Erfrierungen sind kein Unfall
Versicherung. Ein Mann, der Dauerschäden nach einer Bergtour hat, geht vor Gericht leer aus.
Wien. Muss die private Unfallversicherung zahlen, wenn ein Tourengeher von schlechtem Wetter überrascht wird und sich im Zuge des Aufstiegs allmählich Erfrierungen zuzieht? Diese Frage galt es vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) zu klären.
Der Betroffene, ein Tourengeher, hatte aus alpintechnischer Hinsicht richtig gehandelt, als sich das Wetter verschlechterte. Mit einem Freund war der Mann über die Nollen-Route am Mönch in der Schweiz unterwegs, als ein stürmischer Wind mit Böen von 77–88 km/h aufzog. Die Temperatur sank auf minus zehn bis minus zwölf Grad. Ungemütlich, aber bei einer Höhe von circa 4000 Metern nicht unüblich. Ein Abstieg hätte fünf bis sechs Stunden gedauert, weil man sich hätte abseilen müssen. Der Aufstieg hingegen sollte nur noch zwei bis drei Stunden dauern, weswegen die Männer diesen fortsetzten. Auch wenn der Aufstieg schwerer fiel als sonst, weil statt des üblichen Firnschnees blankes Eis auf dem Weg lag. Es bestand aber nie eine Notsituation.
Während des Aufstiegs merkte der Mann ein „komisches Ge- fühl“in den Zehen. Dieses sollte schließlich in Erfrierungen zweiten und dritten Grades resultieren. An den Großzehen blieb ein Dauerschaden, der Mann leidet unter Taubheitsgefühl und Sensibilitätsstörungen.
Mehr als 30.000 Euro forderte der Mann von seiner Unfallversicherung. Doch die verwies darauf, dass laut ihren Bedingungen ein Unfall als ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis definiert ist. Der Mann habe sich seine Verletzungen aber allmählich zugezogen.
Erfrierungen nicht plötzlich
Eine Ansicht, die der OGH teilte. Das Wetter habe nicht etwa plötzlich umgeschlagen, auch habe der Mann sich seine Erfrierungen nicht durch eine plötzlich eintretende Bewegungsunfähigkeit zugezogen. Vielmehr wurde das Wetter allmählich und mit zunehmender Höhe schlechter. Und auch wenn der Mann die Witterung nicht voraussehen konnte, musste er damit rechnen, dass eine solche in der Höhe herrschen kann. „Erfrierungen treten allmählich und nicht plötzlich auf und wirken nicht von außen“, betonte der OGH (7 Ob 79/16t). Daher müsse die Versicherung nicht zahlen.