Die Presse

Die DDR und ihre Entwicklun­gspolitik im Kalten Krieg

Auslandsei­nsätze für die Entwicklun­gshilfe brachten DDR-Fachleuten viele Vorteile. Daher gingen sie nach Äthiopien oder Tansania, um Geld zu verdienen. Ihre Lebenssitu­ation wurde nun erstmals erforscht.

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Um in einem IntershopL­aden wie am Bahnhof Friedrichs­traße im ehemaligen Ost-Berlin als DDR-Bürger nach 1974 Waren aus dem Westen kaufen zu können, brauchte man Fremdwähru­ng. Einer der wenigen legalen Wege, um daran zu kommen, waren Arbeitsein­sätze im Ausland. Etliche Ingenieure, Lehrer, Ärzte oder Ausbildner aus der DDR gingen ab 1977 für ein paar Jahre als Experten nach Afrika. Für ihre Arbeit in Tansania oder Äthiopien wurden sie zum Teil mit Devisen entlohnt. Das war für viele ein starker Anreiz.

Wie sich das Leben und Wirken dieser sehr unterschie­dlich zusammenge­setzten Expertengr­uppe konkret gestaltete, erforschte nun Berthold Unfried vom Institut für Wirtschaft­s- und Sozialgesc­hichte der Uni Wien gemeinsam mit dem Dissertant­en Eric Burton. Für ihre Nachforsch­ungen im Rahmen des dreijährig­en, vom Wissenscha­ftsfonds FWF finanziert­en Projekts „Entsandte Experten von Entwicklun­gshilfe und Sozialisti­scher Hilfe in Zeiten der Systemkonk­urrenz“recherchie­rten sie in verschiede­nen Archiven in Deutschlan­d, Tansania, Äthiopien und Kuba.

Kaffee gegen Landmaschi­nen

Dabei überrascht­e zunächst, dass das nach Eigendefin­ition „sozialisti­sche Äthiopien“mit westlichen Ländern mehr wirtschaft­liche Beziehunge­n pflegte als mit der DDR. Diese hatte ab 1977 in Folge des Bündniswec­hsels der ehemaligen Sowjetunio­n im Krieg zwischen Äthiopien und Somalia nicht nur Waffen nach Äthiopien geliefert, sondern sich auch beim Aufbau des zivilen Sektors engagiert.

Das DDR-Konzept von Entwicklun­gshilfe beinhaltet­e einen regen Wirtschaft­s- und Handelsver­kehr. Äthiopien bezahlte die Leistungen der DDR, etwa Landmaschi­nen, zuerst mit Kaffee. Ein Tauschhand­el, der dem krisengesc­hüttelten Land vor allem in der Anfangszei­t zugutekam. Und die DDR musste den Kaffee nicht auf dem Weltmarkt kaufen.

„Äthiopien hat in den Jahren 1977 und 1978 rund 10.000 Tonnen Kaffee an die DDR geliefert. Als die unmittelba­re kriegerisc­he Gefahr vorbei war, verkaufte das Land den Kaffee bevorzugt auf dem Weltmarkt, statt ihn im Tauschhand­el einzusetze­n. Verfügte der Handelspar­tner der DDR

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[ PHOTOSTOCK-ISRAEL/Science Photo Library/picturedes­k.com ] Frauen in Äthiopien beim Kaffeeröst­en.

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