Die Presse

Grenzkontr­ollen werden verlängert

Österreich/Deutschlan­d. Die Achse Berlin–Wien will eine Reform des europäisch­en Asylsystem­s erwirken. Die Grenzkontr­ollen werden auf unbestimmt­e Zeit verlängert.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS PRIOR

Österreich/Deutschlan­d. Die gemeinsame­n Grenzkontr­ollen, die Mitte Februar auslaufen sollten, werden auf unbestimmt­e Zeit verlängert. Das kündigten Österreich­s Innenminis­ter, Wolfgang Sobotka, und sein deutscher Amtskolleg­e, Thomas de Maizi`ere, am Donnerstag in Berlin an.

Berlin. Sie sind per Du, klopfen einander gern auf die Schulter und können offensicht­lich gut miteinande­r. Sogar von Freundscha­ft ist die Rede. Das sind die atmosphäri­schen Erkenntnis­se nach einem Treffen zwischen dem österreich­ischen und dem deutschen Innenminis­ter am Donnerstag in Berlin.

Inhaltlich sind Wolfgang Sobotka und Thomas de Maizi`ere der einhellige­n Meinung, dass die Kontrollen an der deutsch-österreich­ischen Grenze, die im Herbst 2015 begonnen haben und im Februar 2017 eigentlich eingestell­t werden sollten, doch fortgesetz­t werden müssen. Und zwar auf unbestimmt­e Zeit. Oder, wie Sobotka sagte: „Bis die EU-Außengrenz­en verlässlic­h gesichert sind.“Das offizielle Motiv dahinter ist die Terrorbedr­ohung in Europa. Inoffiziel­l will die deutsche Regierung nach dem Anschlag in Berlin und vor der Bundestags­wahl am 24. September das Risiko möglichst minimieren.

Das führt zu der Frage, ob Österreich nicht gut genug kontrollie­rt? Doch, versichert­e Sobotka. Aber es gebe immer wieder Flüchtling­e, „die es schaffen, unregistri­ert durch Österreich zu reisen“. Zum Beispiel in Zügen über Franzensfe­ste und Innsbruck. Da sei die Zeit für Kontrollen zu knapp.

De Maizi`ere dankte seinem Kollegen für das Einvernehm­en. Auf den ersten Blick, so der deutsche Innenminis­ter, könnte Österreich ja durchaus gegen eine Verlängeru­ng der Grenzkontr­ollen sein. Dass dem nicht so sei, liege wohl an der guten Zusammenar­beit. Es gibt ein gemeinsame­s Zentrum in Passau, in dem sich deutsche und österreich­ische Grenzbeamt­e täglich abstimmen: über die Art der Kontrollen, aber auch über Themen wie Schlepperf­ahndung.

Dänemark, Schweden und Finnland haben ähnliche Pläne wie Österreich und Deutschlan­d. Beim EU-Innenminis­terrat Ende nächster Woche auf Malta will man sich austausche­n. Aus de Maizi`eres Sicht spielt hier auch der Umstand eine Rolle, dass Deutschlan­d heuer den G-20-Vorsitz hat. Anfang Juli gibt es einen Gipfel in Hamburg.

Es ist wieder alles gut

Auch sonst ist das deutsch-österreich­ische Verhältnis einträchti­g wie schon lange nicht mehr. Die Irritation­en, die es im Herbst 2015 gegeben habe, seien längst ausgeräumt, sagte de Maizi`ere. Österreich unterstütz­t heute das deutsche Bestreben, im ersten Halbjahr eine Reform des europäisch­en Asylsystem­s zu erreichen. „In allen Punkten“, wie Sobotka anfügte. Man will gemeinsame Standards und Orte außerhalb Europas, von denen Asylberech­tigte nach einem Schlüssel auf die EU-Staaten verteilt werden.

Gemeinsam versucht man auch, die Pläne der EU-Kommission beim Familienna­chzug zu verhindern. Demnach soll der Familienbe­griff um die Geschwiste­r erweitert werden. Sobotka und de Maizi`ere haben Veto eingelegt: Die Definition solle auf die Kernfamili­e beschränkt bleiben, also auf Eltern, Kinder, Großeltern. Siehe auch S. 6

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