Filme über das Leben und seine Zumutungen
Von jämmerlich bis wild: Lebenskrisen kehren hervor, was wir sonst verdrängen – und dienen dem Kino als ergiebige Geschichtenquelle. Das weiß nicht nur Josef Hader, der mit „Wilde Maus“gerade ein gutes Bespiel liefert. Fünf Filmtipps.
Als Physikprofessor erklärt Larry Gopnik (Michael Stuhlbarg) die Welt, doch sein eigenes Leben stellt ihn zusehends vor unlösbare Rätsel. Ein Schicksalsschlag nach dem anderen erschüttert die Ordnung seines kleinbürgerlichen Daseins, und niemand aus der jüdischen Gemeinde seiner Heimatstadt weiß Rat – am allerwenigsten tun das die Rabbis. Bei seiner Veröffentlichung wurde „A Serious Man“schlicht als Nebenwerk der Coen-Brüder abgetan, eigentlich handelt es sich aber um den Schlüsselfilm zum Schaffen der Kult-Regisseure: Eine Anti-Parabel und Hiob-Geschichte über das (Nicht-)Auskommen mit der Absurdität der Existenz, gegen deren Zumutungen es nur ein Mittel gibt: „Accept the mystery!“ In den Produktionen von Judd Apatow, Reformer der US-Comedy, sind es immer nur Jungs, die nicht erwachsen werden wollen dürfen. Paul Feigs „Bridesmaids“(zu Deutsch entschieden blöder: „Brautalarm“) lässt endlich mal die („Saturday Night Live“-erprob- ten) Mädels ran – und natürlich sind sie viel lustiger. Kristen Wiig brilliert als frustrierte Mittdreißigerin, die neidisch auf die Musterhochzeit ihrer besten Freundin (Maya Rudolph) schielt; also stürzt sie sich zusammen mit der Brautjungfernbande in wilde Eskapaden zwischen derbem Slapstick und famos improvisiertem ScrewballWitz. Eine Nebenrollen-Offenbarung: Melissa McCarthy, inzwischen dank ihrer Parodie auf Trump–Sprecher Sean Spicer auch eine Internet-Sensation. Dass dieser Mann nichts auf der Casting-Couch verloren hat, merkt man sofort: Zur Vorstellung gibt er seinen Lebenslauf zu Protokoll, als würde er aus einer Gerichtsakte vorlesen, und endet mit dem Zusatz „zurzeit beurlaubt“. Was nicht ganz stimmt – seinen Job als Projektleiter bei einem Fabrikant von Autoteilen hat Alex hingeschmissen, sämtliche Brücken verbrannt. Er will mehr vom Leben, doch das ist leichter gewünscht als getan. Der bislang einzige Langspielfilm des Burgenländer Regisseurs Peter Jaitz schildert Alex’ patscherten Neuanfangsbestrebungen nüchtern, aber nicht ohne Hoffnungsschimmer. Eindringlich in der Hauptrolle: Der hauptberufliche Filmtechniker Andi Winter. Woody Allen hat aus dem Lebenskrisenfilm eine Marke gemacht, und „Manhattan“ist das Vorzeigeexemplar dazu: Eine exquisit fotografierte Schwarz-Weiß-Nabelschau und Parodie auf New Yorker Intellektuelle, die zwar zu allem eine fundierte Meinung haben, aber ihr Liebesleben nicht in den Griff bekommen. Die Beziehung zwischen Allens Hauptfigur und einer Schülerin weckt heute ungute Assoziationen – doch der Platz des Films im Kinokanon scheint in Stein gemeißelt. Ausgerechnet „Schindlers Liste“Star Liam Neeson erlebte einen zweiten Schauspielfrühling als Actionheld dank trashiger Thriller wie „Taken“, und eigentlich handeln diese immer von kriselnder Männlichkeit – meist geht es dabei um den Beweis, dass man noch nicht zum alten Eisen gehört. Das ruppige Survival-Spannungsstück „The Grey“von Joe Carnahan mausert sich dabei fast zur existenziellen Parabel: Allein unter Wölfen in Alaska findet man(n) erst richtig zu sich selbst.