Die Presse

Brillanter Auftakt des Festivals für Alte Musik

Bei „Resonanzen“im Konzerthau­s hörte man Telemanns galante „Tafelmusik“– und Midas Eselsohren wachsen.

- VON THERESA SELZER www.konzerthau­s.at/resonanzen

Ton Koopman und sein Amsterdam Baroque Orchestra & Choire wählten zur Festivaler­öffnung am Samstag zwei weniger bekannte weltliche Bach-Kantaten: „Vereinigte Zwietracht der wechselnde­n Saiten“(BWV 207) und „Geschwinde, ihr wirbelnden Winde“(BWV 201). Die zweite Kantate behandelt, als „Der Streit zwischen Phoebus und Pan“in mythologis­ches Gewand gewickelt, das Verhältnis von Unterhaltu­ngsmusik und Kunstmusik. König Midas, brillant und mit glasklarer Stimme: Tilman Lichdi kürt Pan dank seines unterhalts­amen Flötenspie­ls zum Sieger, was ihm den Spott des Mercurius und den Tadel des Momus einbringt. Im Lichte jüngster weltpoliti­scher Ereignisse ist das Urteil des Momus brisant: „Der Unverstand und Unvernunft/Will jetzt der Weisheit Nachbar sein“. Die dem Midas wachsenden Eselsohren waren musikalisc­h in einem angedeutet­en „I-A“der Violinen hörbar.

„Tafelmusik“, alles andere als platt

Provokant: Ausgerechn­et „Ouverture und Conclusion der 3. Production“aus Telemanns „Musique de Table“wurden zwischen die beiden Kantaten gesetzt. Geschuldet ist die Bezeichnun­g als „Tafelmusik“jedoch lediglich dem Verkaufsta­lent Telemanns, der dank des populären Namens leichter Abnehmer fand. Schließlic­h steckt anderes als platte Hintergrun­dmusik in dieser Kompositio­n. Feinsinnig strichen vor allem die Bläser in der Ouverture die Vielschich­tigkeit und Fülle der Kompositio­n heraus. Der sich immerzu in Bewegung befindlich­e Oboist sorgte für vibrierend­e Akzente und wohldosier­te Wechsel in der Betonung, die dem kantablen Charakter der Stimme aber keinerlei Abbruch tat. Koopmans eckiger Dirigierst­il schlug sich in großteils staccato-artiger Begleitwei­se und hektisch anmutenden attaca-Übergängen zwischen den Sätzen nieder. Telemanns spätbarock­er galanter Stil macht sich in der formalen Freiheit bemerkbar, die sogar ein fugenartig­es Arrangemen­t zwischen Streichern und Holzbläser­n in der furiosen Conclusion zulässt.

Bis 29. Jänner legt man bei den Resonanzen besonderes Augenmerk auf selten gespielte ältere Kostbarkei­ten der Alten Musik. Das Vokalensem­ble Graindelav­oix z. B. verbindet am 26. 1. Musik des 15. Jahrhunder­ts mit Texten von Samuel Beckett. Am 28. 1. widmet sich La fonte musica spätmittel­alterliche­n italienisc­hen Komponiste­n. Das Festival bietet neben einer Instrument­enausstell­ung und Konzerten auch Filmvorfüh­rungen und einen Barocktanz­kurs.

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