Zweifel an Betrugsvorwurf um Jets
Eurofighter. Rechtsexperten halten es für unwahrscheinlich, dass Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil mit seinem Betrugsvorwurf gegen Eurofighter und Airbus strafrechtlich durchdringt.
Wien. Es waren schwere juristische Geschütze, die Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil vorige Woche gegen den Flugzeughersteller Eurofighter und dessen Konzernmutter Airbus in Stellung brachte: Die Unternehmen hätten sich des Betrugs schuldig gemacht, die Republik sei beim Kauf der Abfangjäger vom Typ Eurofighter arglistig getäuscht worden, lautete der Vorwurf. Mittlerweile mehren sich Stimmen, wonach in den Geschützen Rohrkrepierer stecken bleiben könnten: Rechtsexperten bezweifeln, dass Doskozils Strafanzeige zu einer Verurteilung wegen Betrugs führen wird.
Im Kern geht es zunächst um den Vorwurf, Eurofighter hätte die Republik über die Lieferbarkeit eines bestimmten Typs des Fliegers in die Irre geführt. Dazu muss man wissen, dass schon im Kaufvertrag 2003 festgehalten wurde, Eurofighter (EF) dürfe auch einen anderen, weniger weit entwickelten Typ liefern, der dann nachzurüsten wäre. In der Strafanzeige des Verteidigungsministeriums (BMLV) wird erwähnt, wie es in den Verhandlungen dazu kam: „Dabei vermittelten die Vertreter von EF und Airbus den Verhandlungsteilnehmern des BMLV den Eindruck, dass sie jedenfalls in der Lage wären, Eurofighter im Bauzustand der Tranche 2 Block 8 zu den in Aussicht genommenen Lieferzeitpunkten ausliefern zu können. Nur für den Fall, dass diese nicht ab 2007 verfügbar sind, wurde EF vom BMLV die Möglichkeit eingeräumt, Abfangjäger im Bauzustand der Tranche 1 Block 5 anzubieten, welche anschließend auf einen Bauzustand der Tranche 2 Block 8 nachzurüsten waren.“Mögliche Lieferprobleme waren also absehbar.
Strafrecht darf nicht zurückwirken
Die Strafbestimmungen, deren Verletzung Doskozil anprangert, sind erst 2006 in Kraft getreten. Nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz können seither Unternehmen für Straftaten ihrer Manager mit Geldbußen belegt werden. Im Strafrecht gilt aber ein Rückwirkungsverbot: Niemand darf wegen einer Tat bestraft werden, die zum Zeitpunkt der Begehung nicht strafbar war. Daher stützt sich die Anzeige vor allem auf die Vergleichsverhandlungen 2006/7 zwischen dem damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos und Eurofighter, die zu einer Reduktion der Stückzahl führten. Die Entscheidungsträger des Herstellers und damit dieser selbst sollen demnach die Organe der Republik auch 2007 weiter darüber getäuscht haben, vereinbarungsgemäß liefern zu können. Obwohl sie dazu nicht fähig und willens gewesen seien.
„Eine vollständige Nachrüstung ist technisch und wirtschaftlich gar nicht machbar“, sagt Rechtsanwalt Johannes Zink, Partner bei Held Berdnik Astner. Er ist Mitglied der Taskforce Eurofighter. Auf die Frage der „Presse“, ob den Spezialisten im Ministerium nicht hätte klar sein müssen, dass ein hochkomplexes Fluggerät einer Generation nicht einfach durch Nachrüsten zu einem gleichwertigen Exemplar der Nachfolgegeneration gemacht werden kann (was im Übrigen im Kaufvertrag gar nicht gefordert war), meint Zink: „Das war nicht so offenkundig, dazu ist die Materie zu komplex.“Spätestens in den Vergleichsverhandlungen unter Darabos musste die Lage allerdings den Beteiligten klar geworden sein, denn Teil des Verhandlungspokers war ja, dass Österreich auf Exemplare der neueren Serie verzichtete.
Eine Verletzung vertraglicher Aufklärungspflichten allein rechtfertigt zudem noch keinen Betrugsvorwurf. Dazu müsste den damals handelnden Organen heute, zehn und mehr Jahre danach, nachgewiesen werden, dass sie die Republik damals schädigen wollten. Während ein hochrangiger Justizinsider das für nahezu unmöglich hält, zeigt sich Zink zuversichtlich: „Wenn wir keine belastbaren Unterlagen hätten, hätte ich dem Minister nicht zur Anzeige geraten.“
Neben dem Thema Lieferfähigkeit stützt die Anzeige sich auch darauf, dass Eurofighter Kosten von 183,4 Mio. Euro zum Einfädeln von Gegengeschäften nicht offengelegt hätte. Dazu geht Zink ins Jahr 2001 zurück, als bei der Einholung der Anbote von Herstellern festgehalten worden sei: „Gegengeschäftskosten sind extra auszuweisen.“Um die Unterlassung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch dem späteren Regime des Verantwortlichkeitsgesetzes unterwerfen zu können, braucht man wieder einen juristischen Kunstgriff: Man wirft Eurofighter/Airbus vor, die Täuschungshandlungen bis zum Vergleich 2007 aufrechterhalten zu haben.