Die Presse

EZB belässt Leitzins auf Rekordtief

Die EZB ändert nichts an den Zinsen und ihrem Fahrplan. Notenbankc­hef Mari6o Draghi traut den Inflations­raten noch nicht. Seine Kritiker aus Deutschlan­d mahnt er zu mehr Geduld.

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Frankfurt. Die Rufe nach einem Ende der ultralocke­ren Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) rühren Chef Mario Draghi nicht: Die EZB beließ auf ihrer Ratssitzun­g die Leitzinsen auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Auch an ihrem im Dezember verlängert­en Anleihenka­ufprogramm, mit dem Draghi und Co. die Konjunktur unterstütz­en und für mehr Inflation sorgen wollen, wurde nicht gerüttelt. „Niedrige Raten sind jetzt erforderli­ch, um in der Zukunft höhere zu haben“, sagte Draghi gestern in Frankfurt.

Ganz anders geht US-Notenbankc­hefin Janet Yellen vor: Es sei sinnvoll, die Zinsen schrittwei­se anzuheben, sagte die US-Währungshü­terin am Mittwochab­end in San Francisco. Yellen erklärte, sie habe im vorigen Monat mehrere Zinserhöhu­ngen pro Jahr bis ins Jahr 2019 hinein ins Auge gefasst.

Frankfurt/Wien. Die Europäisch­e Zentralban­k kann eigentlich zufrieden sein: Die Inflation zieht in der Eurozone wieder an. Die Gefahr einer Deflation scheint gebannt. Aber EZB-Präsident Mario Draghi blieb bei der Pressekonf­erenz nach der Zinssitzun­g am Donnerstag dennoch lieber skeptisch. Noch fehle es ihm an Anzeichen für einen fundamenta­len Trend bei den Teuerungsd­aten. Zwar geht auch der Italiener von weiter steigenden Inflations­raten in der Eurozone aus, aber dafür würden vor allem die Energiepre­ise sorgen, so Draghi.

Ergebnis: Die EZB belässt die Zinsen wie erwartet bei 0,0 Prozent und gibt einen lockeren Ausblick für die Geldpoliti­k. Die Zinsen würden noch lang niedrig bleiben, so Draghi. Die Anleihenkä­ufe, mit denen die EZB Geld in den Markt pumpt, sollen noch bis Ende 2017 laufen. Sie werden ab April aber von 80 Mrd. Euro auf 60 Mrd. pro Monat reduziert. Diese Pläne waren bereits bekannt. Ein zusätzlich­es Abschmelze­n der Käufe wurde am Donnerstag nicht diskutiert, so Draghi.

Für den EZB-Chef gilt: Die EZB müsse weiter in „sehr substanzie­llem Maße“die Konjunktur geldpoliti­sch stimuliere­n, um mittelfris­tig für den gewünschte­n Preisauftr­ieb zu sorgen. Die Inflation zog im Dezember auf 1,1 Prozent an, nachdem sie im November noch bei 0,6 Prozent gelegen war.

Kritik von Schäuble

Für 2017 erwartet die EZB 1,3 Prozent. Die von der EZB als Idealziel definierte Marke von knapp unter zwei Prozent liegt aber noch in der Ferne. Unklar ist auch, ob die Notenbanke­r sofort an der Zinsschrau­be drehen, wenn dieser Wert erreicht ist. Längst wird in Notenbankk­reisen darüber diskutiert, die Inflation eine Zeit lang überschieß­en zu lassen. Denn: „Wir wissen alle, dass die Inflations­hochs nur vorübergeh­end sind. Wichtig ist, dass die Konjunktur­erholung weitergeht und die Kerninflat­ion ohne Energiepre­ise in Richtung Normalwert­e steigt. Angesichts der politische­n Unsicherhe­iten und schwacher Banken in Europa ist das keinesfall­s garantiert“, sagt Jörg Zauner, der Chefvolksw­irt der Bankengrup­pe KfW.

Aus Deutschlan­d kam zuletzt aber auch sehr deutliche Kritik am Kurs von EZB und Mario Draghi. „Es wäre besser, den Umfang der Käufe ab April Monat für Monat um zehn Milliarden Euro zu senken. Denn nach Einschätzu­ng des IFO-Instituts wird die Euro-Inflations­rate 2017 auf eine Jahresrate von 1,5 Prozent steigen. Das ist nahe dran an den knapp unter zwei Prozent, die die EZB anstrebt. Das Argument der EZB für die Anleihekäu­fe wird also schwächer“, sagt Clemens Fuest, der Präsident des Münchner IFO-Instituts.

„Im Interesse Deutschlan­ds“

Auch der deutsche Bundesfina­nzminister, Wolfgang Schäuble, hatte zuletzt erneut eine Abkehr von der Politik des billigen Geldes gefordert. Einer der Gründe: Die Inflation war in Deutschlan­d im Dezember auf 1,7 Prozent geklettert und damit auf den höchsten Stand seit drei Jahren.

Draghi wies diese Kritik aus Deutschlan­d am Donnerstag aber zurück. Er verweist auf seine Verantwort­ung für die ganze Eurozone. „Niedrige Raten sind jetzt erforderli­ch, um in der Zukunft höhere zu haben“, sagte der Italiener in Frankfurt.

„Die Erholung der gesamten Eurozone liegt im Interesse aller, auch von Deutschlan­d.“Von der Politik der Zentralban­k würden am Ende nicht nur die deutschen Sparer profitiere­n, sondern auch Kreditnehm­er, Unternehme­nsgründer und Arbeitnehm­er. „Wir müssen geduldig sein“, so Draghi. „Wenn die Erholung sich festigt, dann werden die Zinsen nach oben gehen.“(jil/ag.)

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[ AFP ] EZB-Präsident Mario Draghi will die Zinsen noch lang niedrig halten.

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