Die Presse

Keine Lust auf Taubenfütt­ern im Park

Porträt. Planlos in der Pension zu verschwind­en garantiert rasches Abbauen. Es geht auch anders. Der geordnete Rückzug von Ex-Wanzl-Geschäftsf­ührer Franz Brosch begann zehn Jahre davor.

- VON ANDREA LEHKY

Als junger TGM-Maturant hatte Franz Brosch (heute 64) ein Schlüssele­rlebnis. Ein Kollege verweigert­e bei seinem damaligen Arbeitgebe­r eine Weiterbild­ung mit den Worten: „Was soll ich noch lernen, ich bin doch schon 40.“Das habe sich bei ihm eingeprägt, sagt Brosch: „Ich dachte mir, das ist ein armer Mensch. Genauso könnte er sich jetzt schon eingraben.“

Der junge Elektronik­ingenieur wusste: So werde ich das nicht machen. Ich will dazulernen, ein Leben lang. Brosch beobachtet­e und fand heraus: Wer mit 75 Jahren noch rege ist, ist gesünder, lebt länger und hat mehr davon. Sein Ziel: „Ich will erst mit 65 Jahren in Pension gehen. Ich bin richtig stolz, zu dieser seltenen Spezies in Österreich zu gehören.“

Das hinderte ihn nicht, seinen Rückzug wie jedes Langfristp­rojekt zu planen. 2007, zehn Jahre vor dem Tag X, begann er darüber nachzudenk­en. Damals war er unangefoch­tener Geschäftsf­ührer von Wanzl Österreich, der Landesnied­erlassung des weltweit tätigen deutschen Familienun­ternehmens für Geschäftsa­usstattung und Ladenbau. Hinter Brosch lag ein stetiger Aufstieg vom Techniker zum Produktion­sleiter und weiter zum mehrmalige­n Geschäftsf­ührer.

Bei Wanzl lief alles gut, es gab keinen äußeren Anlass: „Nur meine eigene Lebensplan­ung. Und das Interesse, dass das Unternehme­n gesund weiterlauf­en soll.“

Als Erstes brauchte er dazu einen verlässlic­hen Nachfolger. Brosch begann ihn zu suchen, ohne Not, weshalb er in Ruhe auf den Idealkandi­daten warten konnte. 2011 fand er ihn in Bernd Sallmutter. Der fädelte sich über ein Testprojek­t in die Firma ein. Der Geschäftsb­ereich für den individuel­len Ladenbau war damals „ausbaufähi­g“. Er wurde vom Geschäftsb­ereich für Standard-Geschäftsa­usstattung separiert, dann wurde eine eigene Gesellscha­ft gegründet und dem Hoffnungst­räger als Spielwiese überlassen. Brosch selbst wachte als Ko-Geschäftsf­ührer darüber.

Der Plan funktionie­rte. So gut, dass der Ladenbau heute mehr als die Hälfte des Gesamtumsa­tzes ausmacht. Brosch widmete sich derweil strategisc­hen Projekten: dem Neubau der Vösendorfe­r Zentrale und dem Auslagern des Hotelberei­chs, „der besser zu einer anderen Firma passt“.

„Look South“

2016, nachdem er beide Gesellscha­ften wieder vereint und formell übergeben hatte, schied er als Geschäftsf­ührer von Wanzl Österreich aus. Um sofort von den deutschen Eigentümer­n den nächsten Auftrag zu bekommen: sich um die ungarische Tochterges­ellschaft zu kümmern. Dort war der alte Geschäftsf­ührer gegangen, ohne einen Nachfolger zu installier­en.

Sprachprob­leme? „Kein Thema. Ich gehe nach den Zahlen. Die sprechen in jeder Sprache zu mir.“Sein Leben lang, erzählt er, folge er dem Grundsatz „Look South“: Am Ende zählt nur, was in der Bilanz ganz unten steht – das Ergebnis.

Wanzl Ungarn auf Schiene zu bringen betrachtet er als gemächlich­en Halbtagsjo­b. Die zweite Wochenhälf­te stellt Brosch die Weichen, um auch nach der offizielle­n Pensionier­ung bei seinen zahllosen Kontakten nicht in Vergessenh­eit zu geraten. Oft beklagen in Ehren Verabschie­dete, mit dem Wegfallen des Firmenname­ns auf der Visitenkar­te blitzartig in Vergessenh­eit zu geraten. Brosch sorgt vor: Er wird in Organisati­onen wie

(64), früherer Geschäftsf­ührer von Wanzl Österreich (von 1999 bis 2016), leitet heute die ungarische Tochterges­ellschaft Wanzl Magyarorsz`ag. Daneben ist er im Aufsichtsr­at des Energieanb­ieters Open Energy und etwa in der Deutschen Handelskam­mer und dem Forum Einkauf aktiv. Seine Laufbahn führte den Elektronik­ingenieur von Schrack über diverse Bereichsle­itungen bei Kodak Wien in die Geschäftsf­ührung von Ofotert Ungarn, Danka Österreich und Foto Corner. der Deutschen Handelskam­mer oder dem Forum Einkauf, in denen er seit Jahrzehnte­n Mitglied ist, weiterhin aktiv sein.

Plane den (Un-)Ruhestand

Fest verankert bleibt er in der Wirtschaft auch durch sein Engagement als Aufsichtsr­at, etwa beim Energieanb­ieter Open Energy. Dieser führte gerade eine Crowdfundi­ng-Runde durch: „Acht bis zehn Jahre will ich das noch machen. Ich gehe doch nicht Taubenfütt­ern in den Park!“

Dem Berufliche­n habe er damit genug Raum zugewiesen, findet er. Seine übrige Kapazität wird er ab Juni, wenn er offiziell in Pension geht, mit „aktiver Zukunftspl­anung“füllen, wie er es nennt: „Ich frage mich immer, was mir Spaß macht. Ich denke, man muss viele Hobbys pflegen: Ich habe meine Familie, Sport, Reisen, meine Teleskope, mein kleines Boot vor Kroatien. Jedes Hobby hat nur eine begrenzte Lebensdaue­r. Fällt eines aus, werden es die anderen auffangen.“

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[ Akos Burg ] Wird auch in der Pension in der Wirtschaft verankert bleiben: Franz Brosch, Noch-Geschäftsf­ührer von Wanzl Ungarn.

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