Chinas Rachefeldzug gegen Südkorea
Die KP-Führung drängt im Nordkorea-Konflikt alle Seiten zu Kompromissen. Dabei schürt auch Peking den Konflikt – und zwar gegen Südkorea.
Peking. Die Verkäuferin hat Kaffee aufgesetzt. Es duftet nach frischen Waffeln. Doch das Cafe´ im belebten Pekinger Geschäftsviertel Wangjin ist leer. „Wir haben seit einigen Tagen kaum mehr Kundschaft“, klagt die Betreiberin. Der Grund: Sie ist Südkoreanerin. Südkoreanische Einrichtungen sind in China derzeit nicht angesagt.
Gegen den Willen der chinesischen Führung haben die USA damit begonnen, ihr Raketenabwehrsystem THAAD nach Südkorea zu verlegen, Offiziell heißt es, die Abwehrraketen würden sich gegen die Gefahr aus Nordkorea richten.
Das sieht China anders. Das Überwachungs- und Frühwarnsystem gehe „weit über die koreanische Halbinsel“hinaus, kritisierte am Mittwoch Außenminister Wang Yi. Er bezeichnete die Raketenabwehr als das gegenwärtig „größte Problem“für die Beziehungen zwischen Peking und Seoul. Mit scharfen Worten drohte er: Sollte Südkorea die Aufstellung nicht stoppen, werde sich das Land selbst schaden. Auch wenn die chinesische Führung das offiziell nicht zugibt – seit Wochen betreibt China eine Kampagne gegen alles, was mit Südkorea zu tun hat. Vor allem die sozialen Medien sind voll von Boykott-Aufrufen und Hasseinträgen gegen das Nachbarland, mit dem es wirtschaftlich und kulturell bis vor Kurzem noch sehr intensiven Austausch gab.
Star-Termine abgesagt
Südkoreanische Cafe-´ und Restaurant-Ketten sind in Chinas Großstädten sehr beliebt, ebenso wie südkoreanische Popmusik und TV-Serien. Doch zahlreiche Auftritte von TV-und Musikstars wurden nun abgesagt. Am vergangenen Wochenende hat die Stadtverwaltung von Peking mehrere Einkaufszentren des südkoreanischen Großkonzerns Lotte schließen lassen. „Aus Hygienegründen“, heißt es offiziell. Südkoreanische Supermärkte und Geschäfte gehören zu den saubersten in China.
Heikel ist THAAD in der Logik der nuklearen Rüstungspolitik, weil es das „Gleichgewicht des Schreckens“gefährdet: So lange die großen Atommächte China, Russland und die USA auf eigenem Boden nuklear bestückte Raketen aufeinander richten, würde keiner einen nuklearen Angriff wagen, denn sie müssten unmittelbar mit einem Gegenschlag rechnen. Haben die USA aber vor Chinas Haustür Abfangraketen stationiert, wird dieses Gleichgewicht unterlaufen. Die USA sind klar im Vorteil.
Nun schlägt China im Nordkorea-Konflikt einen Kompromiss vor: Wang ist dafür, dass Pjöngjang seine Atom- und Raketenaktivitäten aussetzt. Die USA und Südkorea müssten dafür von THAAD absehen und ihre Militärmanöver einstellen. Er verglich beide Seiten mit Zügen, die immer schneller aufeinander zurasen – keiner der beiden sei bereit, auszuweichen. Wang warnt vor einem „Frontalzusammenstoß“. Chinas Aufgabe sei es, „Warnlampen aufleuchten zu lassen und Weichen zu stellen“.