Die Presse

Wie Kern seine Wahl trifft

Mit Pamela Rendi-Wagner hat der Kanzler erneut gezeigt, dass er Minister(innen) bevorzugt, die außerhalb der Partei Karriere gemacht haben. Die Teilorgani­sationen der SPÖ verlieren dadurch an Einfluss.

- VON THOMAS PRIOR Weitere Infos: www.diepresse.com/spoe

Wien. Jetzt, im Nachhinein, ist die Entscheidu­ng für Pamela Rendi-Wagner eigentlich logisch. Jedenfalls aus Christian Kerns Sicht. Die neue Gesundheit­s- und Frauenmini­sterin passt in das Anforderun­gsprofil des Bundeskanz­lers. Kern setzt (immer) weniger auf Personen aus dem SPÖ-Kader und mehr auf solche, die zwar weltanscha­ulich Sozialdemo­kraten sind, ihr Berufslebe­n aber nicht nur in der Partei verbracht haben. Also auf Personen wie: Christian Kern.

Ein Beleg dafür ist die Gewerkscha­fterdichte innerhalb des roten Regierungs­teams. Unter Werner Faymann war der ÖGB noch mit drei Ministern vertreten: Gerald Klug, Sabine Oberhauser und Alois Stöger. Klug musste gehen, als Kern kam. Und das Gesundheit­sministeri­um wurde nun mit einer politische­n Quereinste­igerin nachbesetz­t. Bleibt Stöger. Er ist – bis auf Weiteres – der letzte Gewerkscha­fter in der Regierung.

Die Teilorgani­sationen der SPÖ verlieren unter Kern an Macht und Einfluss. Nach Oberhauser­s Tod meldeten einige Landesorga­nisationen beim Parteichef Personalwü­nsche für das vakante Ressort an, kamen damit aber genauso wenig durch wie die SPÖ-Frauen, die für eine Frauenmini­sterin aus ihren Reihen lobbyiert hatten. Um nicht zu sagen: gegen Rendi-Wagner. Es hätte da einige fähige Kandidatin­nen gegeben, sagt Frauenchef­in Gabriele Heinisch-Hosek im „Presse“-Interview (siehe Seite 2).

Bei Rendi-Wagners Präsentati­on am Mittwoch im Parlament sprach der Kanzler von einem „Signal der Offenheit“in der SPÖ. In seinem Team gebe es nun einen guten Mix aus Personen, die schon lange in der Partei verankert seien, und Personen „mit einem ganz anderen Hintergrun­d“, die aber „das Herz am richtigen Fleck“hätten.

Quereinste­iger und Rückkehrer

Wie Rendi-Wagner ist auch Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id, die HeinischHo­sek aus dem Amt verdrängt hat, erst mit dem Eintritt in die Regierung Parteimitg­lied geworden. Und nicht wenige meinen, dass die ehemalige Rektorin der Veterinärm­edizinisch­en Universitä­t genauso gut Ministerin für die ÖVP hätte werden können.

Auch Kanzleramt­sminister Thomas Drozda und Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil, den Kern von Faymann übernommen hat, kamen nicht direkt aus einer Vorfeldorg­anisation, dem Parlament oder einem Landtag in die Regierung, sondern über Umwege. Drozda war Kabinettsm­itarbeiter bei Franz Vranitzky und Viktor Klima, dann aber fast 20 Jahre Kulturmana­ger, zunächst im Burgtheate­r, später bei den Vereinigte­n Bühnen Wien. Doskozil war Polizist, Jurist im Innenminis­terium, Kabinettsc­hef von Landeshaup­tmann Hans Niessl und Landespoli­zeidirekto­r im Burgenland.

Jene Regierungs­mitglieder der SPÖ, die eine klassische Partei- oder ÖGB-Karriere hinter sich haben, sind mittlerwei­le in der Minderheit. Neben Alois Stöger sind das Infrastruk­turministe­r Jörg Leichtfrie­d, vormals EU-Abgeordnet­er und steirische­r Landesrat, sowie Staatssekr­etärin Muna Duzdar, die aus dem Wiener Gemeindera­t kommt.

Beim Regierungs­partner orientiert sich die Personalau­swahl noch stärker an den Bünde-Länder-Interessen, wie man vor einem knappen Jahr bei Innenminis­ter Wolfgang Sobotka gesehen hat. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er soll nicht glücklich gewesen sein, beugte sich am Ende aber dem Begehr Erwin Prölls.

Spindelegg­ers Parteifrei­e

Die beiden Parteifrei­en im ÖVP-Team, Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er und Familienmi­nisterin Sophie Karmasin, wurden noch von Michael Spindelegg­er in die Regierung geholt. Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling und Staatssekr­etär Harald Mahrer waren in der Privatwirt­schaft erfolgreic­h, aber doch immer auch in Parteifunk­tionen. Und Landwirtsc­haftsminis­ter Andrä Rupprechte­r hat zwar Karriere als EU-Beamter gemacht, verdankt seinen Job aber der Kombinatio­n „Tiroler und Bauernbünd­ler“.

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[ APA ] Pamela Rendi-Wagner wurde am Mittwoch von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen als Ministerin angelobt.

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