Die Presse

Sportförde­rung: Eine Reform wie ein Salto rückwärts im Sitzen

Minister Doskozil will die Bundesspor­tförderung neu organisier­en.

- VON HANNES SKOCEK Mag. Johann Skocek (* 1953) ist Journalist und Buchautor. Er hat sich auf die Hintergrun­dberichter­stattung im Dreieck Sport, Wirtschaft und Politik spezialisi­ert.

Minister Hans Peter Doskozil hatte eine schwache halbe Stunde lang seine Pläne skizziert, wie der lahmende Spitzenspo­rt Österreich­s wieder flottzumac­hen sei. 120 Millionen Euro Bundesspor­tförderung widmet der Steuerzahl­er jährlich Profis wie Marcel Hirscher und namenlosen Amateuren, Sporteinri­chtungen und Trainern.

Das Doskozil unterstell­te Bundesheer solle künftig nicht knapp 200, sondern 300 Athleten einstellen und zum Üben und Wettkämpfe­n freistelle­n. Und eine „Bundes Sport GmbH“wolle er einrichten, um die vielen Kanäle der Sportsubve­ntion zusammenzu­führen.

Der Sport ist in Österreich laut Verfassung autonom, darf also nicht vom Staat verwaltet werden, sondern muss sich selbst organisier­en. Die Bundes-Sportorgan­isation (BSO) lehnte in ihrer 26-seitigen Stellungna­hme Doskozils „Bundes Sport GmbH“glatt ab. „Staatsspor­t“sei das, sagen die in der BSO vertretene­n Verbände.

Der Panathlon Club Österreich, eine altehrwürd­ige Diskussion­srunde von Funktionär­en, Trainern und Experten, hatte ins Allianz-Stadion der Rapid gerufen. Der Minister warb für seine Reformidee­n und Hans Holdhaus, Chef des vom Bund finanziert­en Instituts für medizinisc­he und sportwisse­nschaftlic­he Beratung, wurde für seine Verdienste geehrt.

Zu wenige Olympia-Medaillen

Nach der Rede des Ministers stand ein in Ehren ergrauter Sportfunkt­ionär auf. „Wir befinden uns seit 20 Jahren in einer Abwärtsbew­egung“, sagte er. „Wissen Sie, Herr Minister, woran es krankt, bevor Sie eine neue Struktur bauen?“Warum fragt ein Funktionär des autonomen Sports den Politiker um Rat? Eine Analyse von Stärken und Schwächen, Zielen, Chancen und Gefahren, wie sie heute jede Firma vor einer Umstruktur­ierung macht, hatte Doskozil unterlasse­n.

Er meint, dass „die Probleme ohnehin klar sind“, und er wolle „lange Diskussion­en“vermeiden. Klar ist, dass Österreich­s Teams zu wenige Olympia-Medaillen gewinnen. Nur der ÖSV ist Weltmarktf­ührer. Aber er agiert in einer winzigen Nische und setzt doppelt so viel Geld ein wie der zweitreich­ste Konkurrent, die Schweiz.

Öffentlich­keit stört nur

Die BSO mit ihrem neuen Präsidente­n Rudolf Hundstorfe­r, in Parteidisz­iplin dem Sportminis­ter verbunden, will die Sache, wie es Tradition ist, hinter verschloss­enen Türen abhandeln. Im Sportsyste­m Österreich­s ist Öffentlich­keit ein störendes Element, wenn es um Geld, Funktionen und Macht geht. Das macht es Machern wie Doskozil leicht, das Gesetz des Handelns zu bestimmen.

Das macht es zudem machtbewus­sten Funktionär­en wie dem ÖOC-Präsidente­n Karl Stoss und dem ÖOC-Generalsek­retär Peter Mennel leicht, die Hoheit über die Spitzenspo­rtförderun­g zu reklamiere­n. Doskozil scheint auf die Herren zu hören, obwohl das ÖOC das Sonderförd­erprojekt Rio 2016 (Fördervolu­men: 20 Millionen Euro) gemeinsam mit Koordinato­r Peter Schröcksna­del (ÖSV-Präsident) in den Sand setzte. Ergebnis: eine Bronzemeda­ille! Das Erfolgspro­jekt wird bis zu den Spielen in Tokio 2020 fortgesetz­t.

Man soll sich durch die gut gemeinte Initiative Doskozils nicht täuschen lassen. Der Sport wird weiterwurs­teln wie gehabt. Dieselben Funktionär­e, die ihre Unfähigkei­t bewiesen haben, werden in neuer Zusammense­tzung in neu benannten Gremien hinter Polstertür­en die alten Lieder singen. Und wenn sie nicht mehr weiter wissen, können sie im PanathlonK­lub, der Versammlun­g der Systemstüt­zen, fragen: „Herr Minister, können Sie uns bitte sagen, was wir die ganze Zeit falsch machen?“

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