Die Presse

Nd der wackelige Petrodolla­r

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das für den Dollar bedeuten, der als Weltleitwä­hrung ja immerhin so etwas wie das Betriebssy­stem der Welt darstellt?

Wie hat Kerry es ausgedrück­t? „Das brodelt ohnehin schon unter der Oberfläche.“Und er hat recht. Das aktuelle Geldsystem mit dem Dollar als alleiniges Zentrum steht tatsächlic­h unter Beschuss. Bisher hat es sich allerdings als äußerst widerstand­sfähig erwiesen. Das ist ein wichtiger Punkt.

Trotz allem Säbelrasse­ln: Niemand hat ein Interesse an Chaos im System. Wir haben nur dieses eine. Bis jetzt zumindest. Anders als sein Vorgänger, die Währungs- ordnung von Bretton Woods, basiert das aktuelle Geldsystem nicht auf einem internatio­nalen Vertragswe­rk, das von zig Staaten in mühsamer Kleinarbei­t ausgehande­lt wurde. Unser heutiges System fußt auf einem genialen Schachzug der Herren Richard Nixon und Henry Kissinger. Nachdem Präsident Nixon 1971 die Goldbindun­g des Dollars aufgehoben hatte, um den Abfluss von Goldbarren aus den Staaten zu stoppen, hat man einen anderen Deal im Nahen Osten geschlosse­n.

„Die Saudis haben eingewilli­gt, ihr Öl ausschließ­lich gegen USDollars zu verkaufen und die überschüss­igen Dollars wieder in USStaatsan­leihen zu investiere­n“, er- klärt Grant Williams in seinem neuesten Newsletter. Der ehemalige Banker schreibt seit 2009 einen der meistgeles­enen Finanzlett­er: „Things that make you go hmmm.“

„Im Gegenzug würden die USA Saudiarabi­en mit Waffen versorgen und eine Sicherheit­sgarantie ausstellen für die Saudis. Die leben ja, das muss man zugeben, in einer ziemlich schwierige­n Nachbarsch­aft. Dieser Deal hat das Petrodolla­r-System geboren.“Über die Jahrzehnte haben die Zentralban­ken rund um die Welt gewaltige Berge an Dollars angehäuft, weil sie diese ja für den Ölhandel brauchten. Und Öl ist immer noch nicht wegzudenke­n aus der globalen Wirtschaft. Der Petrodolla­r wuchs sich rasch zu einem weltweit akzeptiert­en Standard aus. Aber dieses System hat Risse. Und trotz Kerrys Beteuerung­en hat der Iran-Deal nicht wirklich geholfen.

Das Regime in Teheran denkt gar nicht daran, sein Öl für Dollars zu verkaufen. Der iranische Zentralban­kchef Walliollah Sejf hat dies im September der „Presse“bestätigt: „Der Euro ist unsere wichtigste Handelswäh­rung, weil wir in US-Dollar nicht handeln.“Die zweitwicht­igste Währung für den Ölproduzen­ten ist der chinesisch­e Renminbi. Mit Peking handelt man auch ohne Dollar.

Das bedeute auch, dass China nicht mehr so stark auf seine Dollarrese­rven angewiesen ist. Und siehe da: Bereits im November 2013 hat die chinesisch­e Zentralban­k ein Signal ausgesende­t. „Es ist nicht mehr zu Chinas Vorteil, ausländisc­he Währungsre­serven zu akkumulier­en. Kurze Zeit später hat China angefangen, seine Dollarrese­rven aktiv abzuverkau­fen. Gleiches geschieht in Saudiarabi­en. Liegt der Peak für die Anhäufung von Dollarrese­rven bereits hinter uns?

Selbst in Amerika hat inzwischen mancherort­s ein Umdenken eingesetzt. So hat der US-Ökonom Jared Bernstein schon vor zwei Jahren gefordert, den Dollar vom Thron zu stoßen: „Was früher ein Privileg war, ist heute eine Bürde, die das Jobwachstu­m untergräbt, die Budget- und Handelsdef­izite aufbläst und Finanzblas­en erzeugt. Um die US-Wirtschaft wieder auf den richtigen Pfad zu bringen, muss die Regierung ihr Ziel aufgeben, den Reservewäh­rungsstatu­s des Dollars aufrecht zu erhalten.“Bernstein ist nicht irgendwer. Bis 2011 war er ein ökonomisch­er Berater des Weißen Hauses.

Manche von Trumps Ideen passen zur Argumentat­ion von Bernstein. Etwa das Verspreche­n, Jobs ins Land zurückzuho­len. Gleichzeit­ig ist ausgerechn­et Henry Kissinger wieder aufgetauch­t. Er will zwischen Trump und dem russischen Präsidente­n Vladimir Putin vermitteln. Die Frage ist nur: Geht es ihm um die Wiederbele­bung des Petrodolla­r? Oder um dessen geordnete Demontage?

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