Die Presse

Woran liegt es, wenn Megadeals platzen?

Kraft Heinz kann sich Unilever nun doch nicht einverleib­en. Das ist aber kein Einzelfall – immer wieder scheitern Fusionsplä­ne kurz nach Bekanntwer­den. Dem Bieter kann dann leicht die Zeit davonlaufe­n.

- VON CHRISTINE KARY

143 Milliarden Dollar bot Kraft Heinz für Unilever. Aber kaum wurden die Übernahmep­läne bekannt, waren sie auch schon Geschichte: Unilever signalisie­rte Ablehnung, Kraft Heinz zog sein Angebot zurück. Laut Daten von Thomson Reuters ist diese Transaktio­n die drittgrößt­e, die jemals geplatzt ist – aber bei weitem kein Einzelfall. Den größten gescheiter­ten Deal gab es im Vorjahr: Pfizer bot für Allergan 160 Milliarden Dollar, diese beiden wären sich sogar einig gewesen – eine Verschärfu­ng des US-Steuerrech­ts zwang Pfizer jedoch zum Rückzug.

Hier war der Grund des Scheiterns klar. Aber woran liegt es sonst, wenn Megatransa­ktionen platzen? Sind solche Geschäfte nicht längst bis ins kleinste Detail ausgehande­lt, sobald sie publik werden? Bei öffentlich­en Übernahmen – also mit einer börsennoti­erten Gesellscha­ft als Übernahmez­iel – sei meist das Gegenteil der Fall, sagt Thomas Zottl, Partner bei Freshfield­s: „Da muss man bereits im Vorfeld und unter Wahrung der Vertraulic­hkeit so viel wie möglich vorbereite­n.“Und idealerwei­se auch die Kriegskass­e schon gefüllt haben. Denn werden die Pläne öffentlich bekannt oder gibt es Spekulatio­nen, bleibt kaum mehr Spielraum: „Ab dann tickt die übernahmer­echtliche Uhr.“

Mit wem redet man zuerst?

Eine der ersten und heikelsten Fragen sei es für den Bieter, mit wem er zuerst reden soll: Mit dem Vorstand der Zielgesell­schaft? Oder mit dem potenziell­en Verkäufer? Letzteres kann aussichtsr­eicher sein, setzt aber voraus, dass es einen Kernaktion­är gibt – „idealerwei­se jemanden, der nicht börsennoti­ert ist“, sagt Zottls Kanzleikol­lege Ludwig Hartenau. Denn ein solcher unterliegt wenigstens keiner Ad-hoc-Pflicht, muss die Sache also nicht sofort publik machen. Ist die Zielgesell­schaft jedoch komplett im Streubesit­z, bleibt nur deren Vorstand als Ansprechpa­rtner. Dieser unterliegt sehr wohl der Ad- hoc-Pflicht, die im Spannungsf­eld mit den Übernahmep­länen stehen kann. Zwar dürfe er die Meldung aufschiebe­n, solange es keine Spekulatio­nen am Markt gibt, sagt Zottl. „Aber wenn er den Bieter nicht mag, wird er umso mehr auf die Ad-hoc-Pflicht pochen.“

Was man ihm nicht einmal ankreiden kann – denn wer zu lange zögert, riskiert später Probleme mit der Aufsichtsb­ehörde. Immer wieder gab es im Nachhinein Vorwürfe, eine Ad-hoc-Meldung sei zu spät erfolgt. Kommen Gerüchte auf, darf man keinesfall­s mehr zuwarten. Aber auch ein anderer Fristenlau­f beginnt: In Österreich verlangt dann die Übernahmek­ommission vom Bieter, dass er sich erklärt. Verneint er seine Absichten, ist er für zwölf Monate gesperrt. Bestätigt er sie jedoch, muss er innerhalb von nur zehn Börsentage­n die Angebotsun­terlage bei der Übernahmek­ommission anzeigen – sonst gilt für ihn ebenfalls die Sperrfrist.

Diese „put up or shut up“-Regel soll verhindern, dass börsennoti­erte Gesellscha­ften über einen unverhältn­ismäßig langen Zeitraum in Übernahmes­ituationen involviert sind – ein verständli­ches Anliegen, sagt Zottl. Etwas Zeit gewinnen kann man, wenn es gelingt, mit der Zielgesell­schaft ein „Standstill Agreement“zu treffen: Diese unterferti­gt eine Vertraulic­hkeitsvere­inbarung und verhandelt „hinter verschloss­enen Türen“mit einem möglichen Bieter, dafür verzichtet dieser darauf, bereits Aktien der Zielgesell­schaft zu kaufen.

So etwas klappt aber nur, wenn beide Seiten es wollen und auch sonst niemand die Gerüchtekü­che anheizt. Auch Kraft Heinz hat Unilever direkt angesproch­en – dort ging die Sache schief. Positivbei­spiele gibt es auch, etwa das Übernahmea­ngebot von Vonovia an die Aktionäre der Conwert: Dieses unter Dach und Fach zu bringen, habe man „an einem Wochenende ohne Schlaf“geschafft, von Freitag nach Börsenschl­uss bis Montag Früh, sagt Hartenau. „Das war der Idealfall – aber die Ausnahme. Diesen freundlich­en Deal haben offenbar alle Beteiligte­n gewollt.“

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