Jubiläum mit Anna und Pl´acido
Musikverein. Die Philharmoniker feierten auf ihrem Ball ihr 175-Jahr-Jubiläum. Mit Opernweltstars, Frackzwang, ein bisschen Hip-Hop – aber kaum Politik.
Für manche, wie den Wiener Bürgermeister und Stammgast Michael Häupl, war es offenbar keine gute Zeit, um zu tanzen. Andere zeigten sich sehr wohl auf dem Philharmonikerball: Nicht-mehr-Stadträtin Sonja Wehsely erschien an der Seite ihres Mannes, Andreas Schieder, und zwar durchaus entspannt. Sonst hatte, abgesehen von SP-Kulturminister Thomas Drozda, Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny und VP-Staatssekretär Harald Mahrer, die Politik ziemlich ausgelassen. Was auch nicht viel macht. Wenn sich Placido´ Domingo und Juan Diego Florez´ unter die Gäste mischen und Anna Netrebko den Pelz auspackt und die weiße Kutsche mietet – dann ist Philharmonikerball. Wobei Letzteres nicht stellvertretend für den Stil des Balles stehen sollte.
Der präsentierte sich heuer allenfalls noch eine Spur eleganter als sonst. Erstmals galt wie berichtet Frackzwang. Schon bisher waren Smokings selten gewesen, vereinzelt sah man sie auch diesmal noch. Deren Träger habe man auf die neue Kleiderordnung aufmerksam gemacht, hieß es seitens der Organisatoren. Erst im nächsten Jahr gebe es dann ohne Frack keinen Durchlass mehr. Ausnahmen gab es auch für zwei Herren in heimischer Tracht und schottischem Quilt.
Heinz Fischer als neuer Patron
Neben dem Ballkomitee (Rotraud Konrad, Madeleine Rohla-Strauss, Rudolf Hundstorfer und Dominique Meyer) waren etwa Alexander Pereira, Michael Schade, Rudolf und Agi Buchbinder, Dagmar Koller, Marcel Koller, Josef Pröll und die scheidende US-Botschafterin, Alexa Wesner, gekommen. Feierlich mit eingezogen war, eine Woche vor der Angelobung von Alexander Van der Bellen, auch Heinz Fischer: als Privatmann – und in neuer Funktion. Er wurde bei der Voraufführung des Neujahrskonzerts zum ersten und einzigen Patron der Wiener Philharmoniker ernannt. An Fischers Arm: Maria Großbauer, die nun quasi auf zwei glanzvollen Bällen Hausherrin ist, auf dem Opernball als Organisatorin, im Musikverein als Frau von Philharmonikerchef Andreas Großbauer (der selbst bis 2014 den Philharmonikerball organisierte).
Heuer hatte das Orchester auf dem Ball sein großes Jubiläum zu feiern. Vor 175 Jahren wurde es von Otto Nicolai gegründet – er wurde mit seiner Ouvertüre zu den „Lustigen Weibern von Windsor“geehrt, und sein Porträt hing groß im Schulgang des Gebäudes, der mithilfe von Porr zum neu gestalteten „Spiegelsaal“wurde. Eine Fotoausstellung dokumentierte dort die Geschichte des Orchesters. Gleichzeitig gab man sich zukunftsbewusst. So spielte im Makart-Atelier das Salonorchester des Musikgymnasiums Wien, das unter der Patronanz des Orchesters steht. Und in der Disco gehörten 20 Minuten afghanischen Jugendlichen: Ballspenden aus dem Vorjahr haben ihnen ein Tonstudio im Flüchtlingsheim finanziert. Sie schilderten zur Musik ihre persönliche Geschichte – allerdings auf Farsi, und auch an den Hip-Hop muss sich das Publikum wohl erst noch gewöhnen.