Die Presse

Merkel hält zu Den Haag

Deutschlan­d. Die Kanzlerin sichert den Niederland­en ihre Solidaritä­t zu. In der SPD wird laut über Sanktionen gegen die Türkei nachgedach­t.

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Berlin. Die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel (CDU), ließ nach der diplomatis­chen Eskalation zwischen Ankara und Den Haag keinen Zweifel daran, zu wem Berlin in diesem heiklen Streit hält. Die Niederland­e „haben meine volle Unterstütz­ung und Solidaritä­t“, betonte sie am Montag in München – und setzte noch eine deutliche Kritik an den NaziVergle­ichen des türkischen Präsidente­n, Recep Tayyip Erdogan,˘ nach: „Diese Vergleiche führen völlig in die Irre, sie verharmlos­en das Leid.“Gerade mit Blick auf die Niederland­e, die so unter dem Nationalso­zialismus gelitten hätten, sei das „völlig inakzeptab­el“.

Die Ereignisse vom Wochenende befeuern die Debatte in Deutschlan­d über die Wahlkampfa­uftritte türkischer Politiker weiter. Der SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz bewertete die Situation im Streit mit der Türkei als „dramatisch“. Internatio­nale Beziehunge­n zum Gegenstand von Wahlkampag­nen zu machen halte er „vom Grundsatz her für gefährlich“. Der Sozialdemo­krat warnte davor, Auslandsbe­suche von Regierungs­mitglieder­n für Parteipoli­tik zu instrument­alisieren. Sein Appell lautet: „Regiert euer Land – treibt nicht im Ausland eure eigenen Bürger auseinande­r.“

Zuvor hatte schon der stellvertr­etende SPD-Vorsitzend­e Ralf Stegner in einem Ra- diointervi­ew mögliche Sanktionen gegen die Türkei ins Spiel gebracht, falls die Regierung in Ankara sich nicht mäßige. „Man sollte die Gespräche führen und sagen, es kann keine Wirtschaft­shilfen geben, wenn wir als NaziLand beschimpft werden, und wenn deutsche Staatsbürg­er in türkischen Gefängniss­en sitzen, nur weil sie ihren Job machen.“

Kein konsularis­cher Zugang zu Yücel

Letzteres ist eine Anspielung auf den deutsch-türkischen Journalist­en Deniz Yücel, der für die Tageszeitu­ng „Die Welt“arbeitet und seit dem 14. Februar in der Türkei unter dem Vorwurf der Volksverhe­tzung und „Terrorprop­aganda“festgehalt­en wird. Am Montag beklagte die deutsche Regierung, bisher keinen konsularis­chen Zugang zu dem Inhaftiert­en zu haben, obwohl der türkische Ministerpr­äsident, Binali Yıldırım, dies Merkel zugesagt habe. Das sei zunehmend „ärgerlich“, sagte ein Sprecher. Auch in Deutschlan­d mehren sich prominente Stimmen, die fordern, keine weiteren Auftritte türkischer Politiker zuzulassen, vor allem in der CDU. Die Grünen dagegen forderten am Montag eine gemeinsame Haltung der EU in dieser Frage. Grünen-Chef Cem Özdemir: „Ich glaube, dass wir da nicht mit nationalen Antworten weiterkomm­en.“(ag.)

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