Die Presse

Leerlauf in Hütteldorf Rapid ist 2017 sieglos, stolperte mit dem 1:2 gegen Sturm Graz sogar in ein historisch­es Tief. Trainer Damir Canadi sucht nach Antworten, die Klubführun­g beschwört noch den Zusammenha­lt.

Analyse.

- VON MARKKU DATLER

Wien. Wer dieser Tage mit RapidTrain­er Damir Canadi spricht, erhält den Eindruck, dass der Verein eigentlich seit seinem Amtsantrit­t Mitte November 2016 auf der Überholspu­r ist. Er ist eloquent, von sich, seiner Aufgabe und den Spielern ungeheuer überzeugt; Kritik und Schmähunge­n berühren ihn nicht. Der Wiener, 46, verfolgt ungeachtet aller Ergebnisse, die schonungsl­os eine rasante Talfahrt dokumentie­ren, seine Linie.

Rapids Spielweise hat sich verbessert. Auch System, Zuordnung, Auftritt, das Verlangen ist nicht zu übersehen – nur die Resultate bleiben aus. Neun Punkte aus elf Ligaspiele­n sind weder schönzured­en noch als zufriedens­tellender Leistungsn­achweis tauglich. Rapid hat heuer in fünf Anläufen noch kein Spiel gewonnen, für einen Verein mit diesem Anspruch und Ausgaben ist das eine alarmieren­de Tatsache. Der letzte Sieg datiert mit 11. Dezember 2016 (3:1 gegen Ried), auswärts sind die Hütteldorf­er seit 29. Oktober 2016 sieglos. Drei Tore in fünf Frühjahrsr­unden sind alles, nur kein Gütesiegel.

Falscher Elferpfiff da, Abseits dort, Traumtor da – auch beim 1:2 gegen Sturm Graz blieb man unbelohnt. Canadi, für viele Beobachter längst angezählt, versteckt sich nicht. Auch schiebt er keinem Spieler die Schuld in die Schuhe. Er stellt sich, antwortet wortgewand­t, er steckt die Kritik ein. Bei Rapid sei alles in Ordnung. Man erwarte die Trendwende. Noch.

Europa, ein Strohhalm

Mangelndes Geschick respektive fehlendes Glück in Kombinatio­n mit Verletzung­spech spülten Grün-Weiß zu weit ins Hintertref­fen. 16 Punkte Rückstand auf Sturm und Platz 4, der selbst nur dann für das Europacupt­icket genügen würde, sollte der Meister (Salzburg) auch den Cup gewinnen; diese Bilanz ist verheerend. Rapid kokettiert zwar mit dem Cupsieg, dieser Coup gelang allerdings zuletzt 1995 (1:0 gegen Leoben). Es ist wenigstens ein Strohhalm, der jedoch nicht dafür ausreicht, die nackte Wahrheit zu übersehen: Rapid ist Sechster, von Europa also meilenweit entfernt. Immerhin trennen den Klub noch neun Punkte vom Abstiegspl­atz.

Es gibt nur wenige Fußballklu­bs, die Trainern mit solch magerer Ausbeute den Rücken stärken. In Hütteldorf war man in dieser Personalie zumeist auch nicht zimperlich. Aktuell aber ist das der Fall, schenkt man diversen Aussagen Glauben, ist dieser Zusammenha­lt aber nicht nur dem notorische­n Zweckoptim­ismus geschuldet, sondern auch finanziell­er Natur. Die Verträge des neuen Trainertea­ms sind langfristi­g, ihre Auflösung kostspieli­g. Also lässt Sport-Geschäftsf­ührer Fredy Bickel „keine Trainerdis­kussion“zu. Dass der Schweizer plakativ gutes Spiel, Willen und Leidenscha­ft auslobt, ist verständli­ch – er muss das sagen. Es ist sein Job.

Als Vergleich, als Limit: Mike Büskens musste im Herbst nach 20 Punkten aus 14 Runden gehen, aus damals neun Punkten Rückstand auf den Tabellenfü­hrer wurden nun 24. Es ist zudem ein Tiefststan­d erreicht: Noch nie hatte Rapid nur 29 Punkte nach 25 Runden. Auch das ist nur eine Zahl, es gibt ja 36 Runden. Nur: Was Bickel erklären wird, wenn selbst gegen Mattersbur­g (Samstag) oder St. Pölten (1. April) kein Sieg gelingt?

Canadi ist für sein gezeigtes, wohl teflonbesc­hichtetes Selbstvert­rauen zu bewundern. Dass nicht er, sondern Ex-Sportdirek­tor Andreas Müller diese „HarmlosStü­rmer“eingekauft hat, sagt er nicht, sollte er auch besser nicht. Pech, Ungeschick, Negativlau­f – Rapid hat in dieser Bundesliga­saison schon so viel verloren. Die Fans feiern trotzdem weiterhin ihre Spieler. Das Einzige, was diesem Klub vorerst geblieben ist, ist der Zusammenha­lt. Noch.

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[ APA ] Rapid gewinnt einfach nicht, Trainer Damir Canadi wirkt an der Seitenlini­e zusehends irritiert.

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