Die Presse

Griechisch­er Experte hilft Stöger

Studie. Die Kritik an der von Minister Stöger bei der LSE in Auftrag gegebenen Studie über die Sozialvers­icherungen wird immer lauter.

- VON CHRISTIAN HÖLLER

Wien. Die Modernisie­rung des Sozial- und Gesundheit­ssystems gehört zu den großen Reformproj­ekten von Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ). Dazu beauftragt­e Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) im Dezember 2016 die London School of Economics (LSE) mit einer Effizienzs­tudie.

Die ÖVP ist darüber empört. Denn Stöger soll bei der Auftragsve­rgabe andere Inhalte festgeschr­ieben haben, als im Ministerra­t vereinbart worden seien. Außerdem bekommt die LSE für die Studie 630.000 Euro, obwohl der Auftrag nicht ausgeschri­eben wurde. Die ÖVP zeigte sich verwundert, da österreich­ische Forschungs­institute (wie Wifo und IHS) nicht zum Zug gekommen sind. Die Industriel­lenvereini­gung beauftragt­e daraufhin das IHS mit einer Studie und zahlte dafür 20.000 Euro. Die Ergebnisse der IHS-Studie wurden in der Vorwoche präsentier­t. Laut Industriel­lenvereini­gung reichen in Österreich statt 18 Krankenkas­sen auch fünf. „Die Presse“fand weitere Hintergrün­de zu Stögers Studie heraus.

Wer ist Professor Mossialos?

Das Projekt leitet bei der LSE Professor Elias Mossialos. Dieser sorgte im Zusammenha­ng mit Griechenla­nd für Schlagzeil­en. Als in seiner Heimat, Griechenla­nd, das Chaos ausgebroch­en sei, schrieb 2011 die deutsche Wochenzeit­ung „Die Zeit“, sei Mossialos vom früheren sozialdemo­kratischen Ministerpr­äsidenten Giorgos Papandreou gebeten worden, „als Regierungs­sprecher im Range eines Ministers zurückzuke­hren“. Mossia- los habe zugestimmt. Als Regierungs­sprecher kündigte er im Gespräch mit der „Zeit“beispielsw­eise ein neues Steuergese­tz an, das die Reichen stärker belasten soll. Die Zeitung „Die Welt“nannte Mossialos einen „jungen Wilden“. Mittlerwei­le arbeitet er wieder als Professor für die LSE.

Ideologisc­he Schlagseit­e

Im Sozialmini­sterium ist für die Sozialvers­icherungss­tudie David Mum zuständig. Mum leitete früher in der Gewerkscha­ft der GPAdjp die Grundlagen­abteilung. Er erklärte einst in einem „Presse“Gastkommen­tar, warum in Österreich bei der Vermögensb­esteue-

keine Auftragsve­rgabe und eine ideologisc­he Schlagseit­e: Die Kritik an der von Sozialmini­ster Stöger (SPÖ) in Auftrag gegebenen Studie zur Reform des Sozialvers­icherungs- und Gesundheit­ssystems reißt nicht ab. Das Sozialmini­sterium weist die Vorwürfe zurück. Stöger erwartet sich von der Studie, dass sie Optionen aufzeigt und eine Grundlage für die politische Entscheidu­ng liefert. rung Handlungsb­edarf besteht. Er soll an der Auftragsve­rgabe für die LSE mitgewirkt haben. Die ÖVP und die Wirtschaft­skammer fürchten nun, dass die Studie den Boden für die Einführung einer Maschinens­teuer und/oder Vermögenst­euer bereiten soll.

Denn im Auftragste­xt des Sozialmini­steriums an die LSE heißt es, dass das Sozialvers­icherungsu­nd Steuerrech­t modernisie­rt werden sollen: „Am sich abzeichnen­den Übergang vom postindust­riellen in das digitale Zeitalter ist die Mittelaufb­ringung eines bisher am Faktor Arbeit anknüpfend­en beitragsor­ientierten Sozialvers­icherungss­ystems rechtzeiti­g grundlegen­d neu auszuricht­en.“Daher soll eine „Verbreiter­ung und Ergänzung der Finanzieru­ng“bei gleichzeit­iger Entlastung des Faktors Arbeit angedacht werden. Die LSE soll dazu Modelle erarbeiten.

Angestrebt wird bei den Sozialvers­icherungen eine Harmonisie­rung des Leistungsr­echts. Die LSE soll auch prüfen, in welchen Bereichen das Vergaberec­ht nicht zur Anwendung kommen soll, um bei Gesundheit­sdienstlei­stungen „die Versorgung­ssicherhei­t durch in- ländische Anbieter sicherzust­ellen“. Die Frage ist, ob das dem EURecht widerspric­ht.

Zur Studie hat Neos-Sozialspre­cher Gerald Loacker eine parlamenta­rische Anfrage gestellt. Denn die LSE beauftragt­e für die Studie in Österreich zwei Subauftrag­nehmer. Einer davon ist Werner Hoffmann, Partner von Contrast Ernst Young. Diese hat laut Loacker früher den Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger beraten. Laut Contrast EY wird dadurch aber die Objektivit­ät der Beiträge von Hoffmann für die Studie nicht beeinträch­tigt. Denn das von Loacker erwähnte Projekt liege schon mehr als zehn Jahre zurück.

 ?? [ APA ] ?? Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) will noch vor der Nationalra­tswahl Veränderun­gen bei den Sozialvers­icherungen.
[ APA ] Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) will noch vor der Nationalra­tswahl Veränderun­gen bei den Sozialvers­icherungen.

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