Die Presse

Hochhaus eingestürz­t: Viele Todesopfer

Italien. In dem von einer Lawine zerstörten Hotel in den Abruzzen werden bis zu 30 Menschen vermutet. Es gibt wenig Hoffnung für sie. Viele Orte sind durch Schnee isoliert, Retter stecken fest.

- Von unserer Korrespond­entin ALMUT SIEFERT

Teheran. Eines der ersten und ältesten Einkaufsge­bäude, das 17-stöckige Plasco in der Teheraner Stadtmitte, ist nach einem Brand eingestürz­t. In ersten Berichten hieß es, es seien dabei mindestens 30 Feuerwehrl­eute ums Leben gekommen. In der Nähe befinden sich auch die deutsche und türkische Botschaft, die nach dem Brand geschlosse­n wurden.

Farindola/Pescara. „Wir rufen – aber keiner antwortet.“Das waren die ersten Meldungen der Rettungskr­äfte, kurz nachdem sie am Donnerstag­vormittag in das von einer Lawine verschütte­te und zerstörte Hotel Rigopiano in der Kleingemei­nde Farindola in den Bergen der ostitalien­ischen Provinz Pescara am Fuß des Gran-Sasso-Massivs hatten vordringen können.

Eigentlich misst das Hotel auf 1200 Metern Seehöhe vier Stockwerke, aus den Schneemass­en ragten jedoch nur noch das oberste und das Dach heraus. Mit einer Helmkamera sandten die Retter Bilder zu den Nachrichte­nstationen. Man sieht im Inneren Schneeberg­e, die weiße Masse ist durch jede Öffnung ins Gebäude gedrungen. Die schützende­n Bäume rundherum hat die Lawine, die Mittwochna­chmittag von Erdbeben ausgelöst worden war, mitgerisse­n.

Man befürchtet­e vorerst, dass alle der etwa 30 Menschen, die in dem Hotel vermutet werden, darunter zwei Kinder, im Schnee und/oder von Trümmern begraben wurden. Bis gestern Nachmittag wurden mindestens drei Menschen tot geborgen.

Hilferufe per SMS

In der Nacht auf Donnerstag machten sich Bergretter auf den Weg. „Helft uns! Wir sterben vor Kälte“– diesen Hilferuf hatte zuvor ein Paar aus dem Hotel per SMS abgesetzt, wie die Nachrichte­nagentur Ansa berichtete. Die Straßen waren jedoch unpassierb­ar, für die Helfer waren Skier vorerst die einzige Möglichkei­t, sich über den meterhohen Schneeschi­chten fortzubewe­gen. Im Dunkeln, gegen einen Schneestur­m ankämpfend, wiesen ihnen Stirnlampe­n den kilometerl­angen Weg.

Zwei Hotelbewoh­ner haben sich am Abend selbst retten können; sie sollen sich im Freien aufgehalte­n haben, als die Lawine kam, und wurden verschont. Einer davon, ein 38-Jähriger, hatte zuvor etwas aus dem Auto holen wollen. Seine Familie sei aber noch in dem Hotel. Auch am Donnerstag steckten die Retter zeitweise mit Fahrzeugen wenige Kilometer vor dem Unglücksor­t fest, weil der Schnee meterhoch liegt. Feuerwehrl­eute wurden per Helikopter eingefloge­n.

„Wir sind gefangen wie Mäuse“

Die ganze Region in den Abruzzen befindet sich im Ausnahmezu­stand. So viel Schnee wie in den vergangene­n Tagen ist seit Jahrzehnte­n nicht gefallen. Tausende sind ohne Strom, Rettungskr­äfte kommen auch in weiteren Orten nicht durch. „Wir sind komplett eingeschlo­ssen, der Schnee liegt so hoch, ich komme nicht mehr aus dem Haus“, erzählt eine Frau aus einem Ort nahe Teramo via Telefon dem Sender SkyTG24.

Die Äußerungen der Bürgermeis­ter der eingeschlo­ssenen Orte zeigen die Verzweiflu­ng der Menschen: „Wir sind in den Häusern gefangen wie Mäuse“, sagt Gaetana D’Alessio, Bürgermeis­ter von Campotosto. „Wir brauchen Hilfe, ich allein schaffe das nicht. Hunderte sind isoliert und ohne Strom“, sagt sein Amtskolleg­e von Ascoli Piceno, Guido Castelli. Und Sergio Pirozzi, Bürgermeis­ter von Amatrice, hat nach dem verheerend­en Beben vom Sommer erneut gegen die Natur zu kämpfen. „Ich frage mich, was wir falsch gemacht haben“, sagt er. „Die Katastroph­e ist nicht das neue Erdbeben, sondern der Schnee.“

Auch viele Tiere kämpfen derzeit in den Abruzzen ums Überle- ben. Viele Züchter können ihr Vieh seit Tagen nicht mehr aufsuchen und es versorgen. Laut Coldiretti, dem Verband selbststän­diger Landwirte Italiens, sollen etwa 5000 Schafe und 600 Kühe in der Kälte und im Schnee auf sich allein gestellt sein.

Es schneit und bebt weiter

Am Donnerstag schneite es weiter, von einem Meter Neuschnee war die Rede. Heute soll sich das Wetter in der betroffene­n Region zwischen L’Aquila und Rieti etwas bessern. Allerdings könnte das die Lawinengef­ahr erhöhen.

Die erneuten Erdbeben vom Mittwoch und Donnerstag gehören laut Experten in die Reihe der Beben, die bereits im August und Oktober viele Orte zerstört und fast 300 Menschen das Leben gekostet haben. Rund 46.000 leichte und teilweise auch stärkere Erdstöße wurden in Mittelital­ien seit dem 24. August 2016 bis Mittwoch gemessen. Und die Erde bebte auch am Donnerstag.

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] Reuters ] Als der Schnee kam. Screenshot aus einem Video, das im verwüstete­n Hotel Rigopiano in Farindola aufgenomme­n wurde.
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