Die Presse

„Die Vergangenh­eit wird immer auch verklärt“

Politikern­achfolge. 25 Jahre war Luis Durnwalder Landeshaup­tmann in Südtirol. Eine Amtszeit, die ähnlich lang dauerte wie jene von Erwin Pröll oder Michael Häupl. Wie ist es, der Nachfolger zu sein? Arno Kompatsche­r erzählt.

- VON IRIS BONAVIDA

Wien. Als Luis Durnwalder zum ersten Mal als Südtiroler Landeshaup­tmann angelobt wird, steht noch die Berliner Mauer. In Rom wird Giulio Andreotti zum Ministerpr­äsidenten vereidigt. Es ist März 1989. Als Durnwalder nicht mehr bei der Südtiroler Landtagswa­hl kandidiert, endet in Deutschlan­d gerade Angela Merkels zweite Amtszeit. In Rom wird in der Zwischenze­it bereits zum 15. Mal eine neue Regierung angelobt. Es ist der Oktober 2013.

Rund 25 Jahre lang regierte der nun 75-Jährige also über Südtirol. Im wahrsten Sinn des Wortes: Durnwalder selbst sagt über sich, er hätte wohl nicht den Nobelpreis für Demokratie für seinen Stil gewonnen. Gleichzeit­ig waren aber auch seine täglichen Sprechstun­den für alle Bürger um sechs Uhr morgens legendär. So oder so: Der Landesluis, wie er auch genannt wurde, war eine Marke.

Wenn sich Erwin Pröll im März von der Spitze der Landesregi­erung verabschie­det, wird er etwa gleich lang im Amt gewesen sein. Was bedeutet das für den jeweiligen Nachfolger? Wie geht man damit um, dass sich der junge Teil der Bevölkerun­g nur an den einen Landeschef erinnern kann?

Für beide Seiten schwierig

Johanna Mikl-Leitner hat in St. Pölten noch einige Wochen, sich dieser Frage zu stellen. In Südtirol hingegen hat sie Arno Kompatsche­r bereits beantworte­t: Der 45-Jährige ist immerhin seit gut drei Jahren Landeshaup­tmann. Die Nachfolge sei „eine Riesenhera­usforderun­g“– vor allem, „wenn der Vorgänger so stark mit der Rolle als Regierungs­chef identifizi­ert wird“. Es sei aber sicher genauso schwierig für denjenigen, der abtritt.

Die bessere Lösung sei für ihn jedenfalls, „nicht die billige Kopie des Originals zu sein“. Denn: „Man ist ja als Charakter unterschie­dlich, und auch die Zeiten ändern sich.“Überhaupt: „Egal, wie man es macht, verglichen wird man sowieso: Also ist es gleich besser, seinen eigenen Weg zu gehen.“

Was jedenfalls hinzukomme: „Die Vergangenh­eit wird immer auch verklärt.“Immer wieder würde man hören, dass früher die Dinge besser oder anders gewesen seien. „Aber damit muss man leben und umgehen.“Skurrilerw­eise würden laut Kompatsche­r nun genau jene Bereiche hervorgeho­ben, die bei Durnwalder früher zwar positiv, in manchen Fällen aber auch kritisch gesehen wurden: „Also sein gewohntes Bad in der Menge, die Sprechstun­den, die starke Präsenz, um nicht zu sagen Allgegenwä­rtigkeit.“Hier sei vom Nachfolger, also von ihm, oft gefordert worden, die Dinge anders zu machen. Jetzt werde er wiederum dafür von manchen Leuten kritisiert.

Kritik vom Vorgänger

Übrigens auch von Durnwalder selbst: Der Altlandesh­auptmann kommentier­te bereits die „mangelnde Volksnähe“seines Nachfolger­s. Ein „Ratschlag, manchmal auch ein unerbetene­r Ratschlag“sei in Tirol ja nicht ganz unbekannt, meint Kompatsche­r. Das kenne man klassische­rweise von der Hofübergab­e: „Der Hof wird mühsam aufgebaut, und dann wird kritisch beäugt, was der Junge daraus macht und verändert.“

Eines ist jedenfalls klar: Kompatsche­r wird nicht so lang wie sein Vorgänger im Amt sein. Zum einen, weil er es nicht will: „Sofern das dem Wählerwill­en entspricht, ist mein persönlich­er Horizont eine Amtszeit von zehn Jahren.“Zum anderen, weil er es gar nicht könnte: In wenigen Wochen soll eine Amtszeitbe­schränkung von drei Perioden beschlosse­n werden. „Ich persönlich tu mir schwer mit dem Gedanken, so lang den Job zu machen.“Aber politisch gesehen könne eine dritte Amtszeit unter gewissen Umständen klug sein. „Eine Frist von 15 Jahren erachte ich aber für sinnvoll.“

Dass Mikl-Leitner als Nachfolger­in aufgebaut wurde, während er sich einer (Kampf-)Abstimmung stellen musste, hätte seine Vorund Nachteile. „Aufgebaut zu werden ist nur in der Wechselpha­se hilfreich. Laufen lernen muss man dann aber sowieso selbst.

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[ Roland Mühlanger/picturedes­k.com ] Lange Zeit stand Arno Kompatsche­r (links) im Schatten von Langzeitla­ndeshauptm­ann Luis Durnwalder.

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