Die Presse

Pensionen: Der ungehobene Milliarden­schatz

1,7 Milliarden könnte der Staat rasch per Pensionsha­rmonisieru­ng sparen.

- Josef.urschitz@diepresse.com

S ieht man sich das geltende Arbeitspro­gramm der Regierung an, dann gewinnt man den Eindruck, dass die verpflicht­ende Frauenquot­e in Aufsichtsr­äten für dieses Land eindeutig wichtiger ist als die Sicherung des Pensionssy­stems: Ersterer widmet das Programm nämlich drei Zeilen. Während der Punkt „Angleichun­g Pensionssy­steme“mit schlanken zwei auskommt. Versproche­n wird darin nicht mehr als die Einrichtun­g einer Arbeitsgru­ppe.

Arbeitsgru­ppe? Geht’s noch? Die Harmonisie­rung der Pensionssy­steme ist längst beschlosse­ne Sache. Das Problem des Staats beziehungs­weise seiner Finanzen ist, dass die sattsam bekannten Bremsergru­ppen diese notwendige Angleichun­g auf Sankt Nimmerlein verschoben haben. Die Beamtenpen­sionen werden demnach bis 2028 harmonisie­rt, die Privilegie­npensionen der Stadt Wien bis 2042 (!). Falls bis dahin nicht, wie aktuell bei der Mindestsic­herung, die Akten verloren gehen oder „Umsetzungs­probleme“auftreten.

Was wir jetzt in Sachen Pensionsha­rmonisieru­ng benötigen, ist nicht eine weitere unprodukti­ve Arbeitsgru­ppe, deren Ergebnis dann schubladis­iert wird. Sondern eine handlungsf­ähige Regierung, die dafür sorgt, dass diese Harmonisie­rung möglichst schnell vorgezogen wird. E s geht ja nicht gerade um wenig Geld: Bis 2020 werden die Aufwendung­en des Staats für Pensionen (ASVG und Beamte) um insgesamt fast vier Mrd. Euro steigen. Deutlich mehr als die Hälfte davon liegt vergraben in den gegenüber dem ASVG privilegie­rten Pensionssy­stemen – und könnte durch eine rasche Harmonisie­rung schnell gehoben werden.

Der frühere Rechnungsh­of-Präsident und jetzige Eco-Austria-Präsident, Josef Moser, schätzt das „Harmonisie­rungspoten­zial“allein bei den ÖBB, den Sozialvers­icherungen und dem Privilegie­nparadies Nationalba­nk auf 1,7 Mrd. Euro.

In diesen Bereichen könnte der Bund (anders etwa als im Pensionist­enparadies der Stadt Wien) sofort handeln. Wenn er wollte. Und könnte. Eine Arbeitsgru­ppe vorzuschie­ben ist entweder Arbeitsver­weigerung – oder Kapitulati­on.

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