„Guten Morgen, servas – ja da schau her!“
Niederösterreich. In puncto Volksnähe hält Johanna MiklLeitner (ÖVP) mit ihrem Mentor Erwin Pröll locker mit. Ein Besuch in Tulln.
Tulln. Manche Niederösterreicher sind ihrer Zeit ein paar Monate voraus. „Gratuliere, Frau Landeshauptfrau“, grüßt ein Wirtschaftskammer-Funktionär. „Das darf man eh schon sagen, oder? Ist ja eine g’mahte Wies’n!“
Es ist die Hausbaumesse in Tulln, einer der klassischen Termine, die Johanna MiklLeitner (ÖVP) als Finanzlandesrätin eben zu absolvieren hat. Gleichzeitig ist es am Freitag einer der ersten öffentlichen Auftritte, seit sie am Mittwoch zur Nachfolgerin von Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) gekürt wurde. Und wenn die Nochvizelandeschefin hier eines beweist, dann, dass sie in puncto Leutseligkeit und Volksnähe ganz locker mit ihrem politischen Ziehvater mithalten kann.
Ja natürlich sei sie auch in diesen Tagen hier auf der Messe, sagt sie, versprochen sei eben versprochen („Und sogar rechtzeitig“). Gratulationen zum baldigen neuen Job lässt sie bestens gelaunt über sich ergehen. „Guten Morgen, servas – ja da schau her!“, grüßt sie in alle Richtungen. Berührungsängste? Bei Mikl-Leitner Fehlanzeige. Es gibt Busserl, es gibt Umarmungen und unzählige ausgiebig geschüttelte Hände. Die 52-Jährige kommentiert die Hochzeit des einen und die Geschäfte des anderen, sie lässt liebe Grüße an die Gattin des Nächsten ausrichten und auch die Gelegenheit für einen Scherz zwischendurch nicht aus („Halten wir die Daumen, dass viele bauen – und dass sie mit Raiffeisen finanzieren!“). Mit ihrem Lachen, kommentiert ein Kollege, könne sie auch mit dem von Landeschef Pröll konkurrieren.
Zwischen Wärmepumpen und Wannen
Es überrascht, wie sehr sich die Landespolitikerin Mikl-Leitner, die da Anekdoten über ihren eigenen Hausbau und die damit verbundenen Messebesuche erzählt, von der Innenministerin mit betont harter Linie und ebensolchen Auftritten („Festung Europa“) unterscheidet, die sie fünf Jahre lang war. Und wie sehr ihr das liegt. Direkt bei den Menschen zu sein, deren Sorgen einzufangen und daraus Maßnahmen abzuleiten: Das sei eine ihrer Stärken, sagt sie selbst beim Rundgang zwischen Wärmepumpen, Wandfarben und Badewannen. Wenn die Hollabrunnerin im April nach einem Jahr als Landesrätin und Pröll-Stellvertreterin den Job an der Spitze des Bundeslandes übernimmt, ist sie dann auch dort, wo sie immer hinwollte.
Auch, wenn die Nachfolge nach einem Vierteljahrhundert Pröll nicht einfach werden dürfte. Dem scheidenden Landeshauptmann streut Mikl-Leitner bei der Eröffnung jedenfalls Rosen. „Unser Landeshauptmann“habe Niederösterreich geprägt wie kaum ein anderer. „Wir alle haben Respekt vor dieser Lebensleistung.“Die große Aufgabe sei es jetzt, diese Leistungen weiterzuführen. „Es ist eine wahnsinnige Dynamik, die natürlich große Herausforderungen mit sich bringt“, sagt sie später. Sie gehe aber selbstverständlich optimistisch in die nächsten Monate hinein. Es werde hart weitergearbeitet. Umfragen, die ihr für die Landtagswahl im kommenden Jahr als Spitzenkandidatin keine 40 Prozent vorhersagen sollen, „kenne ich nicht“.
„Auf mein Kommando: Eins, zwei, drei“
Die Messebesucher, die gegen Ende der Eröffnung mäßig ergriffen der niederösterreichischen Hymne lauschen, die die künftige Landeshauptfrau in der ersten Reihe textsicher mitsingt, sind mehr oder weniger optimistisch. „Die Frau Mikl-Leitner ist zugänglich und unkompliziert. Die kommt gut rüber. Ich bin sicher, dass das gut wird“, sagt der Wirtschaftskämmerer. „Als Frau freue ich mich sehr, dass es eine Frau geworden ist“, sagt eine Besucherin, während die Dame neben ihr kritisiert, dass Mikl-Leitner als Innenministerin „nicht recht viel gebracht“habe.
Während sie den Innenministerstil in ihren zehn Monaten in Niederösterreich inzwischen abgelegt zu haben scheint, hat sie ihre recht resolute Art übrigens behalten. „Auf mein Kommando“, dirigiert die künftige Landeschefin die Herren von Gemeinde, Messe und Wirtschaft beim Durchschneiden des Eröffnungsbandes. „Eins, zwei, drei.“Für ihren neuen Job wird ihr das wohl nicht schaden.