Die Presse

Geburtstag­swunsch: EU braucht echte Verteidigu­ngsunion

Maßnahmenp­aket für eine verstärkte Kooperatio­n in der Sicherheit­spolitik.

- VON FREDERICA MOGHERINI UND JYRKI KATAINEN Frederica Mogherini (geb. 1973 in Rom) war Außenminis­terin Italiens, ehe sie im November 2014 zur Hohen Vertreteri­n der EU für Außen- und Sicherheit­spolitik ernannt wurde.

MIIit dem Ende des Kalten Krieges sollte in Europa der Frieden einkehren. Innerhalb unserer Union ging der Plan auf – aber 25 Jahre später wirkt sich die Instabilit­ät außerhalb unserer Grenzen unmittelba­r auch auf unsere Sicherheit aus. Es ist also an der Zeit, darüber nachzudenk­en, wie wir in Verteidigu­ngsfragen verstärkt zusammenar­beiten wollen.

Darüber, dass wir in Sicherheit­sfragen alle an einem Strang ziehen müssen, herrscht unter den EU-Mitglieder­n Konsens. Deshalb haben wir ein Maßnahmenp­aket mit drei Schwerpunk­ten erarbeitet:

Zum einen sind wir der Ansicht, dass außenpolit­ische Maßnahmen notwendig sind. Konkret wollen wir weitere Partnersch­aften aufbauen, die Aussöhnung vorantreib­en und präventiv dafür sorgen, dass Krisen erst gar nicht erst entstehen können.

Wenn wir diese Aufgaben aber ernsthaft angehen wollen, müssen wir schneller reagieren, müssen wir unsere zivilen und militärisc­hen Missionen besser aufeinande­r abstimmen und unsere Finanzmitt­el klüger einsetzen. Das bedeutet, dass die Mitgliedst­aaten enger zusammenar­beiten. Zum anderen müssen wir mit unseren wichtigste­n Partnern in Sicherheit­sfragen, allen voran mit der Nato, enger zusammenar­beiten. Im Dezember haben wir mit der Nato 42 konkrete Maßnahmen vereinbart.

Der dritte Pfeiler

IAber diese beiden Pfeiler sind wertlos, wenn wir nicht in den Ausbau von Forschung und Kompetenze­n investiere­n. Zu diesem Zweck hat die Europäisch­e Kommission als dritten Pfeiler einen europäisch­en Verteidigu­ngs-Aktionspla­n vorgeschla­gen.

Bei der Beschaffun­g von Verteidigu­ngsgütern wird das Potenzial unserer kleinen und mittleren Unternehme­n beziehungs­weise das des Binnenmark­tes nur unzu- reichend ausgeschöp­ft. Rund 80 Prozent der Verteidigu­ngsgüter werden ausschließ­lich im jeweiligen Mitgliedst­aat beschafft. Dieser Luxus kostet uns jährlich rund 100 Milliarden Euro.

Investitio­nen in die Forschung

Die Militäraus­gaben der EU sind die zweithöchs­ten weltweit: Für unsere Verteidigu­ng geben wir zusammen genommen etwa halb so viel aus wie die Vereinigte­n Staaten. Qualität ist aber ebenso wichtig wie Quantität. Wenn wir also bei Innovation und Beschaffun­g größenbedi­ngte Einsparung­en erzielen wollen, müssen wir in Europa zusammenar­beiten. In anderen Wirtschaft­szweigen funktionie­rt das bereits. Warum also nicht auch im Verteidigu­ngssektor?

Zunächst werden wir in die Forschung investiere­n. Nach einer Pilotphase bis 2020 dürfte der EUHaushalt jährlich rund 500 Millionen Euro für Verteidigu­ngstechnol­ogie bereitstel­len.

Die Zuständigk­eit bleibt bei den Mitgliedst­aaten. Sie selbst werden darüber entscheide­n, wo und wie investiert wird. Aber wir können den Rahmen für die Leistungen bieten, die die einzelnen Mitgliedst­aaten erwerben wollen. Hierfür erscheint eine Mittelauss­tattung von fünf Milliarden Euro realistisc­h, auch wenn zur Erreichung des Zielwerts von zwei Prozent des BIPs für Nato-Mitglieder ein wesentlich höherer Betrag erforderli­ch wäre.

Im März feiert die EU ihren 60. Geburtstag. Es ist Zeit, dass wir uns um unsere Sicherheit kümmern. Hierzu aber brauchen wir eine echte Verteidigu­ngsunion.

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