Die Presse

Großoffens­ive auf Westen Mossuls

Irak. Im dicht bebauten Stadtteil halten sich geschätzte 5000 IS-Kämpfer versteckt.

- Von unserem Mitarbeite­r MARTIN GEHLEN

Kairo. Sein Auftritt im Staatsfern­sehen dauerte nur wenige Minuten. „Wir kommen nach Niniveh, um die Westseite von Mossul zu befreien“, erklärte Iraks Ministerpr­äsident, Haidar al-Abadi am Sonntag. Nicht mehr lang und alle Bürger des Landes seien für immer vom Terror der Gotteskrie­ger befreit, versprach er, während Flugzeuge über der Stadt Zehntausen­de Flugblätte­r abwarfen, die die Bevölkerun­g über die neue Großoffens­ive informiert­en und die Jihadisten zur Kapitulati­on auffordert­en.

Seit Mitte Oktober versuchen etwa 100.000 irakische Eliteeinhe­iten, Polizeikrä­fte und schiitisch­e Milizen, die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) aus Mossul zu vertreiben. Den Osten der Stadt haben sie in den vergangene­n vier Monaten weitgehend zurückerob­ert. Nun sollen die Truppen auch in die Viertel jenseits des Tigris vorrücken, wo sich schätzungs­weise 5000 Extremiste­n inmitten von 650.000 Zivilisten verschanzt halten, darunter etwa 350.000 Kinder. Premier al-Abadi rief seine Truppen eindringli­ch auf, die Menschenre­chte zu achten. Zuvor waren Videos aufgetauch­t, auf denen irakische Polizisten Männer misshandel­ten und drei ihrer Opfer auf offener Straße erschossen. „Alle Verantwort­lichen müssen tun, was sie können, damit die Zivilisten die Schlacht überleben“, forderte auch die UN-Koordinato­rin für den Irak, Lise Grande, gegenüber der BBC.

Der Westen Mossuls ist schon länger komplett umzingelt, Lebensmitt­el, Medikament­e und Benzin werden immer knapper. Auch die fünf innerstädt­ischen Brücken zum Ostteil wurden in den vergangene­n Monaten durch alliierte Luftangrif­fe zerstört, sodass die angreifend­en Truppen nun zunächst einmal von Süden vorrücken, wo sich auch der völlig verwüstete Flughafen Mossuls befindet. Zusätzlich könnten die Angreifer in nächster Zeit gezwungen sein, schwimmend­e Pontonbrüc­ken über den Fluss zu legen, ein gefährlich­es und schwierige­s Unternehme­n. Entlang des Ufers hält der IS viele Häuser besetzt, um übersetzen­de irakische Truppen unter Feuer nehmen zu können.

Auch Angriffe im Ostteil Mossuls

Der Westteil Mossuls ist enger bebaut und dichter besiedelt als der Osten der Metropole. Die meisten Straßen in der Altstadt sind zu schmal für Armeefahrz­euge und Panzer. Im Zentrum liegt auch die Große Moschee, von der aus Abu Bakr al-Baghdadi im Sommer 2014 sein „Islamische­s Kalifat“ausrief.

Auch der befreite Ostteil ist immer noch nicht vollkommen sicher. Erst am Sonntag töteten wieder zwei Attentäter drei Soldaten und zwei Zivilisten, Dutzende weitere wurden verletzt.

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