Aufsatteln kann die Stadt verändern
City-Logistik. Lastenräder sind im Trend. Zur Massentauglichkeit im urbanen Lieferverkehr braucht es jedoch mehr zentrumsnahe Depots, neue Logistikstrategien und großzügige Fördermittel.
Es ist offensichtlich: Der altbekannte Drahtesel etabliert sich zunehmend als fester Bestandteil der Lieferkette. Immer mehr Logistikunternehmen, die in der Stadt herumkurven, setzen auf Lastenräder. Es scheint die Lösung zahlreicher Probleme für Anwohner und auch Unternehmen in siedlungsdichten Gegenden zu sein. Warum das so ist, dafür hat Susanne Wrighton von der Grazer Forschungsgesellschaft Mobilität eine plausible Erklärung: „Treiber der Fahrradlogistik sind sicherlich die wachsenden Probleme in Innenstädten.“Diese seien unter anderem durch den zunehmenden Internethandel verursacht. Verkehrsstaus, Emissionen und Probleme mit der Sicherheit nennt die Expertin für Stadtlogistik als konkrete Folgen. Aber auch der Druck auf Stadtverwaltungen steige, mehr Lebensqualität zu schaffen.
Konzerne probieren
Als Reaktion darauf stellen sich immer mehr Logistiker auf die neue Situation ein – auch große Unternehmen wie etwa GLS. Der Paketdienstleister setzt derzeit in der Grazer Innenstadt acht Lastenräder ein. Für Axel Spörl, Manager für die Region Österreich, ist dies nur der Anfang: Im Verlauf des Jahres werde das Unternehmen in weiteren Landeshauptstädten „sukzessive Räder einsetzen“, verkündet er.
Mit dem Kauf neuer CargoBikes verändern sich zudem ganze Lieferkonzepte. Denn wie die Städte selbst, brauchen auch Logistiker eine umfassend neue Strategie. GLS hat mit der Umstellung auf das Fahrrad in der steirischen Lan- deshauptstadt bereits diesen Weg eingeschlagen. Seit vergangenem November gibt es ein eigenständiges Fahrraddepot im Stadtzentrum. Dreizehn Kilometer Distanz zum großen Lager außerhalb, das ist für eine systematische Zweiradlogistik zu weit, erläutert Spörl: „In der ersten Phase des Projekts lieferte ein Zustellfahrzeug die Pakete aus dem GLS-Depot in Unterpremstätten in die Innenstadt, wo sie auf das Lastenrad verladen wurden.“
Logistische Vorteile gegenüber den motorisierten Fahrzeugen sieht der Manager vor allem in Fußgängerzonen. Dort könnten die Lastenräder „bis zur Ladentüre zustellen.“Einen Nachteil bringt jedoch gerade die aktuelle Jahreszeit mit sich. Denn witterungsbe- dingt, etwa bei massivem Schneefall, können an manchen Tagen weniger Räder eingesetzt werden, berichtet Spörl. Solche Probleme sind auch der Grund, warum für den heimischen Platzhirschen, die Österreichische Post, Cargo-Bikes derzeit kein Thema sind: „Dafür sind zum einen unsere Mengen zu groß, zum anderen bräuchte man Zwischenhubs in der Innenstadt. Ich wüsste nicht, wo man so etwas in Wien einrichten könnte“, sagt Sprecher Michael Homola.
Maßnahmen-Mix entscheidet
Nicht ganz so neu wie für GLS ist das Lastenrad für Veloce. Der Wiener Botendienst setzt für seine Fahrten schon lange Fahrräder ein – mittlerweile auch elektrische Cargobikes. Für Geschäftsführer Paul Brandstätter liegt in diesen sogenannten ECBs die Zukunft. Auch deshalb, weil sie in der Stadt schneller seien, als zweispurige Kraftfahrzeuge. Brandstätter nennt aber auch gute Gründe, warum es Investitionshemmnisse gibt: ECBs seien beispielsweise noch teuer und wartungsintensiv. Zudem hätten sie eine viel zu kleine Zuladung. Sein Vorschlag, um die Räder massentauglicher zu machen: Sie müssten sich mehr an „logistischen Standardabmessungen“orientieren und modulare Bausysteme in der Herstellung haben.
Anreize zum Investieren wollen nun zunehmend die Städte selbst geben. So unterstützt etwa Wien ab März den Neukauf von privat oder gewerblich genutzten Transporträdern. Es gibt einen Fördertopf von voraussichtlich 200.000 Euro. Bis zu 50 Prozent des Kaufpreises – jedoch maximal 1000 Euro – will die Stadt übernehmen. Der Vorstoß kommt in der Wirtschaft gut an: „Zahlreiche Unternehmen erkundigen sich bereits nach der Förderung“, teilt Sprecherin Kathrin Ivancsits von der Mobilitätsagentur Wien mit und prognostiziert: „Wir erwarten, dass rund die Hälfte der Anträge diesen Firmen gestellt wird.“
Subverteilzentren gefordert
Damit das Lastenrad dem Verkehrsstau und Emissionen langfristig die Stirn bieten kann, dafür reichen Anschaffungshilfen alleine nicht aus. Helfen könnte mehr Platz für Sub-Verteilzentren nahe dicht verbauten Gebieten, gepaart mit Zufahrtsbeschränkungen für Kraftfahrzeuge, meint Wrighton. Insbesondere für Großunternehmen seien ordnungspolitische Rahmenbedingungen entscheidend, damit sie umsatteln. Fahrzeug- und Unternehmensförderungen sind laut der Expertin aus Graz hingegen für die kleinen und mittleren Betriebe gute Anreize zum Aufsatteln.