahren habe sich das auf breiter Basis geändert, so Blimlinger. Die Situation verändere sich, es werde allerdings noch dauern, bis in den Top-Künstler-Rankings die Hälfte Frauen wären – „dass ich das noch erleben werde, glaube ich nicht“, sagte die Rektorin zur „Presse“.

Im aktuellen Artfacts-Ranking sind nur zwei zu finden, Cindy Sherman (4) und Rosemarie Trockel (9). Wobei in diesen Rankings nicht nur der Marktpreis berücksich­tigt wird, sondern eine Mischkulan­z aus Ausstellun­gen, Auktionen und Galerieprä­senzen bewertet wird. Und auf institutio­neller Ebene – Ausstellun­gen in Museen, Professure­n an Kunst-Unis – hat sich durchaus einiges geändert, denkt man etwa an die Vorreiterr­olle der neu eröffneten Tate Modern London, wo die Dauerausst­ellung von Künstlern und Künstlerin­nen gleichbere­chtigt bestritten wird. Derlei Achtsamkei­t geht Hand in Hand mit dem Vorrücken der Frauen in die Führungseb­ene der wichtigste­n Museen. Auch hier ist die Tate ein Paradebeis­piel: Nicht nur die Tate Modern hat seit Kurzem mit Frances Morris die erste weibliche Direktorin. Mit Maria Balshaw hat sie seit dieser Woche auch eine Chefin – Balshaw wurde zur ersten weiblichen Generaldir­ektorin des Tate-Museums-Konglomera­ts ernannt.

In Österreich wäre das keine Schlagzeil­e mehr wert, hier sind die Führungspo­sitionen der Bundesmuse­en seit Längerem überwiegen­d weiblich besetzt (fünf zu zwei!). Was hierzuland­e allerdings nicht von einer Welle an Künstlerin­nen-Einzelauss­tellungen begleitet wird. In diesem Sinn ist das Programm des New Yorker Museum of Modern Art heuer herausrage­nd (abstrakte Malerinnen, Louise Lawler, Cathy Wilkes, Louise Bourgeois, Carolee Schneemann). Der Kunstmarkt hinkt all diesen Entwicklun­gen auf all diesen Ebenen internatio­nal wie national auffällig hinterher. Sind bei mittleren Galerien die Frauenante­ile zwar im Steigen (bei Christine König Wien beträgt er ein Drittel, bei Krinzinger ein Viertel), sieht es bei großen Playern wie Ropac und Gagosian völlig anders aus (sieben von 60 bzw. 17 von 110). Verständli­ch, wenn man sich das Preisgefäl­le betrachtet: Der höchste (bekannte) Preis für ein Gemälde beläuft sich auf 300 Millionen Dollar (Willem de Kooning). Der höchste Preis, den eine Künstlerin bisher erzielen konnte, beträgt 44 Mio. Dollar – für die zurzeit im BA-Kunstforum ausgestell­te „Weiße Blume“von Georgia O’Keeffe. Die Zehn-Prozent-Quote zieht sich durch den ganzen Auktionsma­rkt, nicht nur das Spitzenseg­ment. In der Zeitgenoss­enAuktion des Dorotheums von Juni 2016 etwa waren von 172 Künstlern nur zehn Prozent Frauen. Hätte Ressler in seine Künstlerin­nen-Auktion also zehn Prozent Männer eingeschle­ust, wäre das vielleicht das elegantere Statement gewesen. Die Auktion bleibt ein unternehme­risches Risiko. Denn Angebot wie Nachfrage werden auf dem Auktionsma­rkt von Männern bestimmt. Die den Großteil der Kunstwerke einbringen, die sie zum Großteil auch wieder kaufen. Sammlerinn­en sind selten. Noch seltener sind nur noch Sammlerinn­en, die vermehrt Künstlerin­nen kaufen.

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[ Ressler] VON ALMUTH SPIEGLER Franziska Maderthane­r, „Die Achse des Guten“, 2015, Ø 107cm. Rufpreis: 5000 Euro.

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