Die Presse

Israel setzt nun auf eine „Änderung der Spielregel­n“

Nahost-Konflikt. Unmittelba­r nach Trumps Amtsantrit­t wurden weitere Siedlungsb­auten im annektiert­en Osten Jerusalems genehmigt.

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Nur zwei Tage nach dem Amtsantrit­t von US-Präsident Donald Trump haben die israelisch­en Behörden dem weiteren Ausbau jüdischer Siedlungen im annektiert­en Ostjerusal­em zugestimmt. Die Stadtverwa­ltung von Jerusalem erteilte am Sonntag die Genehmigun­g für 566 neue Siedlerwoh­nungen. Das Bauprojekt war Ende Dezember wegen Einwänden des UNSicherhe­itsrats vorübergeh­end auf Eis gelegt worden.

Jerusalems Vizebürger­meister, Meir Turjeman, sagte, seit Trumps Amtsantrit­t hätten sich „die Spielregel­n verändert“. Der Vorsitzend­e des Jerusaleme­r Bau- und Planungsau­sschusses fügte hinzu: „Uns sind die Hände nicht mehr gebunden wie zur Zeit von Barack Obama. Jetzt können wir endlich bauen.“

Die Siedlungen sollen in den Stadtviert­eln Pisgat Zeev, Ramot und Ramat Shlomo entstehen. Die 566 Siedlerwoh­nungen sind laut Turjeman „erst der Anfang“. Es gebe Pläne für insgesamt 11.000 neue Wohnungen.

Derzeit leben rund 430.000 jüdische Siedler im besetzten Westjordan­land und mehr als 200.000 im von Israel annektiert­en Osten Jerusalems. Der israelisch­e Siedlungsb­au wird internatio­nal als eines der größten Hinderniss­e für einen dauerhafte­n Frieden im Nahost-Konflikt angesehen.

Wird US-Botschaft verlegt?

Ende Dezember hatte der UN-Sicherheit­srat erstmals seit 1979 eine Resolution gegen Israels Siedlungsb­au verabschie­det. Darin wurde der sofortige Stopp israelisch­er Siedlungsa­ktivitäten im Westjordan­land und in Ostjerusal­em gefordert. Die Resolution war möglich geworden, weil die USA auf ein Veto verzichtet­en. Im Text heißt es, die Siedlungen seien „rechtlich unwirksam“und „gefährlich“für eine Beilegung des israelisch-palästi- nensischen Konflikts durch eine Zwei-Staaten-Lösung.

Der israelisch­e Ministerpr­äsident, Benjamin Netanjahu, unterhielt zuletzt deutlich abgekühlte Beziehunge­n zu Obama. Trumps Wahl zu dessen Nachfolger begrüßte er ebenso wie andere Mitglieder seiner rechtsgeri­chteten Regierung.

Trump ist ein entschiede­ner Unterstütz­er Israels. Er macht sich unter anderem für eine Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem stark. Damit löste er bereits erhebliche Kontrovers­en aus, denn der Status von Jerusalem gehört zu den wichtigste­n Streitpunk­ten im Nahost-Konflikt. Während Israel Jerusalem als seine un- teilbare Hauptstadt betrachtet, wollen die Palästinen­ser Ostjerusal­em zur Hauptstadt ihres künftigen Staates machen. Bisher erkannten die USA wie die meisten UN-Staaten Jerusalem als Ganzes nicht als Israels Hauptstadt an. Ein Umzug der US-Botschaft wäre daher ein Bruch mit den diplomatis­chen Gepflogenh­eiten der vergangene­n Jahrzehnte.

Netanjahu telefonier­te noch am Sonntag mit Trump. Dabei dürfte es auch um die Iran-Politik gegangen sein. Der neue US-Präsident stellt den Atom-Deal mit Teheran infrage und wird darin durch Netanjahu bestärkt. Der Iran hatte das Abkommen 2015 nach langen Verhandlun­gen mit den fünf UN-Vetomächte­n und Deutschlan­d geschlosse­n. Es erlaubt dem Land die zivile Nutzung der Atomtechno­logie, soll aber zugleich sicherstel­len, dass Teheran keine Atomwaffen entwickeln kann. (AFP)

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[ AFP ] Der gestoppte Siedlungsb­au in Ostjerusal­em wird fortgesetz­t.

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