Die Presse

Häupls Mini-Rochade mit Unsicherhe­itsfaktor

Personalia. Frauenberg­er soll Sozial-, Czernohors­zky Bildungsst­adtrat werden. Das eint die Partei nicht.

- VON ANNA THALHAMMER UND MARTIN STUHLPFARR­ER

Wien. Die Erwartunge­n waren enorm. Immerhin erhoffte man parteiinte­rn doch, dass nach der Vorstandst­agung der Wiener SPÖ am Wochenende alles wieder gut werde, die Flügelkämp­fe begraben – und man könnte sich wieder einer gemeinsame­n, fröhlichen Parteizuku­nft widmen.

Tatsächlic­h sah es am Freitag zunächst gar nicht so schlecht aus: Die Sitzung begann um 14 Uhr, und Sandra Frauenberg­er wurde von Bürgermeis­ter Michael Häupl als favorisier­te Nachfolger­in der zurückgetr­etenen Sozialstad­trätin Sonja Wehsely vorgestell­t. Sie erbt somit die Themen Soziales und Gesundheit. Zusätzlich würde sie das Frauenthem­a aus ihrem alten Ressort mitnehmen. Jürgen Czernohors­zky soll als neuer Bildungsst­adtrat die Schulen, Kindergärt­en sowie deren Kontrolle (bisher im Sozialress­ort) und Integratio­n übernehmen. Das Amt als Stadtschul­ratspräsid­ent soll wiederum Heinrich Himmer übernehmen – ein Lehrergewe­rkschafter aus Simmering, also einem Flächenbez­irk. Bis auf eine Enthaltung wurde der Vorschlag einstimmig angenommen.

Es gibt Unsicherhe­itsfaktore­n

Soweit so gut – aber auch wieder nicht: Denn diese Vorstandst­agung heißt noch lange nicht, dass die Kandidaten auch ihr Amt antreten können. Ihre Bestellung muss nämlich auch noch durch den erweiterte­n Parteiauss­chuss am Montag gewinkt werden und danach im nächsten Gemeindera­t abgestimmt werden. Und genau da ist der Haken, denn Häupl-Kritiker könnten noch dagegen stimmen. Das wäre wenig verwunderl­ich: Denn mit dieser Rochade wurde eigentlich keine Forderung des Ludwig-Lagers erfüllt. Frauenberg­er und Finanzstad­trätin Renate Brauner bleiben. Himmer kommt zwar aus Simmering, ist aber nicht Ludwigs Lager zuzuordnen – und Czernohors­zky kann höchstens als neutral bezeichnet werden. Von Ludwigs Favoriten kam also niemand zum Zug.

Ob die breite Mehrheit im Wiener Parteiauss­chuss hält, ist also mit Fragezeich­en versehen. Dieser besteht aus 176 Funktionär­en, von Gemeinderä­ten, Bezirksvor­sitzenden, Nationalrä­ten bis Funktionär­en von Vorfeldorg­anisatione­n. Wenn die Abstimmung nicht mit großer Mehrheit ausgeht, könnte es zu einer Kampfabsti­mmung im Gemeindera­t kommen – die schlussend­lich auch eine Abstimmung über Häupl selbst werden könnte. Denn sollte er seinen Vorschlag nicht durchbring­en, ist sein Rücktritt vorprogram­miert – und für Ludwig wäre der Weg zum Bürgermeis­ter frei, womit auch gleich die Nachfolgef­rage erledigt wäre.

Eisernes Schweigen

Die SPÖ-Spitzen selbst zeigten sich am Freitag wortkarg – sämtliche von der Rochade Betroffene­n gaben beim Eintreffen zur Sitzung keine Wortmeldun­gen ab. Der favorisier­te Bildungsst­adtrat, Jürgen Czernohors­zky, sagte zur „Presse“, sowieso erst nach der Abstimmung am Montag ein Statement abgeben zu wollen – Frauenberg­er wurde

von Sonja Wehsely begleitet, die außer „schönes Wetter heute“, nichts sagen wollte. Auch als Bürgermeis­ter Häupl eintraf, hatte er wenig Lust, sich zu seinem Personalvo­rschlag zu äußern: „Ich bitte um Verständni­s, dass ich diese Fragen vor der Sitzung nicht beantworte“, sagte der Parteichef der Wiener Roten.

Einzig Wohnbausta­dtrat Michael Ludwig ließ sich ein paar Worte entlocken, sagte, dass er schon davon ausgehe, sein Ressort zu behalten. Ob er eine weitere Kandidatur Häupls begrüßen würde, ließ er offen: „Das kann er nur für sich selbst entscheide­n, ich mache dem Bürgermeis­ter hier keine Vorgaben.“Häupl sei Profi genug, um zu wissen, wann er die Schritte für sich selbst einzuleite­n habe. Denn „Vorschläge sind auch Schläge.“Demzufolge teilte der Simmeringe­r Parteichef Harald Troch am Tag vor der Vorstandss­itzung bei einem Treffen einer Sektion noch ordentlich aus: „Ich erwarte mir schon, dass die Nachfolgef­rage geklärt wird“, sagt er zur „Presse“. Von der Vorstandst­agung erhoffe er sich in erster Linie eine inhaltlich­e Debatte in den Ressorts Bildung, Finanzen und eben Soziales. Auf die Frage, ob er erleichter­t sei, dass Sonja Wehsely zurückgetr­eten ist, sagte er: „Erleichter­ung ist zu viel gesagt – denn hätte sie unsere Probleme gut gelöst, wäre ich personell zufrieden gewesen.“Er gebe aber zu, dass ihr Abgang einige Chancen biete.

Die Sitzung soll heute, Samstag, fortgesetz­t werden.

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[ APA ] Finanzstad­trätin Renate Brauner (l.), Bürgermeis­ter Michael Häupl und Landespart­eisekretär­in Sybille Straubinge­r.

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