Und wieder laufen die Zweifel mit
Biathlon-WM. Wie befürchtet überschattet die Dopingproblematik den Beginn der Titelkämpfe in Hochfilzen, neben Russland steht nun Kasachstan im Fokus. Die Mixed-Staffel gewann Deutschland.
Hochfilzen/Wien. Einst belächelt als Angelegenheit für die B-Teams, bestenfalls als lockeres Einlaufen für die Einzelentscheidungen, gab es bei der WM in Hochfilzen keine Nation mehr, die in der MixedStaffel nicht ihre Topleute ins Rennen geschickt hat. Geschont wurde beim WM-Auftakt niemand, sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern waren die Top fünf des Weltcups allesamt am Start.
Vor allem dank des überragenden Arnd Pfeiffer sicherte sich die deutsche Mannschaft (Vanessa Hinz, Laura Dahlmeier, Simon Schempp) am Ende die Goldmedaille, Frankreich mit Schlussläufer Martin Fourcade wurde Zweiter, Russland Dritter. Die ÖSV-Staffel beendete den WM-Auftakt auf dem enttäuschenden neunten Platz, nach der starken Startläuferin Lisa Theresa Hauser musste WM-Debütantin Fabienne Hartweger in die Strafrunde, Simon Eder und Dominik Landertinger konnten danach nur noch Schadensbegrenzung betreiben.
Provokation und Kriminalstück
Besonders unter Beobachtung standen die drittplatzierten Russen. 31 russische Biathleten waren offenbar in das staatlich orchestrierte Dopingprogramm involviert, der Weltverband IBU ermittelt noch bei sieben Athleten aus dieser Gruppe (Namen sind nicht bekannt). Bei den Russen fehlt indes jedes Schuldbewusstsein, schon die Staffelaufstellung mit Sergej Loginow war eine Provokation. Der 25-Jährige ist überführter Dopingsünder, erst im vergangenen November lief seine Sperre (EPO) ab. Ende Jänner räumte er dann bei der EM in Polen drei Goldmedaillen ab. Auch Schlussläufer Anton Schipulin ist nicht unumstritten, der erste Verfolger von Fourcade im Weltcup hat offenbar das Kreml-Gerede von politisch motivierten Dopinganschuldigungen verinnerlicht.
Der eilig einberufene außerordentliche Kongress der IBU in Fie- berbrunn – ein Krisengipfel, zustande gekommen nur, weil die Athleten den Druck erhöht hatten – brachte in dieser Causa keine neuen Erkenntnisse. 154 Skijäger hatten härtere Strafen gefordert, bis hin zum Komplettausschluss des russischen Verbandes. Als einzige Sanktion will die IBU den Russen nun die WM 2021 entziehen, freiwillig abgeben wird Tjumen das Großereignis jedenfalls nicht. So wurde aus dem Kongress der erwartete Schnellschuss.
Seit Mittwochabend steht auch die elfköpfige Mannschaft aus Kasachstan (11. in der Mixed-Staffel) im Zentrum von Anti-Doping-Ermittlungen. Denn schon vor dem ersten Bewerb gab es bei der WM die erste Doping-Razzia. Bemerkenswert ist, wie es überhaupt zur Hausdurchsuchung im kasachischen Quartier in Waidring gekommen ist: Im Jänner wurde bei einer Tankstelle in Osttirol ein größerer Karton entsorgt, mit Spritzen, Infusionen, Ampullen – und IBU-Akkreditierungen. Das Bundeskriminalamt ordnete den Inhalt den Kasachen zu und wartete ab, bis die Mannschaft wieder in Österreich versammelt war. Bei der Razzia stellten 30 Beamte erneut zahlreiche medizinische Produkte sicher. Österreichs Anti-Doping-Agentur führte im Anschluss Urin- und Blutkontrollen durch, die Ergebnisse sollten bald vorliegen.
Vorerst dürfen die Kasachen weiter an der WM teilnehmen, im Gegensatz zu den Russen zählen sie aber nicht zu den Medaillenanwärtern, Aushängeschild mit vier Top-Ten-Plätzen in diesem Winter ist Galina Wischnewskaja, 23.
Hauser mit Chancen im Sprint
Im heutigen Damensprint (7,5 km, 14.45 Uhr, live ORF eins) ist ein Vierkampf zwischen Laura Dahlmeier (GER), Gabriela Koukalova (CZE), Marie Dorin-Habert (FRA) und Kaisa Mäkäräinen (FIN) programmiert. Mit dabei ist auch die russische Dopingsünderin Irina Starych, 29. Ihre EPO-Sperre lief erst im Dezember aus, danach holte sie wie Sergej Loginow dreimal EM-Gold. Sollte eine der Damen auslassen, hat auch Lisa Theresa Hauser Chancen auf einen Topplatz. Die bisher einzige Damenmedaille für Österreich holte Andrea Grossegger 1984 in Chamonix, ebenfalls im Sprint.