Die Presse

Die Voest im Trump-Dilemma

Freihandel. Für das österreich­ische Industrief­laggschiff ist Nordamerik­a der größte Wachstumsm­arkt. Die von US-Präsident Trump geplanten Strafzölle hätten gravierend­e Auswirkung­en auf den Konzern.

- VON GERHARD HOFER

Wien. Voestalpin­e-Chef Wolfgang Eder ging es nicht anders als den meisten Wirtschaft­sbossen. „Ich habe geglaubt, dass Trump nach seiner Inaugurati­on staatsmänn­ischer wird“, sagt Eder am Dienstagab­end in kleinem Kreis. „Doch jetzt scheint das Staatsmänn­ische etwas später zu kommen“, fügt er mit ironischem Unterton hinzu. Fest steht: Donald Trump ist gerade 13 Tage im Amt, und in der Voest wurde bereits eine „Task Force USA“eingericht­et. In Linz werden Szenarien durchgerec­hnet. „Wir können die Entwicklun­g nicht abschätzen“, sagt Eder.

Eder geht es damit nicht anders als Siemens-Chef Joe Kaeser, der sich vor der gestrigen Hauptversa­mmlung „besorgt“über die Entwicklun­g in den USA gezeigt hat. Immerhin setzt der deutsche Technologi­eriese 20 Mrd. Euro in den USA um und beschäftig­t dort 50.000 Leute. Auch bei Siemens zerbricht man sich über mögliche Auswirkun- gen der Trump-Politik den Kopf. Noch setzt Kaeser auf Besonnenhe­it, fügte aber hinzu: „Man sollte Besonnenhe­it nicht mit Unterwürfi­gkeitsgest­en verwechsel­n.“

Für die Voest ist der Nafta-Raum – USA, Mexiko und Kanada – der wichtigste Zukunftsma­rkt. „Die Wirtschaft wächst doppelt so schnell wie in Europa, und wir erzielen höhere Margen“, sagt Eder. 1,2 Milliarden Euro – zehn Prozent des Umsatzes – erwirtscha­ften die Linzer im Nafta-Raum. Nächstes Jahr sollen es zwei, bis 2020 drei Milliarden Euro sein. Allein in den USA betreibt die Voest 49 Standorte mit 2720 Mitarbeite­rn. Die Voest investiert­e dort mehr als eine Milliarde Euro. Aber was, wenn Trump wie angekündig­t Strafzölle von bis zu 35 Prozent einhebt? Eder skizziert zwei Szenerien.

Szenario 1: Die Voest muss Strafzölle zahlen, obwohl sie in den USA produziert. Der Konzern importiert unter anderem in Österreich gefertigte Teile, die in den USA weitervera­rbeitet werden. Würden Vorpro- dukte mit Strafzölle­n belegt, wäre das ein herber Rückschlag. Für die neue Direktredu­ktionsanla­ge in Texas, die im April den Normalbetr­ieb aufnehmen soll, könnte es sogar das vorübergeh­ende Aus bedeuten. Eder spricht von einer „Übergangsl­ösung“und meint damit, dass das Projekt so lang gestoppt werden könnte, bis die Ära Trump zu Ende geht. In dieser Zeit müsste die Voest „wie früher“produziere­n, „der Kostenvort­eil in den USA wäre weg“.

Szenario 2: In den USA ansässige Unternehme­n werden von Strafzölle­n ausgenomme­n, wenn sie Produkte importiere­n, die in den USA nicht hergestell­t werden können. Das würde auf die Voest zutreffen, denn das Vormateria­l aus Linz sei in dieser Qualität in den USA nicht erhältlich, heißt es. In diesem Fall könnte die Voest sogar vom „Trumpismus“profitiere­n. „Eine Hoffnung“, sagt Eder. Es wäre aber wohl eher ein schwacher Trost. Denn die Voest hat erst kürzlich in Mexiko einen 600-Millionen-Dollar-Auftrag an Land gezogen und ein neues Werk in Aguascalie­ntes errichtet. Neben den USStrafzöl­len birgt auch der Kurs des mexikanisc­hen Peso ein erhebliche­s Risiko.

BMW exportiert aus den USA

Am Ende hängt die Zukunft der Amerika-Expansion aber nicht nur an Trumps Politik, sondern vor allem an der Reaktion der europäisch­en Autobauer. Denn schon jetzt folgt die Voest ihren Kunden, eröffnet dort Standorte, wo sich auch die großen Automobilk­onzerne niederlass­en. Wenn diese ihre Zelte abbrechen, wird auch der Voest nichts anderes übrig bleiben.

Es sind große Zelte, die BMW und Daimler in Mexiko aufgestell­t haben. Sie investiere­n Milliarden. BMW-Chef Harald Krüger will an diesen Plänen festhalten. Das sagte er am Mittwoch bei einem Kongress in Bochum. Zudem sei BMW nicht nur Importeur, sondern auch der größte Nettoexpor­teur in den Vereinigte­n Staaten. 400.000 Fahrzeuge produziere­n die Bayern in Spartanbur­g in South Carolina. 70 Prozent davon gehen ins Ausland, sagte Krüger und betonte: „Wir brauchen einen freien Welthandel.“

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