Wirtschaftskammer verdient mit
Geldflüsse. Der Fachverband der Versicherungsmakler kassiert jährlich 400.000 Euro Provision von Generali und Uniqa. Fließen hier „Kickback-Zahlungen“? „Alles transparent“, sagt die Kammer.
Versicherungen. Wenn Versicherungsmakler Verträge abschließen, müssen sie Provision an die Wirtschaftskammer abführen. Ihr Fachverband kassiert jährlich 400.000 Euro von Generali und Uniqa. Das Geld wird unter „Sonstige Erträge“verbucht. Die Neos orten „Kickback-Zahlungen“.
Wien Ein großes Projekt hat sich Christoph Leitl für seine letzte Amtsperiode noch vorgenommen: eine Wirtschaftskammerreform. Für die Unternehmen, die Mitglieder, soll dies mehr Service und weniger Kosten bedeuten, sagte er vor wenigen Tagen. Wie dringend die Wirtschaftskammer eine Reform nötig hat, zeigen die Vorgänge im Fachverband der Versicherungsmakler. Dort finanziert man sich nämlich nicht nur von den Beiträgen der Pflichtmitglieder, sondern kassiert auch noch Provisionen von Versicherungen, falls diese mit Kammermitgliedern ins Geschäft kommen.
Wie das funktioniert, berichtete ein Whistleblower – ein geheimer Informant unter den Versicherungsmaklern. Demnach schlossen Wirtschaftskammer Österreich Fachverband der Versicherungsmakler mit der Generali Versicherungs AG sowie der Uniqa Österreich Versicherungen AG einen Rahmenvertrag ab. Das 13-seitige Dokument liegt der „Presse“vor. Darin geht es um die Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen, die Versicherungsmakler obligatorisch abschließen müssen.
Für viele Berufsgruppen gibt es laut Gewerbeordnung eine Versicherungsplicht, neben den Versicherungsmaklern etwa auch für Baumeister, Immobilientreuhänder oder Vermögensberater. Der Fachverband der Versicherungsmakler verfasste neben dem Rahmenvertrag aber auch einen Sideletter. Unter Punkt 3, Verwaltungsund Managementgebühr geht’s ans Eingemachte: Generali und Uniqa erklären sich bereit, „den folgenden Prozentsatz der verrechneten Nettoprämien der Versicherungsverträge, welche auf Basis dieser Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden, als Verwaltungs- und Managementgebühr an den Fachverband“zu leisten.
„Die Abrechnung wird monatlich an den Fachverband vorgenommen“, heißt es. Und: „Der vereinbarte Prozentsatz beträgt ab der am 1. 1. 2013 beginnenden Versi- cherungsperiode und für die folgenden Versicherungsperioden 15 vH.“Statt den Kammermitgliedern um 15 Prozent günstigere Prämien zu ermöglichen, fließt das Geld also „monatlich an den Fachverband“.
„Die Presse“bat Josef Moser, Geschäftsführer der Bundessparte Information und Consulting in der Wirtschaftskammer, den Sachverhalt zu erklären. „Alles wurde transparent dokumentiert“, sagt Moser. Er bestätigt, dass der Fachverband der Versicherungsmakler jährlich rund 400.000 Euro aus den Vereinbarungen mit Generali und Uniqa einnimmt. Aber: „Das Geld ist nicht versteckt.“Es sei unter „Sonstige Erträge“verbucht.
Mit dem Geld würden etwa Serviceleistungen oder Marketingaktivitäten finanziert. Gäbe es diese Einnahmen nicht, müssten die Mitglieder mehr Kammerumlage zahlen, sagt Moser. 350.000 Euro fließen in Form der Beiträge jährlich an den Fachverband. Somit stellt die „Managementgebühr“sogar den Löwenanteil der Finanzierung.
Moser betont auch, dass es in seiner Sparte lediglich bei den Versicherungsmaklern ein derartiges Modell gibt. Bei den Immobilientreuhändern und Vermögensberatern werden zwar Rahmenverträge ausgehandelt, es fließen aber keine Provisionen. Allen betroffenen Mitgliedern des Fachverbands der Versicherungsmakler sei ohnehin bekannt, was mit „Sonstige Erträge“gemeint sei, sagt Moser.
Parlamentarische Anfrage
Dennoch ist der Fall mittlerweile aktenkundig und auch bei Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner aufgeschlagen. Sein Ministerium ist Aufsichtsbehörde der Wirtschaftskammer. Mitterlehner ist seit wenigen Tagen mit einer parlamentarischen Anfrage der Neos konfrontiert. Der Abgeordnete Sepp Schellhorn und Kollegen wollen vom Vizekanzler unter anderem wissen, wie viel die Wirtschaftskammer, respektive deren Landes- und Fachverbände „durch Abschlüsse von Vereinbarungen und Verträgen“einnehmen?
Schellhorn spricht auch nicht von „Managementgebühren“, sondern von „Kickback-Zahlungen“an die Wirtschaftskammer. In der Anfrage heißt es: „Der Verwendungszweck ist meist definiert, die Kenner des Systems gehen aber davon aus, dass das Geld in Vereine fließt, die ein Naheverhältnis zur Kammer und deren politischem Umfeld haben.“
Diesen Vorwurf weist der Spartengeschäftsführer zurück. „Es herrscht volle Transparenz.“Es gebe in der Kammer keinen Fachverband, der häufiger geprüft werde als die Versicherungsmakler.
Affäre hin oder her. Die Sache kommt für Christoph Leitl ungelegen. Immerhin verfügt die Wirtschaftskammer laut Angaben des Wirtschaftsministeriums über ein Vermögen von knapp einer Milliarde Euro. Speck wäre also genügend vorhanden, um die Kosten für die Mitglieder zu senken. Umso heikler scheint es, wenn Fachverbände Provisionen kassieren, weil sie mit den Mitgliedsbeiträgen nicht das Auslangen finden.