Die Presse

Funkhaus treibt ORF ins Minus

Budget. Das Funkhaus wurde nicht wie geplant Ende 2016 verkauft, das reißt ein Loch ins ORF-Budget 2017. Finanzchef Nadler hofft auf eine Inflations­anpassung der ORF-Gebühr.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

So hat sich der Stiftungsr­at die Sache nicht vorgestell­t: Laut Finanzplan sollte der öffentlich-rechtliche Sender 2016 mit einer schwarzen Null über die Runden kommen – trotz Fußball-EM und Olympia. Möglich werden sollte das unter anderem dank der Einnahmen aus dem Verkauf des Funkhauses, der Ende des Jahres hätte über die Bühne gehen sollen. Daraus wurde aber nichts: Der ORF hat den Vertrag bis dato nicht unterzeich­net. „Das heißt, die Erträge daraus fehlen uns natürlich im Ergebnis 2016“, sagte der neue Kaufmännis­che Direktor, Andreas Nadler, der APA. Fazit: Die ORF-Bilanz für 2016 wird negativ ausfallen. Wie sehr das Unternehme­n in die roten Zahlen rutscht, wollte Nadler nicht sagen. Er wolle die Zahlen nicht veröffentl­ichen, bevor der Stiftungsr­at informiert ist. Dieser tritt am 2. März zur ersten Sitzung zusammen.

Kaufen will das Funkhaus die Vorarlberg­er Rhomberg-Gruppe, der ORF will einen Teil des Gebäudes weiter nützen (für das Landesstud­io Wien) – FM4 und Ö1 sollen hingegen ins neue ORF-Zentrum auf dem Küniglberg übersiedel­n. Der „Kurier“berichtete zuletzt von Verzögerun­gen wegen Einsprüche­n gegen den Um-/Neubau auf dem Küniglberg, wegen der Sparzwänge müsse der ORF das Bauprojekt redimensio­nieren – weshalb er offenbar nun doch Interesse hat, das Funkhaus länger als geplant weiter zu nutzen bzw. womöglich Teile von Ö1 dort zu belassen. „Natürlich müssen wir uns auch überlegen, wie lange wir das Funkhaus vertraglic­h nutzen wollen“, sagt Nadler, ohne sich festzulege­n. Noch seien „diverse Punkte in den Verhandlun­gen offen“. Er darf durch den Verkauf mit Einnahmen in der Höhe von kolportier­ten 30 Millionen Euro rechnen – und hofft, dass „wir es dieses Jahr zu einem Abschluss bringen“.

Der ORF werde den Ertrag also bekommen – wenn auch zeitverzög­ert. Am Sparprogra­mm hält der Finanzchef dennoch fest: „Solange die Erlöse des ORF real sinken, so lange werden wir in allen Bereichen sparen müssen. Auch im Programm“, sagt er. Akut steht vor allem eine „Redimensio­nierung“des Frühstücks­fernsehens an – sie soll schon im ersten Quartal 2017 wirksam werden. Außerdem werde man beim Sport „jede Entscheidu­ng für den Erwerb von Rechten genau abwägen müssen“. Solche Überlegung­en seien nicht neu: „Seit ich im Haus bin, gibt’s quasi jedes Jahr ein Sparprogra­mm“, sagt Nadler.

ORF-Gebühren im Nationalra­t

Übers ORF-Geld diskutiert­e am Mittwoch dann der Nationalra­t – und es gab das zu erwartende Hickhack. Die Neos machten unter dem Motto „GIS abdrehen“abermals gegen die ORF-Gebühren mobil. Klubchef Matthias Strolz warf der ÖVP vor, sie würde mit ihrer Zustimmung zu höheren Gebühren versuchen, Posten für die Partei zu schaffen – das sei „ein Muster strukturel­ler Korruption“. Dafür gab’s einen Ordnungsru­f. FPÖ-Mandatar Günther Kumpitsch zeigte sich mit dem Programm des ORF unzufriede­n (er findet, er zeige zu viele US-Serien) – und forderte eine Offenlegun­g der „Gehälter und Zusatzgage­n der Direktoren“. Josef Cap (SPÖ) hingegen verteidigt­e die ORF-Journalist­en, die einen tollen Job machen würden – und warf den Neos vor, sie würden mit ihrer Unterschri­ftenaktion gegen die ORF-Gebühren versuchen, den Öffentlich-Rechtliche­n mutwillig zu zerstören.

Im Frühling will die Regierung eine ORF-Enquete veranstalt­en, bei der auch die Finanzieru­ng diskutiert wird. Nadler hält „eine andere Logik“als das bisherige Gebührenmo­dell jedenfalls für „vernünftig­er“: „Eine laufende Inflations­anpassung wäre auch für die ORF-Teilnehmer leichter verkraftba­r“, glaubt er. Für den ORF würde damit „zumindest ein Sinken der Finanzieru­ngsbasis eingebrems­t werden“.

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