Die Presse

Nun misst die Börse Trumps Erfolg

USA. Die Stunde der Wahrheit hat geschlagen. Mit Trumps Amtsantrit­t startet eine neue Phase für US-Aktien.

- VON EDUARD STEINER [ iStockphot­o ]

Mit dem Antritt von Donald Trump beginnt eine neue Phase für die USAktien.

Wien. Auf jede Euphorie folgt gemeinhin eine Ernüchteru­ng. Und so war es auch nur eine Frage der Zeit, bis sich die gute Stimmung auf den weltweiten und speziell den US-Aktienmärk­ten seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidente­n relativier­en würde.

Spätestens zu Beginn der Vorwoche war es so weit, und die Volatilitä­t hat zugenommen. Auslöser war abermals Trump selbst. In seinen ersten Interviews für europäisch­e Zeitungen wiederholt­e er manche Versatzstü­cke früherer Reden und legte gleich noch nach – unter anderem mit seinen Attacken auf europäisch­e Werte. Dazu kam seine Sympathie für den Austritt der Briten aus der EU. Schließlic­h die neuerliche Androhung eines Handelskri­eges. Wie sehr die Welt Kopf steht, wurde dann am Dienstag klar, als sich just der chinesisch­e Präsident, Xi Jinping, auf dem Wirtschaft­sforum in Davos zum Verteidige­r von Globalisie­rung und freiem Handel aufschwang.

Angst vor Politikfeh­lern

Es hätte Trumps Interviews gar nicht unbedingt bedurft. Auch so begann sich die Euphorie für USAktien nach Wochen der Hochstimmu­ng etwas zu verflüchti­gen, während das Interesse an sicheren Staatsanle­ihen zurückkam. Eine Umfrage der Bank of America Merrill Lynch unter Fondsmanag­ern brachte überdies zutage, dass nach der vorjährige­n Umschichtu­ng weltweiter Bargeldvor­räte in USAktien nun die Bargeldvor­räte im Schnitt von 4,8 auf 5,1 Prozent wieder gestiegen sind. Außerdem nahm die Beliebthei­t von europäisch­en Aktien und Immobilien-Investitio­nen wieder zu. Gewiss, es herrscht kein Pessimismu­s in Sachen globalen Wirtschaft­swachstums, und doch fürchten 24 Prozent der Befragten Fehler bei der US-Politik und 29 Prozent einen Handelskri­eg. Mehr als ein Fünftel hält den Dollar, der 2016 um 20 Prozent aufgewerte­t hat, für überbewert­et.

Ist der Trump-Effekt also passe´ und so der Faktor Politik, der sich 2016 an der Börse mit aller Wucht zurückgeme­ldet hat, wieder vorbei? Mitnichten, zumal Trump durch die republikan­ische Mehrheit im Kongress mehr Umsetzungs­spielraum hat als sein Vorgänger.

Stunde der Wahrheit

Vor diesem Hintergrun­d ändert sich mit der Amtseinfüh­rung Trumps in jedem Fall Zentrales: Nach den bisherigen Ankündigun­gen und Androhunge­n muss der Präsident jetzt Farbe bekennen – und sich entscheide­n, ob er so heiß isst, wie er kocht.

Die ersten 100 Tage werden entscheide­nd, um die Agenda für die kommenden vier Jahre zu setzen, so die Analysten der UBS. Für Anleger außerhalb der USA heißt dies vorerst vor allem, die Dynamik des Dollars im Auge zu behalten, der durch die erwarteten Zinsanhe-

bungen der US-Notenbank noch an Stärke zulegen dürfte. Dazu beitragen würde, wenn es Trump gelingt, die avisierten Infrastruk­turausgabe­n durchzuset­zen und einige aufsichtsr­echtliche Bestimmung­en zurückzufa­hren, schreibt die US-Bank Goldman Sachs: Vor diesem Hintergrun­d empfiehlt Goldman Sachs Aktien jener Firmen, die einen hohen Anteil ihres Umsatzes in den USA erzielen. Die UBS-Analysten sind hingegen gerade in Sachen Infrastruk­turinvesti­tionen vorsichtig­er: Ihr realer Effekt werde sich erst ab 2018 einzustell­en beginnen, die Tatsache, dass sie angekündig­t sind, sei zuletzt an der Börse eingepreis­t worden.

Steuern runter, Löhne rauf ?

Neben der Dollarstär­ke hat Goldman Sachs zwei weitere große Themenbere­iche identifizi­ert, die die US-Aktienland­schaft heuer prägen dürften. Auch sie sind davon ab-

hängig, welche Schritte Trump tatsächlic­h setzen wird.

Das eine wäre die mögliche Reform der Unternehme­nssteuern, was besonders für Branchen mit tendenziel­l höheren Steuersätz­en relevant sei. Dazu zählen etwa Einzelhänd­ler, Energieerz­euger und die Hersteller von Konsumgüte­rn. Das andere bestimmend­e Thema werden stärkere Lohnzuwäch­se sein, was freilich Firmen unter Druck bringen könnte.

Schwache Aussichten

Unter dem Strich prognostiz­iert Goldman für die kommenden Jahre, dass sie für Investoren in US-Aktien nicht so erfreulich sein werden: In den ersten drei Monaten 2017 werde der S&P 500 auf 2400 Punkte anziehen. Doch für Jahresende wird ein Stand von lediglich 2300 Zählern erwartet – ergibt ein Plus von nur 2,3 Prozent.

Es geht noch pessimisti­scher: Amundi, Europas größter Vermögensv­erwalter, hält es für möglich, dass jene Anleger ihr blaues Wunder erleben, die in Erwartung von Konjunktur­impulsen durch Trump massiv in US-Aktien umgeschich­tet haben. Zusätzlich­e Staatsausg­aben und Steuererle­ichterunge­n müssten erst durch das Abgeordnet­enhaus, konjunktur­elle Anreize würden erst 2018 wirken.

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