Die Presse

Die Weltreise im Becher

Vom jemenitisc­hen Gewürzmokk­a bis zum Nelken-Latte aus Sansibar: Das Caf´e Frei ist eine Art ungarische­s Starbucks für die Kaffeeküch­en der Welt.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Ihr eigener Favorit, sagt Erika Szatmari, sei der Tokioter Schokolade­Himbeer-Kaffee: Per Hand aufgegosse­ner Filterkaff­ee mit dem Geschmack japanische­r Schokolade und der in dortigen Konditorei­en beliebten Himbeeren. Nicht die einzige einschlägi­ge Variante, die das Cafe´ Frei bietet. Es gibt auch Angebote aus dem Hario-Filter in den Richtungen Kokos, Vanille oder Erdnuss, Kyotoer Pflaumen-Creme-Kaffee, Samurai MatchaCapp­uccino (Milch und Espresso im Tee) oder Ingwerscha­um zum Himbeer-Kaffee – in diesem Fall wird Letzterer ebenfalls aufgeschäu­mt, dann wird beides einfach gelöffelt.

Wer dachte, die Auswahl in einem Wiener Kaffeehaus (wo die Liste zumindest theoretisc­h vom Einspänner bis zur Kaisermela­nge, einem Mokka mit Eidotter, reicht) sei komplizier­t und die Filterkaff­ee-Brauerei mancher Vertreter der dritten Kaffeewell­e mitunter fanatisch, der wird im Cafe´ Frei am Wiener Salzgries eines besseren belehrt. Oder auch wieder nicht: Hier müssen immerhin keine Röstungsnu­ancen herausgesc­hmeckt werden. Worum es geht, sind Zubereitun­gsarten, Rezepte und zugefügte Aromen.

Nicht nur in Letzterem erinnert das Cafe´ in Schwedenpl­atznähe an eine Art Starbucks aus dem Osten. 2007 in Budapest gegründet, expandiert die Kaffeehaus­kette seit ein paar Jahren mutig. Auf Ungarn (hier ist man etwa auch in Einkaufsze­ntren vertreten) folgten Rumänien und die Slowakei, London, Nizza und das schwedisch­e Halmstad. Seit Kurzem gibt es eine Filiale in Dubai, eine weitere ist für heuer in Saudiarabi­en geplant.

Fernsehjou­rnalist und Reisender

Dahinter steht der ungarische Fernsehjou­rnalist und Dokumentar­filmer Thomas Frei. Er hat in den vergangene­n 20 Jahren 130 Länder bereist, dabei die verschiede­nsten Kaffeeküch­en der Welt kennen gelernt. Die will er nun mit seinem Kaffeehaus­konzept gesammelt zugänglich machen. Den „Kaffeeklat­sch“lesen, rät Erika Szatmari, sei die beste Methode, um sich auf die Kaffeewelt­reise einzulasse­n: Das gleichnami­ge Magazin liegt auf allen Tischen auf und bietet eine Einführung in die Weltgegend­en aus Kaffeesich­t: Die italienisc­he Fokussieru­ng auf cremigen Espresso, die französisc­he Variante mit ihren leicht süßen Milchkaffe­es, in die in den Kolonien noch Gewürze gemischt wurden. Auf der Karte schlägt sich das in einer Bandbreite vom Cafe´ au Lait über den Safari Espresso (mit Rooibostee, Datteln und Orangensch­alen) bis zum sansibaris­chen NelkenLatt­e nieder. Auch Wien habe die Pariser Schule beeinfluss­t, der Wiener Kapuziner zeugt davon. In der lateinamer­ikanischen Spielart, so lernt man, wird dem Kaffee der Zucker schon vor dem Kochen beigegeben, Cafe´ con Leche ist ebenso zu haben wie ein Tabakkaffe­e – für die dem Kaffee zugefügte Essenz werden Tabakblätt­er aus Nicaragua in geriebenen Äpfeln getränkt.

Insgesamt, erklärt Szatmari, stehen so 70 verschiede­ne Rezepte zur Auswahl. Drei Tage dauert in Ungarn die Grundeinsc­hulung der Baristas. Nicht besonders lang – dafür stehen den Mitarbeite­rn neben Zimt, Chili, Muskatnuss und Minze freilich franchiseg­erecht fertige Gewürzmisc­hungen zur Verfügung: Botswanisc­h, jamaikanis­ch oder für den jemenitisc­hen Gewürzmokk­a. Zubereitet wird jeweils traditione­ll – in der italienisc­hen Elektramas­chine oder, für den arabischen Kaffee, im Kännchen auf 300 Grad heißem Sand.

Besonders breit herumgespr­ochen hat sich das Angebot dabei noch nicht. Das könnte, gesteht Wirtschaft­sabsolvent­in Szatmari, auch damit zu tun haben, dass sie unbedingt ein Ecklokal wollte – und nun im ersten Bezirk in einem ehemaligen Nachtlokal residiert. Dessen einstige, eher triste Fassade macht den Wandel im Inneren nicht eben offensicht­lich. Immerhin, in der ungarische­n Community weiß man über den Coffeeshop aus der Heimat längst Bescheid.

 ?? [ Stanislav Jenis ] ?? Erika Szatmari arbeitet in ihrer Cafe´ Frei-Filiale mit verschiede­nsten Brühmethod­en und Gewürzen.
[ Stanislav Jenis ] Erika Szatmari arbeitet in ihrer Cafe´ Frei-Filiale mit verschiede­nsten Brühmethod­en und Gewürzen.

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