Die Presse

Überrasche­nde politische Flugshow und totaler Crash auf die Justiz

Mit der Eurofighte­r-Affäre macht sich Österreich lächerlich: Vor 15 Jahren roch es schon nach Korruption, viele suchten, niemand hat etwas gesehen – bis jetzt?

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Staaten, die eigentlich politisch und profession­ell Bankrott erklären müssten, sind gar nicht so selten. Solche aber, die sich gleichzeit­ig der absoluten Lächerlich­keit preisgeben, eher schon. 15 Jahre nach dem Ankauf der Eurofighte­r-Jets für Österreich­s LuftraumÜb­erwachung, fünf Rechnungsh­ofberichte, einen Untersuchu­ngsausschu­ss und fünf Jahre Taskforce später entdeckt das Verteidigu­ngsministe­rium plötzlich Betrug, Täuschung, Bestechung, Schmiergel­der.

Das gibt es nur in diesem Etablissem­ent, würden die Wiener sagen: „Die beste Regierung seit Julius Raab“, wie Andreas Khol einmal meinte, beschließt den Ankauf des damals teuersten militärisc­hen Geräts. Der erste Kampfjet landet am 13. Juli 2007 in Zeltweg, da war der Untersuchu­ngsausschu­ss zum Ankauf bereits wieder vorbei – und Blau-Schwarz auch. Er war in der Übergangsz­eit von Schwarz-Blau zu Rot-Schwarz eingesetzt und am 1. Juli 2007 beendet worden. Von der neuen Regierung einfach abgedreht.

Im März 2011 stellt die Staatsanwa­ltschaft Wien fast alle offenen Verfahren außer gegen Alfons Mensdorff-Pouilly ein. 2012 wird im Nationalra­t ein neuerliche­r U-Ausschuss abgelehnt; Ex-Wirtschaft­sminister Martin Bartenstei­n erklärt die Eurofighte­r zur „best untersucht­en“Angelegenh­eit; Nachfolger Reinhold Mitterlehn­er war da schon überzeugt, dass „nicht alles sauber gelaufen ist“.

Im selben Jahr stellt der damalige Verteidigu­ngsministe­r, Norbert Darabos, eine Taskforce zusammen. Am Freitag erklärt Christian Pilnacek, Sektionsch­ef im Justizmini­sterium, im Radio-Interview, die Erkenntnis­se des Verteidigu­ngsministe­riums entspräche­n im Wesentlich­en ohnehin jenen der Staatsanwa­ltschaft. Das Groteske dieser Aussage fällt ihm offenbar gar nicht auf.

Wir schreiben also das Jahr 2017. Der Zufall will es, dass just an dem Tag, an dem Hans Peter Doskozil (SPÖ) die Klage der Republik gegen Airbus ankündigt, weil mindestens 182 Millionen Euro Schmiergel­d verdächtig sind, der Eu- roparat Österreich wegen seiner laschen Haltung zu Korruption rügt. Transparen­cy Internatio­nal in Österreich fühlt sich in der Kritik bestätigt, Österreich habe es nicht so mit engagierte­r Korruption­sbekämpfun­g. So eine Überraschu­ng!

Ob es nun – laut Pilnacek ohnehin erst im (Wahl-)Jahr 2018 – zur Anklage kommt oder nicht, ist für die politische Bewertung der Causa Eurofighte­r zweitrangi­g. Die wichtigen Themen sind das dilettanti­sche Vorgehen einer Regierung, die sich – in der milden Variante – über den Tisch ziehen hat lassen; das Verhalten der Justiz, das die Flieger-Affäre auch zu einem Justiz-Skandal macht; sowie der Wert von parlamenta­rischen U-Ausschüsse­n, die so enden wie jener 2007.

Mag schon sein, dass damals vieles ans Licht kam, nur: Seither sind zehn Jahre vergangen. Die Verblüffun­g jetzt kann nur gespielt sein. Die Parlamenta­rier müssen überlegen, wie in Hinkunft eine derartige Untersuchu­ngsblamage zu vermeiden ist. Die letzte Reform des U-Ausschusse­s hat es auch nicht wirklich gebracht.

Vor allem aber geht es jetzt um die Justiz. Denn die Vorgänge dort können Rechtsstaa­tlichkeit und somit Demokratie gefährden. Wenn es stimmt, dass nur ein Staatsanwa­lt mit der Causa beschäftig­t war, und das auch nur nebenbei, wie Peter Pilz im Radio-Interview sagte, dann besteht Handlungsb­edarf. Eine Entscheidu­ng 2018 könnte bedeuten, dass Wolfgang Brandstett­er, immerhin Justizmini­ster seit vier Jahren, nicht mehr im Amt ist. Und alles könnte neuerlich weiter verschlepp­t werden. Den Sermon von den schwierige­n Kontoöffnu­ngen kennt man von der Causa Grasser, die auch noch nicht vom Justizmini­sterium entschiede­n ist.

Österreich ist im Korruption­sindex im vergangene­n Jahr zurückgefa­llen. Will es nicht endgültig mit der Causa Eurofighte­r zur Lachnummer werden, muss nicht nur die Politik, sondern auch die Justiz in Ordnung gebracht werden.

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VON ANNELIESE ROHRER

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