Nun misst die Börse Trumps Erfolg
USA. Die Stunde der Wahrheit hat geschlagen. Mit Trumps Amtsantritt startet eine neue Phase für US-Aktien.
Mit dem Antritt von Donald Trump beginnt eine neue Phase für die USAktien.
Wien. Auf jede Euphorie folgt gemeinhin eine Ernüchterung. Und so war es auch nur eine Frage der Zeit, bis sich die gute Stimmung auf den weltweiten und speziell den US-Aktienmärkten seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten relativieren würde.
Spätestens zu Beginn der Vorwoche war es so weit, und die Volatilität hat zugenommen. Auslöser war abermals Trump selbst. In seinen ersten Interviews für europäische Zeitungen wiederholte er manche Versatzstücke früherer Reden und legte gleich noch nach – unter anderem mit seinen Attacken auf europäische Werte. Dazu kam seine Sympathie für den Austritt der Briten aus der EU. Schließlich die neuerliche Androhung eines Handelskrieges. Wie sehr die Welt Kopf steht, wurde dann am Dienstag klar, als sich just der chinesische Präsident, Xi Jinping, auf dem Wirtschaftsforum in Davos zum Verteidiger von Globalisierung und freiem Handel aufschwang.
Angst vor Politikfehlern
Es hätte Trumps Interviews gar nicht unbedingt bedurft. Auch so begann sich die Euphorie für USAktien nach Wochen der Hochstimmung etwas zu verflüchtigen, während das Interesse an sicheren Staatsanleihen zurückkam. Eine Umfrage der Bank of America Merrill Lynch unter Fondsmanagern brachte überdies zutage, dass nach der vorjährigen Umschichtung weltweiter Bargeldvorräte in USAktien nun die Bargeldvorräte im Schnitt von 4,8 auf 5,1 Prozent wieder gestiegen sind. Außerdem nahm die Beliebtheit von europäischen Aktien und Immobilien-Investitionen wieder zu. Gewiss, es herrscht kein Pessimismus in Sachen globalen Wirtschaftswachstums, und doch fürchten 24 Prozent der Befragten Fehler bei der US-Politik und 29 Prozent einen Handelskrieg. Mehr als ein Fünftel hält den Dollar, der 2016 um 20 Prozent aufgewertet hat, für überbewertet.
Ist der Trump-Effekt also passe´ und so der Faktor Politik, der sich 2016 an der Börse mit aller Wucht zurückgemeldet hat, wieder vorbei? Mitnichten, zumal Trump durch die republikanische Mehrheit im Kongress mehr Umsetzungsspielraum hat als sein Vorgänger.
Stunde der Wahrheit
Vor diesem Hintergrund ändert sich mit der Amtseinführung Trumps in jedem Fall Zentrales: Nach den bisherigen Ankündigungen und Androhungen muss der Präsident jetzt Farbe bekennen – und sich entscheiden, ob er so heiß isst, wie er kocht.
Die ersten 100 Tage werden entscheidend, um die Agenda für die kommenden vier Jahre zu setzen, so die Analysten der UBS. Für Anleger außerhalb der USA heißt dies vorerst vor allem, die Dynamik des Dollars im Auge zu behalten, der durch die erwarteten Zinsanhe-
bungen der US-Notenbank noch an Stärke zulegen dürfte. Dazu beitragen würde, wenn es Trump gelingt, die avisierten Infrastrukturausgaben durchzusetzen und einige aufsichtsrechtliche Bestimmungen zurückzufahren, schreibt die US-Bank Goldman Sachs: Vor diesem Hintergrund empfiehlt Goldman Sachs Aktien jener Firmen, die einen hohen Anteil ihres Umsatzes in den USA erzielen. Die UBS-Analysten sind hingegen gerade in Sachen Infrastrukturinvestitionen vorsichtiger: Ihr realer Effekt werde sich erst ab 2018 einzustellen beginnen, die Tatsache, dass sie angekündigt sind, sei zuletzt an der Börse eingepreist worden.
Steuern runter, Löhne rauf ?
Neben der Dollarstärke hat Goldman Sachs zwei weitere große Themenbereiche identifiziert, die die US-Aktienlandschaft heuer prägen dürften. Auch sie sind davon ab-
hängig, welche Schritte Trump tatsächlich setzen wird.
Das eine wäre die mögliche Reform der Unternehmenssteuern, was besonders für Branchen mit tendenziell höheren Steuersätzen relevant sei. Dazu zählen etwa Einzelhändler, Energieerzeuger und die Hersteller von Konsumgütern. Das andere bestimmende Thema werden stärkere Lohnzuwächse sein, was freilich Firmen unter Druck bringen könnte.
Schwache Aussichten
Unter dem Strich prognostiziert Goldman für die kommenden Jahre, dass sie für Investoren in US-Aktien nicht so erfreulich sein werden: In den ersten drei Monaten 2017 werde der S&P 500 auf 2400 Punkte anziehen. Doch für Jahresende wird ein Stand von lediglich 2300 Zählern erwartet – ergibt ein Plus von nur 2,3 Prozent.
Es geht noch pessimistischer: Amundi, Europas größter Vermögensverwalter, hält es für möglich, dass jene Anleger ihr blaues Wunder erleben, die in Erwartung von Konjunkturimpulsen durch Trump massiv in US-Aktien umgeschichtet haben. Zusätzliche Staatsausgaben und Steuererleichterungen müssten erst durch das Abgeordnetenhaus, konjunkturelle Anreize würden erst 2018 wirken.