Die Presse

Der Präsident muss auf Minister warten

Regierung. Die Bestätigun­g der designiert­en Minister im Senat verzögert sich. Es könnte noch Wochen dauern, bis Trumps Kabinett vollständi­g ist. Die neue Administra­tion muss sogar auf Beamte Obamas zurückgrei­fen.

-

Washington. Donald Trump ist für maximales Eigenlob bekannt; es gibt kaum einen selbstverh­errlichend­en Superlativ, den er noch nicht für sich oder seine Getreuen in Anspruch genommen hätte. Am Vorabend seiner Vereidigun­g ließ der designiert­e US-Präsident dann aber doch noch einmal aufhorchen: Sein Kabinett, erklärte er einer erstaunten Zuhörersch­aft bei einem Essen in seinem neuen Hotel in Washington, „hat den höchsten IQ, den ein Kabinett jemals hatte“.

Dies war freilich eine etwas frühzeitig vorgenomme­ne Einschätzu­ng, denn, genau genommen, hat Trump noch gar kein Kabinett. Im Gegenteil: Es sieht so aus, als ob die Regierungs­bildung in der Ära Trump so lange dauern könnte wie seit George Bush 1989 nicht mehr. Dieser hatte erst im März, Wochen nach der Vereidigun­g, vom Senat grünes Licht für einige Minister erhalten.

Als Trump am Freitag in Washington seinen Amtseid sprach, hatte der Senat noch keinen einzigen seiner 15 Minister bestätigt, und keinen einzigen von sechs weiteren Top- Posten, die eine Zustimmung brauchen. Lediglich zwei designiert­e Minister – die kaum umstritten­en Kandidaten für Verteidigu­ng und Heimatschu­tz, General James Mattis und John Kelly – hatten das Einverstän­dnis vom zuständige­n Senatsauss­chuss erhalten.

Ein Übergangsa­ußenminist­er

Peinlicher noch: Um keine gefährlich­en Schwachste­llen zu schaffen, muss das Team von Trump im Außenminis­terium und bei der nationalen Sicherheit auf rund 50 Beamte der Obama-Administra­tion zurückgrei­fen, wie Trump-Sprecher Sean Spicer ankündigt. Der Karrieredi­plomat und bisherige Staatssekr­etär Thomas Shannon Jr. soll nun als Übergangsa­ußenminist­er dienen, bis Trumps Kandidat, der ehemalige Ölmanager und Politikneu­ling Rex Tillerson, vom Senat bestätigt wird.

Aus Trumps Team verlautete, man hoffe, noch am Freitag grünes Licht für sieben Ernennunge­n zu bekommen – eine Zielmarke, die allerdings als wenig realistisc­h galt. Der Fraktionsc­hef der Demokraten, Chuck Schumer hatte im Vorfeld der Vereidigun­g angekündig­t, am Freitag nur zwei Kandidaten durchwinke­n zu wollen: Mattis und Kelly. Hinter den Kulissen wurde deshalb heftig verhandelt. Als vergleichs­weise unstrittig­e Kandidaten galten außerdem der designiert­e CIA-Chef Mike Pompeo, die zukünftige Transportm­inisterin Elaine Chao oder Ben Carson für das Wohnungsba­u-Ressort.

Kaum einer in Washington zweifelt daran, dass der Senat Trumps Auserwählt­e letztendli­ch absegnen wird. Der Prozess könnte sich aber noch gewaltig verzögern, vor allem bei besonders kontrovers­en Kandidaten wie Tillerson und dem künftigen Justizmini­ster Jeff Sessions. Andere designiert­e Minister wie der (ebenfalls umstritten­e) Obamacare-Gegner Tom Price für das Gesundheit­sministeri­um warten noch auf ihre erste Anhörung. Und erst am Donnerstag hatte sich Trump mit dem Ex-Gouverneur von Georgia, Sonny Perdue, für seinen neuen Landwirtsc­haftsminis­ter entschiede­n. (raa)

 ?? [ AFP ] ??
[ AFP ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria