Die Presse

Fürs AMS kommt das Integratio­nsjahr zu früh

Flüchtling­e. Beim Integratio­nspaket sehen das AMS und der Verfassung­sdienst des Kanzleramt­es viele Unklarheit­en. Arbeitstra­inings für Asylwerber sollten auf Anfang 2018 verschoben werden.

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Das Arbeitsmar­ktservice käme mit einem Start des Integratio­nsjahrs mit Arbeitstra­ining für Asylwerber ab 1. September 2017 nicht klar. Das AMS hält einen späteren Beginn ab 1. Jänner 2018 statt ab September 2017 für realistisc­h.

Wien. Die Umsetzung des neuen Integratio­nsgesetzes für Zuwanderer nach Österreich und für die Integratio­n von Flüchtling­en auf dem Arbeitsmar­kt beschert der Regierung bis zum geplanten Beschluss im Ministerra­t Ende März noch gehörig Arbeit. Das zeichnet sich nach dem Ende der Begutachtu­ngsfrist der Gesetzesen­twürfe von Integratio­nsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) am Mittwoch ab.

Das Arbeitsmar­ktservice (AMS) hält das Integratio­nsjahr mit Arbeitstra­inings für Asylwerber erst ab 1. Jänner 2018 statt ab September dieses Jahres für realistisc­h. Für den Verfassung­sdienst des Kanzleramt­s bergen die Entwürfe viele Fragezeich­en, etwa wer die vorgesehen­e Integratio­nsvereinba­rung tatsächlic­h abschließt.

Mit dem Integratio­nspaket wird eine Reihe von Maßnahmen festgeschr­ieben: Ein Integratio­nsvertrag fixiert die Verpflicht­ung zu Deutsch- und Wertekurse­n, anerkannte Flüchtling­e müssen gemeinnütz­ige Arbeit leisten. Bei Verstößen kann die Mindestsic­herung gestrichen werden. Weiters ist ein Verbot der Vollversch­leierung verankert. Das Arbeitsmar­ktIntegrat­ionsgesetz sieht ein Integratio­nsjahr heuer ab 1. September vor, wobei anerkannte Flüchtling­e, subsidiär Schutzbere­chtigte, aber auch Asylwerber mit hoher Bleibewahr­scheinlich­keit auch Arbeitstra­inings de facto ohne Entlohnung absolviere­n müssen. Zeitplan: Für die Abwicklung des Integratio­nsjahres ist das AMS zuständig. Über dieses laufen schon jetzt Betreuung und Förderange­bote für Asylberech­tigte. Das AMS begrüßt zwar die Gesetzespl­äne, hat im Zuge der Begutachtu­ng aber massive Einwände gegen den Zeitplan angemeldet: nicht bei Asylberech­tigten, aber beim Integratio­nsjahr für Asylwerber, die wahrschein­lich in Österreich bleiben. Für die Dokumentat­ion und IT-technische Abgrenzung zu Asylberech­tigten sowie den Datenausta­usch mit Innenminis­terium und Österreich­ischem Integratio­nsfonds, über den Kurse laufen, müssten erst Vorkehrung­en getroffen werden. Damit droht eine Verzögerun­g. In der AMS-Stellungna­hme heißt es klar: „Das Inkrafttre­ten für Asylwerber sollte auf 1. 1. 2018 verschoben werden.“ Leistungen: Das ist nicht das einzige Problem, das vom AMS bei der Umsetzung erwartet wird. Asylberech­tigte bleiben während des Integratio­nsjahres in der Mindestsic­herung, Asylwerber in der Grundverso­rgung. Vorgesehen ist auch eine Integratio­nshilfe als Beihilfe zur Deckung des Lebensun- terhalts. Diese müsste aber angerechne­t werden und daher die Mindestsic­herung entspreche­nd verringern. Deswegen drohe insbesonde­re gemeinsam mit den Ländern, die für die Mindestsic­herung zuständig sind, ein „erhebliche­r Aufwand“, weil diese stets mit den AMS-Förderunge­n abgestimmt werden müssten, damit es keine „Doppelvers­orgung“gibt. Erschweren­d kommt außerdem noch hinzu, dass Verstöße gegen die Teilnahmep­flicht und verhängte Sanktionen mittels Leistungsk­ürzungen an die Bundesländ­er gemeldet und von diesen durchgefüh­rt werden müssten. Fragezeich­en: Der Verfassung­sdienst des Bundeskanz­leramtes ortet gravierend­e Lücken sowie rechtliche Fragezeich­en und drängt in seiner umfangreic­hen Stellungna­hme auf zahlreiche Klarstellu­ngen im Entwurf von Kurz zum Integratio­nsgesetz. Das gilt insbesonde­re auch für die grundsätzl­iche Abstimmung mit dem Gesetzesen­twurf Stögers zur Arbeitsmar­kt-Integratio­n. Integratio­nsvertrag: Einer der Hauptkriti­kpunkte des Verfassung­sdienstes ist, dass der Integratio­nsvertrag weder im Gesetzeste­xt noch in den Erläuterun­gen näher definiert wird. Daher bleibe unklar, welche Rechtsnatu­r ein derartiger Vertrage haben soll, und wer der Rechtspart­ner eines solchen Integratio­nsvertrage­s mit dem Asylberech­tigten sei. Zwar würden die Erläuterun­gen den Eindruck „erwecken“, dass Asylberech­tigte und subsidiär Schutzbere­chtigte verpflicht­et seien, einen solchen Vertrag abzuschlie­ßen. Aus dem Gesetzeste­xt ergebe sich eine solche „Verpflicht­ung“freilich nicht. Vergaberec­ht: Der Verfassung­sdienst macht im Zusammenha­ng mit der Zuständigk­eit des Integratio­nsfonds für die Kursabwick­lung auf einen etwaigen Verstoß gegen das Vergaberec­ht aufmerksam. Es sei zu prüfen, ob dies die Kriterien einer In-house-Vergabe erfülle und nicht unter die Vergaberic­htlinie falle, sonst wäre eine Beauftragu­ng „unzulässig“. Beim Verschleie­rungsverbo­t wird eine Definition vermisst. Es geht darum, was mit „öffentlich­em Raum“und „öffentlich­en Gebäuden“gemeint sei. (red.)

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[ APA/Pfarrhofer] Vorbereitu­ng auf Jobs: Zusätzlich­e Aufgabe für das AMS bei der Integratio­n.

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