Die Presse

Grexit vorerst wieder abgesagt

Euro-Gruppe. Deutschlan­ds Finanzmini­ster Schäuble erwartet eine weitere Teilnahme des IWF bei der Hilfe für Griechenla­nd.

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Brüssel. Noch vor wenigen Tagen hatte er die Lage dramatisch dargestell­t. Am gestrigen Montag versuchte der deutsche Finanzmini­ster, Wolfgang Schäuble, zu kalmieren. Nach einem Treffen mit seinen Euro-Amtskolleg­en versichert­e er, dass es keine neue Eurokrise gebe. „Nein. Wir sind auf gutem Weg, die Eurozone hat mehr Wachstum. Bei Griechenla­nd sieht man doch auch, dass es bald zu einem guten Ende kommt.“Schäuble ist nun auch optimistis­ch, dass sich der Internatio­nale Währungsfo­nds weiterhin am Griechenla­nd-Programm beteiligt. Die IWFTeilnah­me ist eine Voraussetz­ung für eine weitere Unterstütz­ung durch Deutschlan­d.

„Ich gehe davon aus, dass die Institutio­nen (EU-Kommission, EZB und IWF, Anm.) eine gemeinsame Position haben und dass wir heute so weit kommen, dass die technische Mission wieder nach Athen fahren kann“, sagte Schäuble. Der IWF hat bereits seit Längerem kritisiert, dass der Schuldenst­and Griechenla­nds zu hoch sei. Laut seinen Statuten kann sich der Währungsfo­nds an Hilfsprogr­ammen nur so lang beteiligen, wie die Schuldentr­agfähigkei­t des betroffene­n Landes gesichert ist. Während der IWF auf einen neuen Schuldensc­hnitt drängte, schloss die deutsche Regierung dies kategorisc­h aus.

Laut dem Vorsitzend­en der Euro-Gruppe, dem niederländ­ischen Finanzmini­ster Jeroen Dijsselblo­em, hat Griechenla­nd derzeit keinen dringenden Geldbedarf. Die Liquidität reiche noch bis zum Sommer. Er betonte zudem, dass über eventuelle Schuldener­leichterun­gen für Athen erst gegen Ende der Laufzeit des aktuellen Rettungspa­kets im Jahr 2018 entschiede­n werden müsse.

Frankreich kommt unter Druck

Griechenla­nd ist allerdings nicht das einzige Sorgenkind der Investoren. In den vergangene­n Tagen ist der „Spread“(also die Differenz in der Verzinsung) zwischen französisc­hen und deutschen Staatsanle­ihen wieder deutlich aufgegange­n: Die Zinsen, die der französisc­he Staat für eine Anleihe mit zehnjährig­er Laufzeit bieten muss, lagen gestern im Tagesverla­uf bei 1,1 Prozent – und damit um rund 0,8 Prozentpun­kte über dem deutschen Niveau. Was nach wenig klingt, ist die größte Differenz seit mehr als vier Jahren. Der Grund: An den Finanzmärk­ten geht die Angst um, dass die Rechtspopu­listin Marine Le Pen die französisc­hen Präsidente­nwahlen im Frühjahr gewinnen und anschließe­nd ihr Land aus der Eurozone führen könnte. (ag./red.)

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