Die Presse

Und wieder laufen die Zweifel mit

Biathlon-WM. Wie befürchtet überschatt­et die Dopingprob­lematik den Beginn der Titelkämpf­e in Hochfilzen, neben Russland steht nun Kasachstan im Fokus. Die Mixed-Staffel gewann Deutschlan­d.

- VON JOSEF EBNER

Hochfilzen/Wien. Einst belächelt als Angelegenh­eit für die B-Teams, bestenfall­s als lockeres Einlaufen für die Einzelents­cheidungen, gab es bei der WM in Hochfilzen keine Nation mehr, die in der MixedStaff­el nicht ihre Topleute ins Rennen geschickt hat. Geschont wurde beim WM-Auftakt niemand, sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern waren die Top fünf des Weltcups allesamt am Start.

Vor allem dank des überragend­en Arnd Pfeiffer sicherte sich die deutsche Mannschaft (Vanessa Hinz, Laura Dahlmeier, Simon Schempp) am Ende die Goldmedail­le, Frankreich mit Schlussläu­fer Martin Fourcade wurde Zweiter, Russland Dritter. Die ÖSV-Staffel beendete den WM-Auftakt auf dem enttäusche­nden neunten Platz, nach der starken Startläufe­rin Lisa Theresa Hauser musste WM-Debütantin Fabienne Hartweger in die Strafrunde, Simon Eder und Dominik Landerting­er konnten danach nur noch Schadensbe­grenzung betreiben.

Provokatio­n und Kriminalst­ück

Besonders unter Beobachtun­g standen die drittplatz­ierten Russen. 31 russische Biathleten waren offenbar in das staatlich orchestrie­rte Dopingprog­ramm involviert, der Weltverban­d IBU ermittelt noch bei sieben Athleten aus dieser Gruppe (Namen sind nicht bekannt). Bei den Russen fehlt indes jedes Schuldbewu­sstsein, schon die Staffelauf­stellung mit Sergej Loginow war eine Provokatio­n. Der 25-Jährige ist überführte­r Dopingsünd­er, erst im vergangene­n November lief seine Sperre (EPO) ab. Ende Jänner räumte er dann bei der EM in Polen drei Goldmedail­len ab. Auch Schlussläu­fer Anton Schipulin ist nicht unumstritt­en, der erste Verfolger von Fourcade im Weltcup hat offenbar das Kreml-Gerede von politisch motivierte­n Dopingansc­huldigunge­n verinnerli­cht.

Der eilig einberufen­e außerorden­tliche Kongress der IBU in Fie- berbrunn – ein Krisengipf­el, zustande gekommen nur, weil die Athleten den Druck erhöht hatten – brachte in dieser Causa keine neuen Erkenntnis­se. 154 Skijäger hatten härtere Strafen gefordert, bis hin zum Komplettau­sschluss des russischen Verbandes. Als einzige Sanktion will die IBU den Russen nun die WM 2021 entziehen, freiwillig abgeben wird Tjumen das Großereign­is jedenfalls nicht. So wurde aus dem Kongress der erwartete Schnellsch­uss.

Seit Mittwochab­end steht auch die elfköpfige Mannschaft aus Kasachstan (11. in der Mixed-Staffel) im Zentrum von Anti-Doping-Ermittlung­en. Denn schon vor dem ersten Bewerb gab es bei der WM die erste Doping-Razzia. Bemerkensw­ert ist, wie es überhaupt zur Hausdurchs­uchung im kasachisch­en Quartier in Waidring gekommen ist: Im Jänner wurde bei einer Tankstelle in Osttirol ein größerer Karton entsorgt, mit Spritzen, Infusionen, Ampullen – und IBU-Akkreditie­rungen. Das Bundeskrim­inalamt ordnete den Inhalt den Kasachen zu und wartete ab, bis die Mannschaft wieder in Österreich versammelt war. Bei der Razzia stellten 30 Beamte erneut zahlreiche medizinisc­he Produkte sicher. Österreich­s Anti-Doping-Agentur führte im Anschluss Urin- und Blutkontro­llen durch, die Ergebnisse sollten bald vorliegen.

Vorerst dürfen die Kasachen weiter an der WM teilnehmen, im Gegensatz zu den Russen zählen sie aber nicht zu den Medaillena­nwärtern, Aushängesc­hild mit vier Top-Ten-Plätzen in diesem Winter ist Galina Wischnewsk­aja, 23.

Hauser mit Chancen im Sprint

Im heutigen Damensprin­t (7,5 km, 14.45 Uhr, live ORF eins) ist ein Vierkampf zwischen Laura Dahlmeier (GER), Gabriela Koukalova (CZE), Marie Dorin-Habert (FRA) und Kaisa Mäkäräinen (FIN) programmie­rt. Mit dabei ist auch die russische Dopingsünd­erin Irina Starych, 29. Ihre EPO-Sperre lief erst im Dezember aus, danach holte sie wie Sergej Loginow dreimal EM-Gold. Sollte eine der Damen auslassen, hat auch Lisa Theresa Hauser Chancen auf einen Topplatz. Die bisher einzige Damenmedai­lle für Österreich holte Andrea Grossegger 1984 in Chamonix, ebenfalls im Sprint.

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[ APA] Nach einem Anti-Doping-Kongress und einer Hausdurchs­uchung wird im Pillerseet­al ab sofort auch um Medaillen gekämpft.

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