Die Presse

King Kong als fröhliche Monsterhat­z

Der Blockbuste­r „Kong: Skull Island“ist gut geölter, überrasche­nd spritziger Edel-Trash, mit ultra-künstliche­n Effekten und guten Botschafte­n: Umweltschu­tz und Pazifismus.

- VON ANDREY ARNOLD

„Kong: Skull Island“ist gut geölter, überrasche­nd spritziger Edel-Trash, mit ultrakünst­lichen Effekten und guten Botschafte­n.

Ein Mann fällt vom Himmel. Direkt aus der Sonnenmitt­e fliegt er schreiend der Kamera entgegen, wie Ikarus oder der erste Mensch. Bald ist klar: Es handelt sich um einen US-Soldaten, abgestürzt auf einer Pazifik-Insel nach erbitterte­m Weltkriegs-Luftkampf. Sein japanische­r Gegner ist bereits gelandet und wartet mit gezücktem Schwert. Ein kurzer Blickwechs­el, archaisch und angespannt, wie im Western. Dann eine Verfolgung­sjagd durch den Dschungel, bis an den Rand einer Klippe, wo sich das Duell entscheide­n muss. Denkt man zumindest.

Bis sich eine haarige Gigantenha­nd über den beiden aufbäumt und deutlich macht: Es gibt im Augenblick ein größeres Problem. Die Eröffnungs­sequenz des Monster-Blockbuste­rs „Kong: Skull Island“zeichnet den Rest des Films in dreierlei Hinsicht vor. Einerseits verankert ihn das knallige „cold opening“(ein abrupter Einstieg als nervenkitz­elnder Aperitif vor dem eigentlich­en Filmbeginn) klar in der Popcorn-Tradition von B-Movies und ihren Big-Budget-Revisionen. Weiters etabliert es eine Kernmetaph­er: Riesenaffe King Kong als Naturgewal­t, die eine übermütige Menschheit auf ihren Platz verweist. Nicht zuletzt macht der furiose Einstieg ordentlich Spaß – keine Selbstvers­tändlichke­it im oft schwerfäll­igen, narrativ überfracht­eten Multiplex-Kino der Gegenwart.

„Skull Island“spielt in den Siebzigern – gerade weit genug weg von der Gegenwart, um den Einbruch alberner Fantastik zu ge- statten, aber doch so nah dran, dass man augenzwink­ernde Wirklichke­itsbezüge herstellen kann, mit Sprüchen a` la: „Washington war noch nie so durch den Wind wie jetzt“. Bill Randa (John Goodman), Chef einer geheimen Regierungs­organisati­on, wittert Wundersame­s auf dem titelgeben­den pazifische­n Eiland und schafft es, seine Vorgesetzt­en von einer Expedition zu überzeugen.

Fröhliche Monsterhat­z

Mit dabei: Ein britischer Söldner mit Fährtensuc­herfertigk­eiten (Tom Hiddleston), eine kritische Vietnamkri­egsreporte­rin (Brie Larson) und ein Haufen ausgemuste­rter Soldaten, deren Anführer (Samuel L. Jackson) die Niederlage in Südostasie­n noch nicht verwunden hat. Den turmhohen König des Schädelins­el-Dschungels brauchen sie nicht lange suchen; schließlic­h ist er kaum zu übersehen. In einer explosiven Spektakels­equenz, die zuweilen an die Egoperspek­tiven-Attraktion­smomente moderner Computersp­iele erinnert (Stürzen Sie in King Kongs Schlund!), wird das Hubschraub­erschwadro­n der Neuankömml­inge vom Primaten-Ungetüm dezimiert. Den Überlebend­en bleibt nur die Flucht durch den Urwald.

Von da an ergeht sich der Film in fröhlicher Monsterhat­z, die sich auch ins GroteskBru­tale vorwagt; etwa, als ein armer Teufel vom Bein einer Riesenspin­ne gepfählt wird. Aber wirklich arg wird’s nie, dafür sorgt allein die ultra-künstliche, farbsatte Ästhetik. Dass die meisten Figuren im Schatten der EffektSafa­ri untergehen, ist verschmerz­bar – Cha- rakterchar­gen wie Goodman, Jackson und Komiker John C. Reilly als Robinson-CrusoeKari­katur wiegen diesen Umstand auf.

Als gut geölter, leichtblüt­iger Edel-Trash will „Skull Island“offenkundi­g in die Kassenschl­ager-Fußstapfen von „Jurassic World“treten, mit dem er sich einen Drehbuchau­tor teilt. In puncto Kurzweil kann er mithalten – auch aufgrund der überrasche­nd spritzigen Inszenieru­ng von Indie-Parvenü Jordan Vogt-Roberts, der viel Dynamik in die Bilder bringt und eine Vorliebe für humoristis­che Match-Cuts an den Tag legt: Mal schneidet er vom kauenden Kong auf einen SandwichIm­biss, mal von einem Kampfmesse­r auf die damit geöffnete Konservend­ose.

Was der King-Kong-Marke an Wiedererke­nnungswert fehlt, kompensier­t „Skull Island“mit einem Pastiche naheliegen­der Referenzwe­lten: „Apocalypse Now“, „Predator“, „Jurassic Park“. Und sein thematisch­er Überbau ist selbstvers­tändlich sauber durchdacht: Jacksons Militär muss als Buhmann einer Antikriegs­botschaft herhalten, weil er Kong nicht vom Vietcong unterschei­den kann, und während der Riesenaffe im Original aus den Dreißigern für das Triebhafte im Menschen stand (oder für die entrechtet­e schwarze Bevölkerun­g der USA, je nach Bedarf ), geht es diesmal um Ökologie – Sätze wie „Dieser Planet gehört uns nicht“oder „Wir sind nur Gäste hier“fallen öfter. Ein Schelm, wer dabei an den chinesisch­en Kinomarkt denkt: Spätestens seit dem Sensations­erfolg von Stephen Chows „The Mermaid“steht das Thema dort hoch im Kurs.

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 ?? [ Warner] ?? „Kong: Skull Island“soll offensicht­lich in die Fußstapfen des Kassenschl­agers „Jurassic World“treten. Seine Figuren gehen in der Effektsafa­ri leicht unter.
[ Warner] „Kong: Skull Island“soll offensicht­lich in die Fußstapfen des Kassenschl­agers „Jurassic World“treten. Seine Figuren gehen in der Effektsafa­ri leicht unter.

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