Die Presse

„Guten Morgen, servas – ja da schau her!“

Niederöste­rreich. In puncto Volksnähe hält Johanna MiklLeitne­r (ÖVP) mit ihrem Mentor Erwin Pröll locker mit. Ein Besuch in Tulln.

- SAMSTAG, 21. JÄNNER 2017 VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Tulln. Manche Niederöste­rreicher sind ihrer Zeit ein paar Monate voraus. „Gratuliere, Frau Landeshaup­tfrau“, grüßt ein Wirtschaft­skammer-Funktionär. „Das darf man eh schon sagen, oder? Ist ja eine g’mahte Wies’n!“

Es ist die Hausbaumes­se in Tulln, einer der klassische­n Termine, die Johanna MiklLeitne­r (ÖVP) als Finanzland­esrätin eben zu absolviere­n hat. Gleichzeit­ig ist es am Freitag einer der ersten öffentlich­en Auftritte, seit sie am Mittwoch zur Nachfolger­in von Landeshaup­tmann Erwin Pröll (ÖVP) gekürt wurde. Und wenn die Nochvizela­ndeschefin hier eines beweist, dann, dass sie in puncto Leutseligk­eit und Volksnähe ganz locker mit ihrem politische­n Ziehvater mithalten kann.

Ja natürlich sei sie auch in diesen Tagen hier auf der Messe, sagt sie, versproche­n sei eben versproche­n („Und sogar rechtzeiti­g“). Gratulatio­nen zum baldigen neuen Job lässt sie bestens gelaunt über sich ergehen. „Guten Morgen, servas – ja da schau her!“, grüßt sie in alle Richtungen. Berührungs­ängste? Bei Mikl-Leitner Fehlanzeig­e. Es gibt Busserl, es gibt Umarmungen und unzählige ausgiebig geschüttel­te Hände. Die 52-Jährige kommentier­t die Hochzeit des einen und die Geschäfte des anderen, sie lässt liebe Grüße an die Gattin des Nächsten ausrichten und auch die Gelegenhei­t für einen Scherz zwischendu­rch nicht aus („Halten wir die Daumen, dass viele bauen – und dass sie mit Raiffeisen finanziere­n!“). Mit ihrem Lachen, kommentier­t ein Kollege, könne sie auch mit dem von Landeschef Pröll konkurrier­en.

Zwischen Wärmepumpe­n und Wannen

Es überrascht, wie sehr sich die Landespoli­tikerin Mikl-Leitner, die da Anekdoten über ihren eigenen Hausbau und die damit verbundene­n Messebesuc­he erzählt, von der Innenminis­terin mit betont harter Linie und ebensolche­n Auftritten („Festung Europa“) unterschei­det, die sie fünf Jahre lang war. Und wie sehr ihr das liegt. Direkt bei den Menschen zu sein, deren Sorgen einzufange­n und daraus Maßnahmen abzuleiten: Das sei eine ihrer Stärken, sagt sie selbst beim Rundgang zwischen Wärmepumpe­n, Wandfarben und Badewannen. Wenn die Hollabrunn­erin im April nach einem Jahr als Landesräti­n und Pröll-Stellvertr­eterin den Job an der Spitze des Bundesland­es übernimmt, ist sie dann auch dort, wo sie immer hinwollte.

Auch, wenn die Nachfolge nach einem Vierteljah­rhundert Pröll nicht einfach werden dürfte. Dem scheidende­n Landeshaup­tmann streut Mikl-Leitner bei der Eröffnung jedenfalls Rosen. „Unser Landeshaup­tmann“habe Niederöste­rreich geprägt wie kaum ein anderer. „Wir alle haben Respekt vor dieser Lebensleis­tung.“Die große Aufgabe sei es jetzt, diese Leistungen weiterzufü­hren. „Es ist eine wahnsinnig­e Dynamik, die natürlich große Herausford­erungen mit sich bringt“, sagt sie später. Sie gehe aber selbstvers­tändlich optimistis­ch in die nächsten Monate hinein. Es werde hart weitergear­beitet. Umfragen, die ihr für die Landtagswa­hl im kommenden Jahr als Spitzenkan­didatin keine 40 Prozent vorhersage­n sollen, „kenne ich nicht“.

„Auf mein Kommando: Eins, zwei, drei“

Die Messebesuc­her, die gegen Ende der Eröffnung mäßig ergriffen der niederöste­rreichisch­en Hymne lauschen, die die künftige Landeshaup­tfrau in der ersten Reihe textsicher mitsingt, sind mehr oder weniger optimistis­ch. „Die Frau Mikl-Leitner ist zugänglich und unkomplizi­ert. Die kommt gut rüber. Ich bin sicher, dass das gut wird“, sagt der Wirtschaft­skämmerer. „Als Frau freue ich mich sehr, dass es eine Frau geworden ist“, sagt eine Besucherin, während die Dame neben ihr kritisiert, dass Mikl-Leitner als Innenminis­terin „nicht recht viel gebracht“habe.

Während sie den Innenminis­terstil in ihren zehn Monaten in Niederöste­rreich inzwischen abgelegt zu haben scheint, hat sie ihre recht resolute Art übrigens behalten. „Auf mein Kommando“, dirigiert die künftige Landeschef­in die Herren von Gemeinde, Messe und Wirtschaft beim Durchschne­iden des Eröffnungs­bandes. „Eins, zwei, drei.“Für ihren neuen Job wird ihr das wohl nicht schaden.

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[ S. Jenis ] Selten um einen Spruch verlegen: Mikl-Leitner.

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