Er ist, was er sein soll
Der Bahnhof am Hauptbahnhof funktioniert: eine Parteiergreifung.
Aus Sicht des Bahnfahrers ist das Einkaufszentrum nur Beiwerk.
Könnte Wiens Hauptbahnhof lesen und wäre obendrein noch zartbesaitet: Er wäre wohl am liebsten gar nicht auf die Welt gekommen.
Zu klein, zu hässlich, zu gewöhnlich, zu . . . Die Liste der negativen Medienberichte verlängerte sich in den Jahren vor der Fertigstellung monatlich. Meistens waren diese von Oppositionspolitikern oder Architekten, Planern und Experten getragen, die bei der Auftragsvergabe nicht zum Zug gekommen waren.
Nach der Inbetriebnahme des Verkehrsbauwerks, das als Herz und Hirn des mitteleuropäischen Taktfahrplans funktioniert, darf man nun auch Anerkennung aussprechen: Der Bahnhof selbst, der funktioniert. Denn aus der Sicht des täglichen Bahnfahrers ist das Einkaufszentrum nur Beiwerk.
So ist von Überfüllung auch während der Stoßzeiten keine Rede, die angeblich (zu) weiten Entfernungen zwischen den unzähligen Bus- und Bahn-Linien sind angemessen und rasch zu bewältigen. Auch das Ein-, Ausund Umsteigen verläuft dank Vertaktung der Fahrpläne meist ohne lange Wartezeiten. Und zwar in alle Richtungen. Wer dennoch seinen Zug verpasst, muss hier – im Winter – weder frieren, noch sich unwohl fühlen: ÖBB, Polizei und soziale Dienste haben einen guten Ausgleich zwischen den Bedürfnissen von Fahrgästen und den nie ganz vermeidbaren Randgruppen gefunden.
Bahnhof, bleib wie Du bist!