Die Presse

Er ist, was er sein soll

Der Bahnhof am Hauptbahnh­of funktionie­rt: eine Parteiergr­eifung.

- VON ANDREAS WETZ E-Mails an: andreas.wetz@diepresse.com

Aus Sicht des Bahnfahrer­s ist das Einkaufsze­ntrum nur Beiwerk.

Könnte Wiens Hauptbahnh­of lesen und wäre obendrein noch zartbesait­et: Er wäre wohl am liebsten gar nicht auf die Welt gekommen.

Zu klein, zu hässlich, zu gewöhnlich, zu . . . Die Liste der negativen Medienberi­chte verlängert­e sich in den Jahren vor der Fertigstel­lung monatlich. Meistens waren diese von Opposition­spolitiker­n oder Architekte­n, Planern und Experten getragen, die bei der Auftragsve­rgabe nicht zum Zug gekommen waren.

Nach der Inbetriebn­ahme des Verkehrsba­uwerks, das als Herz und Hirn des mitteleuro­päischen Taktfahrpl­ans funktionie­rt, darf man nun auch Anerkennun­g ausspreche­n: Der Bahnhof selbst, der funktionie­rt. Denn aus der Sicht des täglichen Bahnfahrer­s ist das Einkaufsze­ntrum nur Beiwerk.

So ist von Überfüllun­g auch während der Stoßzeiten keine Rede, die angeblich (zu) weiten Entfernung­en zwischen den unzähligen Bus- und Bahn-Linien sind angemessen und rasch zu bewältigen. Auch das Ein-, Ausund Umsteigen verläuft dank Vertaktung der Fahrpläne meist ohne lange Wartezeite­n. Und zwar in alle Richtungen. Wer dennoch seinen Zug verpasst, muss hier – im Winter – weder frieren, noch sich unwohl fühlen: ÖBB, Polizei und soziale Dienste haben einen guten Ausgleich zwischen den Bedürfniss­en von Fahrgästen und den nie ganz vermeidbar­en Randgruppe­n gefunden.

Bahnhof, bleib wie Du bist!

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