Künstliche Intelligenz als Finanzberater
Künstliche Intelligenz. Auch in der Finanzwelt halten menschenähnliche Gebilde Einzug. Blind sollte man ihnen nicht vertrauen.
Anlageempfehlungen für einen Investor von mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Plattformen sind im Vormarsch.
Wien. Übernehmen Roboter bald vollständig die Kontrolle über unser Leben? Dieser Eindruck scheint auf den ersten Blick nicht ganz ungerechtfertigt zu sein, sind doch die mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Maschinen in vielen Bereichen des täglichen Lebens – wie etwa Medizin, Industrie, Verkehr oder Militär – längst Realität. Auch die Finanzindustrie stellt in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar. Seit geraumer Zeit werden die traditionellen Player auf dem Markt von innovativen Anbietern gehörig unter Druck gesetzt. Ihr Name: Robo-Advisors.
Um das Jahr 2010 haben diese Robo-Advisors in den USA die Bildfläche betreten und seitdem ein ordentliches Wachstum hingelegt, wie allein das Beispiel des größten unabhängigen Anbieters, Betterment, zeigt. Das zu Beginn des Jahrzehnts gegründete Unternehmen zählt heute nicht weniger als rund 230.000 Kunden und verwaltet Gelder in der Höhe von 7,3 Milliarden Dollar (6,7 Mrd. Euro). Kleines Detail am Rand: Vor rund einem Jahr legten dort nur 118.000 Kunden drei Milliarden Dollar an.
Drei Geschäftsmodelle
Freilich ist der Anteil der Robo-Advisors auf dem gesamten Markt noch vergleichsweise klein. Von den alteingesessenen Playern werden sie aber trotzdem als Konkurrenz gesehen. Davon zeugt auch, dass einige – wie etwa Fidelity – selbst Plattformen gegründet oder – wie im Fall von Blackrock – Robo-Advisors gekauft haben.
Die Erfolgsformel der RoboAdvisors lässt sich schnell zusammenfassen: Auf ihren Plattformen können die Kunden einfach, schnell und kostengünstig investieren. Auch wenn sich Leistung und Angebot der Anbieter im Detail unterscheiden, so ist die Vorgangsweise in der Regel ähnlich: Nach der Beantwortung einiger Fragen – etwa zu Alter, Risikoneigung, Anlagesumme und Anlagezeitraum – spuckt das System auf Basis von Algorithmen eine Empfehlung aus. Im Fokus stehen dabei meist kostengünstige passive Indexfonds (ETFs).
Die deutsche Stiftung Warentest hat im Vorjahr 18 Robo-Advisors unter die Lupe genommen. Sie unterscheidet drei Arten von Geschäftsmodellen: Anbieter, die ihren Kunden Vorschläge machen und darüber hinaus auch deren Depot eigenverantwortlich verwalten. Andere bieten dasselbe Service an, fragen aber die Kunden vor Umschichtungen, ob sie damit einverstanden sind. Die dritte Kategorie gibt lediglich Tipps – und das in vielen Fällen kostenlos.
Nichts für Gutgläubige
Eine Schlussfolgerung des Tests ist, dass das Investieren per Mausklick doch nicht ganz so problemlos ist, wie die Anbieter versprechen. So sollten sich die Anleger schon etwas mit Fonds auskennen und einzelne Anlagevorschläge einschätzen können – zum Teil würden nämlich recht riskante Produkte, wie etwa ETFs auf Rohstoffe und Fremdwährungsanleihen, empfohlen. Auch sei die Einschätzung „günstig“mit Vorsicht zu genießen. Zwar würden die Anbieter für die Vermögensverwaltung deutlich weniger verlangen als eine Bank, wenn aber die jährlichen Kosten 0,5 Prozent des Depotwerts übersteigen, kann es auf Dauer ziemlich teuer werden.
Eine Studie von Finance Planning Association und Investopedia, für die 2000 US-Investoren im Alter von über 21 Jahren befragt wurden, kommt zu interessanten Ergebnissen: Von jenen Befragten, die das Angebot eines Robo-Advisors eigenen Angaben zufolge nutzen, meinten 73 Prozent, damit grundsätzlich zufrieden zu sein. Ein anderes Bild zeigt sich in Phasen mit extrem hoher Marktvolatilität: 40 Prozent gaben an, sich in so einem Umfeld bei einem RoboAdvisor nicht wohlzufühlen.
Reichen geringe Kosten und eine einfach zu bedienende Tech- nik letztlich doch nicht aus, um Investoren zufriedenzustellen? Ist der menschliche Touch also doch nicht ganz so entbehrlich? Das lassen jedenfalls Umfrageergebnisse sowie die Reaktion der Anbieter erahnen. Erst kürzlich hat Marktführer Betterment angekündigt, Kunden mit Anlagen von mehr als 25.000 Dollar noch in der ersten Jahreshälfte bei Bedarf einen menschlichen Berater zur Seite zu stellen – kostenpflichtig, wohlgemerkt.