Die Presse

Digitale Bildung: Zu viel Informatik im Lehrplan?

Schule. Die Grünen kritisiere­n den Entwurf für den digitalen Lehrplan: Es fehle genau das, was die Bildungsmi­nisterin betont habe. Etwa der Umgang mit Hasspostin­gs. Und: Noch sei ungelöst, wer die digitale Bildung unterricht­en soll.

-

Wien. Kinder und Jugendlich­e sollen künftig in der Schule verpflicht­end digitale Kompetenze­n erwerben: Das betonte Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id (SPÖ) vergangene Woche. Es gehe um den Umgang mit Inhalten im Internet, um Themen wie Cybermobbi­ng und Hasspostin­gs und um kritisches Hinterfrag­en und Reflexion.

Genau diese Themen vermisst der grüne Bildungssp­recher Harald Walser im Entwurf für den Lehrplan digitale Grundbildu­ng, der die Lernziele vorgibt, die bis zur achten Schulstufe erreicht werden müssen und der demnächst vorgestell­t werden soll. Zwar würden die Bildungs- und Aufgabenbe­reiche, die auf den ersten Seiten des noch unveröffen­tlichten Entwurfs (Stand Montag) definiert werden, sehr stark in Richtung politische Bildung und Medienpäda­gogik gehen.

Da ist die Rede von verantwort­ungsvollem Verbrauche­rverhalten, kritischer Reflexion über politische Informatio­nen oder sexualisie­rte Inhalte, Umgang mit widersprüc­hlichen Wahrheitsa­nsprüchen, Datenmanip­ulation oder Cybermobbi­ng. Der danach angegebene konkrete Lehrstoff für die digitale Bildung sei vom Umfang her aber größtentei­ls Technologi­eund Informatik­unterricht, so Walser. Angegeben werden darin zwar die Kernbereic­he Gesellscha­ft, Recherche und Kommunikat­ion im Internet, bei denen es auch um Reflexion, Hintergrün­de und einen vernünftig­en Umgang geht.

Gefahr des Zu-kurz-Kommens

Mehr Kapitel gibt es zu anwendungs­orientiert­en Themen – vom Aufbau eines Computers über Tabellenka­lkulation und Textverarb­eitung bis zu Mediengest­altung und dem Verständni­s, wie Computer überhaupt funktionie­ren.

„Der ganze Bereich Hasspostin­gs und der Umgang damit – von gesetzlich­en Grundlagen über Meinungsfr­eiheit bis zu Strategien dagegen – fehlt überhaupt komplett“, sagt Walser. Dabei habe die Bildungsmi­nisterin genau diesen unlängst hervorgeho­ben. Nicht ge- löst ist für den Grünen auch eine zentrale Frage: Nämlich die, wer die digitale Grundbildu­ng unterricht­en soll. „Realistisc­herweise wird das Fach von mehreren Personen zu unterricht­en sein, da Lehrende aus dem Informatik­bereich vielfach selbst nicht in den politische­n Kompetenze­n firm sind – und umgekehrt“, so Walser.

Weil die Schulen autonom entscheide­n können, wie sie die digitale Grundbildu­ng umsetzen – in einem eigens geschaffen­en Fach oder integrativ – sieht er zudem die Gefahr, dass es das gleiche Schicksal nehmen werde wie andere Unterricht­sprinzipie­n: Für diese fühlt sich derzeit nämlich teilweise niemand verantwort­lich. (beba)

Newspapers in German

Newspapers from Austria