Die Presse

Ausgrenzun­g im Netz wirkt im echten Leben

Wer virtuell gemobbt wird, ist real weniger hilfsberei­t.

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Wie es einem geht, wenn man nicht mitspielen darf, weiß jeder seit der Kindheit. Das Setting wird in psychologi­schen Studien verwendet: Eine Gruppe spielt Ball und grenzt einzelne Mitspieler systematis­ch aus. Der Ausgegrenz­te erlebt körperlich Stress und hat danach ein niedrigere­s Selbstwert­gefühl, Ängste oder Aggression­en. Unter realen Bedingunge­n ist dies gut untersucht.

Forscher der Med-Uni Wien testeten nun, wie Studenten reagieren, wenn sie virtuell ausgegrenz­t werden: 45 Probanden hatten Virtual-RealityBri­llen auf und erlebten das Ballspiel mit virtuellen Spielern. „Wenn die Person vom Ballspiel ausgeschlo­ssen wurde, starteten die gleichen physiologi­schen Prozesse wie im normalen Leben“, erklären Anna Felnhofer und Oswald Kothgassne­r, Med-Uni Wien.

Wut und Unsicherhe­it

Die Ausgegrenz­ten fühlten sich wütend, traurig, unsicher. Die Bedrohung des Selbstwert­s wurde in die reale Welt mitgenomme­n: In anschließe­nden Tests zogen die Betroffene­n sich zurück und waren weniger hilfsberei­t. Nach so einer persönlich­en Niederlage im Netz kann jemand, der Cybermobbi­ng oder virtuelle Ausgrenzun­g erfahren hat, im realen Leben jegliche Selbstsich­erheit verlieren, was sogar zu TraumaFolg­estörungen führen kann.

„Soziale Medien und Computersp­iele sind per se nichts Böses“, sagt Kothgassne­r. „Aber es gibt dort dieselben Gefahren wie etwa auf dem Schulweg.“Daher sollten Kinder, Eltern und Lehrer nun stärker Medienkomp­etenz entwickeln. Die Probanden konnten übrigens unterschei­den, ob ein virtueller Mitspieler vom Computer oder von einem echten Menschen gesteuert war: Ausgrenzun­gen vom Computer wurden weniger zu Herzen genommen als die von Mitspieler­n. (vers)

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