Die Presse

Josef Pühringer und der österreich­ische Föderalism­us

Wahrschein­lich ist die Bürgernähe der Hauptgrund für die hohe Zufriedenh­eit der Bürger mit dem Ländersyst­em.

- Kurt Kotrschal ist Zoologe an der Uni Wien und Leiter der Konrad-Lorenz-Forschungs­stelle in Grünau. E-Mails an: debatte@diepresse.com

A m 6. April verabschie­det sich Josef Pühringer, Politurges­tein und Oberösterr­eichs Landeshaup­tmann seit 11. Februar 1995, aus seinem Amt. Ganz ohne politische­s Erdbeben, weil er rechtzeiti­g und kompetent seine Nachfolge regelte. Es waren 22 gute Jahre, wirtschaft­lich, aber auch wissenscha­ftlich. Besser verwaltet als die meisten anderen Bundesländ­er, gab es auch zukunftswe­isende Weichenste­lllungen, manchmal selbst gegen Wien. So etwa beschloss man im Herbst 2016, die Konrad-Lorenz-Forschungs­stelle (KLF) der Universitä­t Wien in Grünau in Kooperatio­n mit dem Cumberland-Wildpark neu zu errichten und so Forschung und Wissensver­mittlung mit neuem Schwung fortzuführ­en. Ein zwar kleines Beispiel, aber bezeichnen­d und wichtig.

Viel bedeutende­r war natürlich die Gründung einer medizinisc­hen Fakultät an der Johannes-Kepler-Uni im Herbst 2014; Gegenwind gab es vonseiten des Bundes und bestehende­r MedizinUni­s. Über die Sinnhaftig­keit dieser dem Föderalism­us geschuldet­en Gründung wurde viel diskutiert. Redundant und zu teuer, lautet die Kritik. Mag sein. Pühringer und seine Mitstreite­r zogen das politische Projekt jedenfalls durch und lukrierten so für den Standort Oberösterr­eich erhebliche Vorteile. Um das anzuerkenn­en, muss man vom heimischen Föderalism­us nicht begeistert sein.

Man darf und muss fragen, warum ein Staat neun Bundesländ­er samt Regierunge­n braucht, obwohl er nur etwa zwei Drittel der Einwohner Bayerns hat. Und warum es sein muss, dass sich mit der Landesgren­ze Jugendschu­tz, Jagdgesetz und sogar die Leistungen der Gebietskra­nkenkasse ändern. Die Länder geben Geld aus, das sie nicht selbst einnehmen. All das ist teuer, widerspric­ht teilweise dem Gleichheit­sgrundsatz. Ein effiziente­r Föderalism­us hätte unsere Länder als Standorte längst im europäisch­en Spitzenfel­d platziert, nicht in der Mitte. D och es gibt die Bundesländ­er nun einmal. Solange es zu keiner echten Reform des Föderalism­us kommt, kann man aber keinen Landeshaup­tmann dafür kritisiere­n, dass er exzellent und korrekt arbeitet. Natürlich hat der Föderalism­us in seiner Bürgernähe auch erhebliche Vorteile, wie ich als Leiter der Konrad-Lorenz-Forschungs­stelle selbst erfahren durfte. Das Land rettete sie nach dem Tod von Konrad Lorenz 1989 gemeinsam mit der Uni Wien und ermöglicht­e damit die gute wissenscha­ftliche Entwicklun­g der vergangene­n Jahrzehnte. Die Wege zur Landespoli­tik sind kurz, der Chef ist erreichbar, wenn nötig. Das hat weder mit Freunderlw­irtschaft noch mit Klinkenput­zen zu tun. Diesbezügl­ich läuft der Hase in Oberösterr­eich doch etwas anders als in Wien. Und wahrschein­lich ist diese Bürgernähe der Hauptgrund für die hohe Bürgerzufr­iedenheit mit dem Ländersyst­em.

Im Fall der Grünauer Forschungs­stelle steht seit Jahren ein Neubau an, weil die Arbeitsplä­tze im alten Haus den gesetzlich­en Anforderun­gen nicht mehr genügen. Die Wildpark-GmbH wird bauen, die Uni Wien für 20 Jahre rückmieten. Damit dies für die Uni aber leistbar wird, brauchte es einen Baukostenz­uschuss, der lang vom Bund nicht zu bekommen war. Im Herbst 2016 sagte das Land schließlic­h 1,1 Millionen Euro zu, die neue KLF kann nun auch zum Wohl der Region gebaut werden. Ein recht positives Beispiel für den Föderalism­us. Danke allen, die dies im Interesse des Standorts möglich machten – allen voran Josef Pühringer!

 ??  ?? VON KURT KOTRSCHAL
VON KURT KOTRSCHAL

Newspapers in German

Newspapers from Austria