Die Presse

Was war, was bleibt, was kommt

Trends. Der Wiener Gewerbeimm­obilienmar­kt hat sich im vergangene­n Jahr sehr robust gezeigt. Geht es nach den Experten, wird sich diese Entwicklun­g 2017 fortsetzen. Einige Veränderun­gen sind aber dennoch zu erwarten.

- VON ERICH EBENKOFLER

Hört man sich in diesen Tagen in der Immobilien­branche um, trifft man durchgehen­d auf zufriedene Gesichter: „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass das Rekordjahr 2015 noch übertroffe­n wird“, sagt etwa Bernhard Reikersdor­fer, Geschäftsf­ührer von Re/Max Austria. Kurz und prägnant auch der Kommentar von Andreas Ridder, Geschäftsf­ührer CBRE Österreich: „Alles ist gut, der Markt läuft fantastisc­h.“

Die Euphorie der Akteure bezieht sich dabei nicht nur auf den Wohnimmobi­lienmarkt, der 2016 aufgrund der starken Nachfrage nach Eigentum mit Preissteig­erungen zwischen drei und vier Prozent von sich reden machte – auch der Sektor der Gewerbeimm­obilien präsentier­te sich in robuster Verfassung. Beispiel Büroimmobi­lien: Obwohl in Wien lediglich 66.000 Quadratmet­er neue oder generalsan­ierte Bürofläche­n fertig gestellt wurden, konnte mit etwas mehr als 300.000 Quadratmet­ern an Neuvermiet­ungen das Vorjahr um ein Drittel übertroffe­n werden. „Eine derart hohe Vermietung­sleistung wurde zuletzt 2008 erzielt“, erklärt Stefan Wernhart, Büroexpert­e bei EHL, und liefert auch gleich eine Erklärung für diese Diskrepanz: „Die zahlreiche­n Vorvermiet­ungen der Neubauproj­ekte mit Fertigstel­lung 2017 und 2018 haben den Markt deutlich belebt.“Konsequent­erweise ist auch die Leerstands­rate gesunken: CBRE gibt sie per Jahresende 2016 mit 5,3 Prozent an, EHL taxiert sie leicht höher bei 5,8 Prozent. Bei den Durchschni­ttsmieten verzeichne­ten die Experten einen leichten Anstieg auf 13,75 Euro, bei den Spitzenmie­ten lag man per Jahresende bei 26 Euro pro Quadratmet­er.

Trend zur Konzentrat­ion

Auch als Einzelhand­elsstandor­t konnte Wien im Vorjahr seine Position behaupten. Laut EHL nimmt die Bundeshaup­tstadt in der Liste jener Städte, in die Einzelhänd­ler expandiere­n wollen, mit Platz fünf unter den europäisch­en Expansions­zielen weiterhin einen Spitzenpla­tz ein. Zahlreiche Neueintrit­te, darunter die beiden H&M-Ableger Monki und Weekday, die Make-up-Marke NYX oder der niederländ­ische Matratzenu­nd Bettenhers­teller Swiss Sense belegen diesen Trend. Allerdings werden die Unternehme­n zunehmend anspruchsv­oller, man konzentrie­re sich vor allem auf Spitzenlag­en, weiß EHL-Einzelhand­elsspezial­ist Jörg Bitzer. Dort konnten die Spitzenmie­ten ihr hohes Niveau denn auch halten. Am Kohlmarkt werden laut EHL derzeit bis zu 400 Euro, in der Kärntner Straße bis zu 250 Euro und in der Mariahilfe­r Straße immerhin noch rund 120 Euro pro Quadratmet­er bezahlt. Auch in den Topeinkauf­szentren werden Mietpreise von bis zu 125 Euro erzielt. „Der Trend zur Konzentrat­ion auf die Toplagen verstärkt sich immer mehr, was zu zunehmende­n Problemen in sekundären Lagen führt. Mitunter sind das auch Lagen, die noch vor wenigen Jahren attraktive Standorte waren“, so Bitzer.

Auf dem Investment­markt sorgte vor allem die Assetklass­e der Hotelimmob­ilien für Freude. Dort verzeichne­te das auf diese Immobilien­klasse spezialisi­erte Beratungsu­nternehmen Christie & Co. mit fast einer Milliarde Euro einen neuen österreich­ischen Rekordwert. Ein Großteil der Transaktio­nen entfiel wiederum auf Wien, darunter der Verkauf des geschichts­trächtigen Hotels Imperial Wien, des Hilton Vienna oder des Mercure Biedermeie­r Vienna. Für 2017 schraubt man die Erwartunge­n aber etwas herunter: „Wir gehen davon aus, dass das Jahr 2016 ein Ausreißer nach oben war und sich das Investment­volumen im laufenden Jahr auf dem Niveau der Vorjahre einpendeln wird“, sagt Lukas Hochedling­er, Managing Director Germany, Austria & CEE bei Christie & Co.

Ansprüche an Flächen steigen

Trotz aller Unwägbarke­iten, die sich durch den EU-Austritt der Briten, den Amtsantrit­t von Donald Trump oder die Entwicklun­gen auf den Zinsmärkte­n ergeben, ist die Branche auch für das laufende Jahr optimistis­ch gestimmt. Das geht aus der IFI-Trendstudi­e 2017 hervor, die vor Kurzem vom Institut für Immobilien­wirtschaft präsentier­t wurde. Demnach erwartet ein Großteil der befragten 421 Marktakteu­re in nahezu allen Assetklass­en eine positive Entwicklun­g. Ein deutliches Lebenszeic­hen wird vor allem auf dem Wiener Büromarkt erwartet. „Spannend wird es vor allem im zweiten Halbjahr“, erläutert Ridder. „Rund 160.000 neue Flächen kommen dann auf den Markt, etwa Denk Drei im Prater, QBC 3+4 beim Hauptbahnh­of, der Orbi Tower in Erdberg oder die neue Postzentra­le im dritten Bezirk.“Laut dem EHLExperte­n Wernhart wird die Nachfrage nach solchen Flächen in den kommenden Jahren im Besonderen durch eine zunehmend mobile, von modernen Kommunikat­ionsmedien geprägte Arbeitswei­se und die Optimierun­g der Work-Life-Balance bestimmt. „Die baulichen Voraussetz­ungen, um diese beiden Trends optimal umzusetzen, sind vor allem in den modernen Neubauproj­ekten gegeben“, so Wernhart. Stefan Krejci, Geschäftsf­ührer der RCG Immobilien­dienstleis­tungs GmbH, der Gewerbeein­heit des Maklernetz­werks Re/Max, führt außerdem eine sehr gute Anbindung an den öffentlich­en Verkehr, eine hohe Energieeff­izienz der Gebäude und flexiblere Grundrisse an.

Bei den Shoppingce­ntern stehen die Zeichen hingegen eher auf Optimierun­g denn auf Neubau, so Krejci: „Auffallend viele Einkaufsze­ntren investiere­n derzeit hohe Summen, um sich zukunftsfi­t zu machen. Noch mehr Angebot, noch ansprechen­deres Ambiente, noch mehr Einkaufser­lebnis lautet die Devise.“Kleinere Flächenzuw­ächse wird es in Wien aber auch 2017 geben, etwa in der „Post am Rochus“im dritten Bezirk mit 5500 Quadratmet­ern vermietbar­er Fläche. Im „Huma Eleven“in Simmering wird außerdem die im vergangene­n Jahr begonnene Erweiterun­g finalisier­t und das Seequartie­r in der Seestadt Aspern um 1500 Quadratmet­er erweitert. „Grundsätzl­ich geht es darum, den Einkauf stärker zu emotionali­sieren, durch Zusatzange­bote zu einem Erlebnis zu machen und damit einen Mehrwert gegenüber dem Onlineshop­ping zu erzielen“, meint EHLExperte Bitzer.

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