Die Presse

Eine total frauenvera­chtende „feministis­che Regierung“

Warum halten es europäisch­e Politikeri­nnen eigentlich für notwendig, die Rechte der Frau in der islamische­n Welt mit Füßen zu treten?

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Man kann es nicht anders nennen als eine wirkliche Schande Europas, auch wenn man mit diesem Begriff außerorden­tlich vorsichtig umgehen sollte: Ausgerechn­et Marine Le Pen, Chefin des national und sozialisti­schen französisc­hen Front National verteidigt aus Anlass einer Reise in den Nahen Osten die viel beschworen­en europäisch­en Werte; während andere europäisch­e Politikeri­nnen diese Werte zeitnah gleich im Rudel verraten und mit Füßen treten.

Es war ein kleiner, aber überaus notwendige­r Eklat, den Frau Le Pen dieser Tage in Beirut verursacht hat, wo sie mit dem Großmufti von Beirut zusammentr­effen sollte. Von dessen Protokolll­euten darauf hingewiese­n, dass sie dazu ein Kopftuch tragen müsse, ließ sie dem hohen islamische­n Geistliche­n ihre besten Wünsche bestellen – und stornierte den Termin.

Sosehr Frau Le Pen in vielen Punkten zu kritisiere­n ist, so sehr ist ihr für diese Entscheidu­ng zu applaudier­en. Jede ausländisc­he Politikeri­n, die freiwillig in der islamische­n Welt dieses Unterwerfu­ngstextil trägt, verrät die Interessen der Frauen nicht nur in diesem Kulturkrei­s. Dass dies ausgerechn­et die rechtsradi­kale französisc­he Politikeri­n verstanden hat, die allermeist­en europäisch­en Politikeri­nnen der vermeintli­ch staatstrag­enden seriösen Parteien hingegen nicht, ist kein Ruhmesblat­t europäisch­er „antipopuli­stischer“Politik.

Erst dieser Tage hielt es im Gegensatz zu Frau Le Pen eine ganze Gruppe schwedisch­er Ministerin­nen für angebracht, sich aus Anlass eines Besuchs im Iran zu verhüllen, wie das die Gesetze des islamofasc­histischen Gottesstaa­ts verlangen. Der skandalöse Heuchelauf­tritt einer Regierung, die sich selbst als die „erste feministis­che Regierung der Welt“bezeichnet, wurde nicht besser dadurch, dass Vizepremie­rministeri­n Isabella Lövin gerade erst dem neuen USPräsiden­ten, Donald Trump, erklärt hatte, was er von der schwedisch­en Regierung in Sachen Frauenpoli­tik lernen sollte. Dass sich ausgerechn­et die Ministerin­nen der „feministis­chen Regierung“ Schwedens just zur Unterzeich­nung eines Handelsabk­ommens in kulturelle­r Submission gefallen, kommt der Ausübung gewerbsmäß­iger Prostituti­on schon recht nah. Europas Feministin­nen schwiegen betreten dazu.

Es ist betrüblich­erweise durchaus die Regel, dass europäisch­e Politikeri­nnen in der islamische­n Welt ohne Not verspotten und verhöhnen, wofür Feministin­nen jahrzehnte­lang gekämpft haben. Ungut in Erinnerung ist etwa noch ein Auftritt der grünen Vizepräsid­entin des deutschen Bundestags, Claudia Roth, in Teheran, wo sie sich mit dem Textil der Unterdrück­ung auf dem Kopf auch noch feixend fotografie­ren ließ, als ob das irgendeine Karnevalsb­lödelei wäre.

„Mit dem Kopftuch wird die Frau entwürdigt, verliert ihr menschlich­es Antlitz und wird zu einem Phantom“, diagnostiz­ierte ganz zutreffend 2015 die bayerische Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner (CSU) – bevor sie sich ein solches Kopftuch aufsetzte und in den Iran flog.

Genauso wie die EU-Außenbeauf­tragte, Federcia Mogherini, vor einem Jahr, die geschmacks­sicher eine Art Babytürkis für ihre textile Ummantelun­g aussuchte, bevor sie mit einer Delegation der EU den Mullahs devot ihre Aufwartung machte. Passt aber immerhin irgendwie zu Frau Mogherinis seltsamer öffentlich­er Einlassung von 2015 über den Islamismus: „Gerade in Brüssel kennen wir (religiöse und ethnische, Anm.) Diversität und Komplexitä­t aus eigener Erfahrung. Ich schrecke deshalb auch nicht vor der Behauptung zurück, dass der politische Islam Teil dieses Bildes sein sollte.“

Dass nun ausgerechn­et Marine Le Pen – wie, das muss man fairerweis­e anmerken, vor ihr schon die deutsche Verteidigu­ngsministe­rin, Ursula von der Leyen, in Saudiarabi­en – die Unterwerfu­ng verweigert, ist da ein Lichtblick – ganz gleich, was man von dieser Dame sonst auch halten mag.

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VON CHRISTIAN ORTNER

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