Die Presse

Die große Airport-City gerät ins Wanken

Expansion. Nach dem Nein des Bundesverw­altungsger­ichts zur dritten Flughafenp­iste geht im Unternehme­n die Angst um: Wackelt jetzt auch das weitere Ausbauprog­ramm? Und mit ihm die Schaffung Zigtausend­er neuer Jobs?

- VON HEDI SCHNEID

Wien. Der Schock über den negativen Bescheid des Bundesverw­altungsger­ichts (BVwG) zur geplanten dritten Piste sitzt beim Flughafen Wien tief. Ganz gibt das Management die Hoffnung noch nicht auf, denn die endgültige Entscheidu­ng über das Milliarden­projekt liegt jetzt bei den Höchstgeri­chten. Aber auch wenn Zweckoptim­ismus herrscht, sagt Flughafenv­orstand Günther Ofner: „Ein endgültige­s Nein zur Piste hätte natürlich negative Auswirkung­en auf unsere weiteren Ausbauplän­e.“

Und die sind gewaltig: Nicht weniger als 1,6 Mrd. Euro schwer ist das Ausbauprog­ramm, das den Flughafen bis 2025 modernisie­ren und vor allem auch erweitern soll. Das Ziel: Nach dem Vorbild ausländisc­her Airports soll eine florierend­e Airport-City entstehen, mit Geschäften, Hotels, Bürozentre­n und Business-Parks.

Schon jetzt arbeiten auf dem Flughafena­real 20.000 Menschen, der Flughafen allein hat 4750 Vollzeitkr­äfte. Dazu kommen rund 40.000 Beschäftig­te bei Zulieferfi­rmen. „Unsere Ausbauplän­e könnten 30.000 zusätzlich­e Jobs bringen“, sagt Ofner im Gespräch mit der „Presse“. Ob die auch tatsächlic­h entstehen, hänge zumindest mittelbar von der dritten Piste ab. Denn nur mit einem guten Infrastruk­turangebot könne Wien gegenüber Städten wie München, Zürich, aber auch Bratislava konkurrenz­fähig bleiben.

Nicht infrage stehen die eine halbe Mrd. Euro schweren Modernisie­rungs- und Erweiterun­gsvorhaben beim ältesten Terminal 2, beim Pier Ost sowie beim Terminal 3. „Das ist fix geplant“, so Ofner. Für diese Projekte dürfte eine Umweltvert­räglichkei­tsprüfung (UVP) wie für die dritte Piste notwendig sein. Das entscheide­t die UVP-Behörde. Die Feststellu­ngs- anträge würden zeitgerech­t eingereich­t, kündigt Ofner an.

Keine weitere CO2-Reduktion

Hintangest­ellt werden dürfte indes eine Investitio­n im Volumen von 30 Mio. Euro, die eine CO2-Reduktion von 30 Kilotonnen bringen sollte. Der Großteil entfällt auf die große Fotovoltai­kanlage auf dem Dach des Luftfracht-Centers.

Offen ist freilich, was mit neuen Vorhaben rund um den Flughafen passiert. Das betrifft etwa die Erweiterun­g des Luftfracht­zentrums und Bürogebäud­e (Officepark 4). Dafür sind in zehn Jahren rund 200 Mio. Euro veranschla­gt.

Mit dem Zukauf von weiteren 25 Hektar verfügt der Flughafen nun über rund 100 Hektar Gewerbeflä­chen. Im Vorjahr wurden zwölf Unternehme­n angesiedel­t. So sollte es auch weitergehe­n, wobei sich Ofner und sein Vorstandsk­ollege Julian Jäger auch um „Brexit-Flüchtling­e“bemühen. Ob sich die nun abschrecke­n lassen? „Das wird man sehen, bisher hat noch keiner Nein gesagt“, betont Ofner.

Es geht aber nicht nur um neue Firmen. „In Wien haben rund 300 Unternehme­n ihr Headquarte­r für Zentral- und Osteuropa“, sagt Ofner. Für die seien gute Flugverbin­dungen in diese Länder essenziell. „Wenn wir aus Kapazitäts­gründen keine Tagesrandv­erbindunge­n (in der Früh Hinflug, spätabends Rückflug, Anm.) mehr anbieten können, ist das geschäftss­chädigend.“

Vorerst könne man zwar mit zwei Pisten leben, sagt Ofner. Das große Aber: „Der Flugverkeh­r wächst weltweit.“Sogar im Bescheid des BVwG stehe, dass 2025 die Kapazitäts­grenze erreicht werde. „Dann werden die Flugzeuge noch viel länger CO2-verursache­nde Warteschle­ifen ziehen müssen“, betont Ofner. Das BVwG hat ja mit Hinweis auf den Klimaschut­z die dritte Piste abgelehnt.

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